Abschied von Detlef Felken im Münchner Literaturhaus

What a Moment!

11. September 2023
von Börsenblatt

Mehr als 200 Gäste aus Kultur, Wissenschaft und Politik fanden sich am vergangenen Samstag im Literaturhaus München ein, um die Ära des Cheflektors Detlef Felken zu würdigen, der nach 23 Jahren den Stab an Sebastian Ullrich übergibt. Ein großer Abend mit denkwürdigen Reden und Laudationes auf einen außergewöhnlichen Büchermacher.

Detlef Felken (Mitte) bei der Verabschiedung im Literaturhaus München; ganz links Verleger Jonathan Beck

Was eignet sich als musikalische Umrahmung für eine Abschiedsfeier besser als Schubert-Lieder? Der Tenor (und Beck-Autor) Ian Bostridge und die Pianistin Sophie Raynaud von der Bayerischen Staatsoper eröffneten den Abend mit der berühmten "Forelle" und dem "Lied an den Mond", bevor Verleger Jonathan Beck die Begrüßungsrede hielt.Darin lobte er unter anderem Detlef Felkens "Kosmopolitisierung" des Verlags. Er habe "als erster systematisch Beziehungen in die Verlagswelthauptstadt New York und damit auch die angelsächsische Welt aufgebaut, Beziehungen, deren Früchte heute in jedem unserer halbjährlichen Verlagsprogramme zu sehen sind". Lebender Beweis für das Gelingen der internationalen Strategie war in München Neil MacGregor, der britische Kunsthistoriker und Autor der inzwischen legendären "Geschichte der Welt in 100 Objekten" (C.H. Beck). Seine auf Englisch gehaltene Laudatio begann mit einem emphatischen Ausruf: "What an event!  What a moment!  – the celebration of  Detlef Felken’s golden years as Cheflektor at C H Beck."

MacGregor schlossen sich Veronika Settele ("Geschichte schreiben und Bücher machen") und der zukünftige Cheflektor Sebastian Ullrich ("Der Zauberer im Hain des Sisyphos") mit ihren Laudationes an. Die taz-Journalistin Tania Martini las Passagen aus "Eine andere Welt. Bücher die in die Zukunft weisen", ein Buch, das Jonathan Beck selbst herausgegeben hat und das er in seiner Begrüßung Detlef Felken als besonderes Geschenk des Verlags widmete. Der Band vereint Beiträge von 111 Autorinnen und Autoren, die Detlef Felken begleitet hat. Ab dem 13. September ist es auch im Handel erhältlich.   

Der von Jonathan Beck herausgegebene Band zu Detlef Felkens Abschied

Zu Beginn seiner grandiosen Abschiedsrede begrüßte Detlef Felken unter den Gästen den früheren Bundespräsidenten Christian Wulff und dessen Frau Bettina Wulff sowie zwei Autoren und eine Autorin aus dem literarischen Programm von Martin Hielscher, deren Arbeiten ihn immer besonders interessiert hätten: Sabine Gruber, Jonas Lüscher und Hans Pleschinski (der ebenfalls sehr geschätzte Nico Bleutge war leider verhindert). Im Folgenden dankte Felken seinen Verlegern Wolfgang und Jonathan Beck für ihre kontinuierliche Unterstützung, würdigte die Leistung seiner Kolleginnen und Kollegen im Sachbuchlektorat und hob "als engste Vertraute, kluge Ratgeberin und loyaler Rückhalt in all den Jahren im Verlag" die Pressechefin Ulrike Wegner hervor. Danach stieß Felken zum Kern seiner Rede vor und zog die "Summe" seiner 23-jährigen Tätigkeit als Cheflektor: "Für mich war Beck eine kulturelle Institution, eine Institution, deren vornehmste Aufgabe darin besteht, das große Gespräch fortzuführen und mit Leben zu erfüllen, von dem Bernd Roeck in seiner fantastischen Geschichte der Renaissance spricht, also jenen Diskurs, der mit der Antike anhebt und sich heute über alle Kontinente und Kulturen erstreckt. Dieser Diskurs – das Lieblingswort meiner Studententage – findet in vielerlei Formen statt, aber eines seiner Fundamente sind und bleiben - Bücher."

Waren auch gekommen: Altbundespräsident Christian Wulff (re.) und seine Frau Bettina Wulff (2. v. re.)

"Kathedralen der Gelehrsamkeit"

Drei Typen von Büchern seien für C.H. Beck besonders charakteristisch, so Felken. "Da sind zunächst die Bücher, die, mit Hegel gesprochen, den Gegenstand sichern, also Sorge tragen, dass wir, die Gesellschaft, ihn nicht verlieren. Sie tragen eigene und fremde Forschungen zusammen, bringen ein oft in jahrelanger Arbeit erworbenes und gründlich befragtes Wissen in eine Form, stellen die Sache auf der Höhe der Zeit fest und geben sie so an uns alle, an potenziell jeden Interessierten weiter. Ich muss gestehen, dass ich eine unheilbare Schwäche für diese Kathedralen der Gelehrsamkeit habe, in denen ich bis auf den heutigen Tag wie ein enthusiastischer Junge umherlaufen und den Reichtum genießen kann, der mir von den Festtafeln des Geistes dargeboten wird." Neben diesen "Kathedralen der Gelehrsamkeit" seien es die Infragestellungsbücher, "in denen das, was wir zu wissen glauben, gegen den Strich gebürstet und wieder fluide gemacht wird" – und schließlich die der Aktualität verpflichteten "Interventionsbücher".

Bevor dann der informelle Teil des Abends begann, ließen Ian Bostridge und Sophie Raynaud den Festakt mit Franz Schuberts "Nacht und Träume" ausklingen.