Interview zum neuen Community-Label Grau

"Zielgruppen ansprechen, die klassische Programme nicht erreichen"

13. Juni 2025
Sabine van Endert

Grau - Bastei Lübbes Tochter Community Editions hebt ein Extra-Label für Sachbücher aus der Taufe. Im Herbst geht es los, 20 Titel sollen künftig unter dem neuen Label erscheinen. Welche Lücke soll Grau schließen? Was ist in Sachen Marketing geplant? Und wie wird der Buchhandel eingebunden? Fragen an die Macherinnen, Projektleiterin Karolina Timoschadtschenko und Denise Nonnast, Director Business Development.  

Die Macherinnen des Labels Grau: Denise Nonnast (re., Director Business Development) und Karolina Timoschadtschenko (Project Lead)

Die Macherinnen des Labels Grau: Denise Nonnast, Director Business Development (re.) und Karolina Timoschadtschenko, Project Lead

Das Programm von Grau richtet sich an Leser:innen zwischen 25 und 40 Jahren, "urban, digital geprägt und gesellschaftlich interessiert", so Projektleiterin Karolina Timoschadtschenko. Die Zielgruppe suche Bücher, die "unterhalten und fordern, Orientierung geben und neue Perspektiven eröffnen – ohne pädagogischen Zeigefinger, aber mit Haltung". Die Creator Economy sei „erwachsen geworden“, aus Influencer.innen seien "glaubwürdige Stimmen mit Haltung geworden, die Diskurse prägen und Orientierung geben", ergänzt Denise Nonnast, Director Business Development. Sachbücher würden ihnen die Plattform bieten, ihre Inhalte vertieft und nachhaltig zu erzählen.

Hier erklären die beiden Macherinnen, was hinter Grau steckt - und was sie sich von dem neuen Label versprechen!

 

Hätten die Grau-Titel nicht bei Community Editions erscheinen können? Warum ein neuer Verlag?

Denise Nonnast: Community Editions ist als erfolgreichster Verlag für Creator:innen-Bücher breit aufgestellt – von Kinderbüchern bis hin zu Sachthemen wie z.B. "Ich verspreche dir: Ich werde nicht sterben“ von Denise und Hendrik Verst. In dieser Vielfalt benötigen bestimmte Inhalte jedoch einen eigenen Resonanzraum. Mit Grau schaffen wir ein Label, das komplexen gesellschaftlichen Fragen, persönlichen Erfahrungen und tiefer Einordnung gerecht wird – mit mehr Kontext, Komplexität und der nötigen Tiefe. Ein Ort für Bücher, die mehr sagen wollen als ein Post und dafür auch mehr Raum brauchen.

In drei Sätzen: Was sind die Alleinstellungsmerkmale des Sachbuchlabels Grau?

Karolina Timoschadtschenko: Grau verbindet relevante Themen aus Gesellschaft und Kultur mit den persönlichen Perspektiven starker Stimmen aus der digitalen Welt. Unsere Bücher sind nahbar und intelligent, emotional wie ein persönliches Gespräch und immer mit Haltung erzählt. Wir holen Themen aus der Nische, die Menschen bewegen, und übersetzen sie für eine breite Leserschaft.

Wie viele Titel sollen pro Jahr erscheinen?

Denise Nonnast: Zum Start planen wir mit rund 20 kuratierten Titeln jährlich. Das erste Programm zeigt bereits die Bandbreite: Es reicht von persönlichen Erzählungen über Trauer, Mutterschaft und mentale Gesundheit bis hin zu ungewöhnlichen Karrierewegen. Uns ist wichtig, dass jedes Buch eine klare Relevanz und Perspektive mitbringt.

Was muss ein Buch haben, um bei Grau zu erscheinen?

Karolina Timoschadtschenko: Ein authentisches Thema, das gesellschaftliche Bedeutung hat. Eine Stimme, die sowohl digital als auch im analogen Raum Resonanz erzeugt. Und eine Erzählweise, die berührt, bewegt sowie Orientierung bietet.

 

Beispiel Leonie Jung: Bücher über Tod und Trauerbewältigung gibt es viele. Was qualifiziert Ihre Autorin – abseits der 50.000 Follower:innen?

Karolina Timoschadtschenko: Leonie Jung spricht über Trauer so, wie sie wirklich ist: unmittelbar, ehrlich, nahbar. Ihre eigene Geschichte gibt ihr eine besondere Glaubwürdigkeit, ihre Sprache trifft den Ton ihrer Generation. Ihre Reichweite zeigt die Relevanz des Themas, aber entscheidend ist ihr erzählerisches Talent: Sie schafft Verbindung, wo klassische Trauer-Ratgeber oft nicht weiterkommen.

 

Stichwort Marketing: Ist die Community der Autor:innen der größte Hebel?

Karolina Timoschadtschenko: Die Community ist ein zentraler Impulsgeber, weil sie Sichtbarkeit und Vertrauen mitbringt. Doch unser Ansatz geht darüber hinaus: Wir denken Marketing ganzheitlich – über Content, Dialogformate wie z.B. Podcasts und die Positionierung im Buchhandel. Jede Stimme stärkt auch das Profil des gesamten Labels.

 

Welche weiteren Marketingmaßnahmen sind geplant?

Denise Nonnast: Wir setzen auf Content-Marketing, Podcasts, Live-Formate, Handelspartnerschaften und kreative Kampagnen, immer in Resonanz mit den Themen. Ziel ist es, dort präsent zu sein, wo relevante Diskurse stattfinden. Unsere Autor:innen sind interessante Gesprächspartner:innen, nicht nur Gesichter. 

Welche Rolle spielt der stationäre Buchhandel für das Grau-Programm?

Denise Nonnast: Eine sehr zentrale. Buchhandlungen sind für uns Orte des Dialogs. Auch digital affine Zielgruppen schätzen das haptische Erlebnis. Wir setzen auf Sichtbarkeit am POS, kuratierte Aktionen und die Zusammenarbeit mit dem Handel als Partner auf Augenhöhe.

 

Der Sachbuchmarkt gilt als konservativ und traditionell. Warum sind Sie überzeugt, dass Creator*innen-Sachbücher dort erfolgreich sein werden?

Denise Nonnast: Weil wir eine Lücke schließen. Unsere Bücher verbinden Haltung mit Erzählkraft, Information mit Emotion – und sprechen Zielgruppen an, die klassische Programme oft nicht erreichen. Grau bringt diese Stimmen in den Handel, hochwertig produziert und klug kuratiert.