Börsenblatt Young Excellence Award

Was machen die Alumni heute?

1. April 2022
von Kai-Uwe Vogt

Wie haben sich die Karrieren und Berufswege der Alumni beim Buchbranchen-Award entwickelt? Welche Probleme bearbeiten die #YEAWARD-Nominierten und Sieger:innen aktuell? Wir haben sie gefragt.

Sie sind Teil des Almuni-Netzwerks: Tino Schlench, Cigdem Aker, Laura Spies, Lea Kaib, Florian Valerius und Tilman Winterling (v.l.)

Tino Schlench mit seinem Pokal

Tino Schlench mit seinem Pokal

Tino Schlench, Gewinner beim Börsenblatt Young Excellence Award 2021

Wie ist es beruflich bei dir nach dem Börsenblatt Young Excellence Award weitergegangen?
Als mich Mitte August die Nachricht über den Gewinn des Young Excellence Awards erreichte, saß ich auf gepackten Koffern. Zwei Tage später ging mein Zug nach Lwiw. Ein Stipendium ermöglichte es mir, vier Wochen in der Ukraine zu verbringen, um das Literaturfestival „Meridian Czernowitz“ zu unterstützen. Ich half bei der Organisation, Kommunikation und Pressearbeit, genoss aber vor allem Land und Menschen. Die Zeit in der Ukraine erscheint mir heute sehr fern und unwirklich.

Gleich im Anschluss reiste ich nach Bukarest, wo ich dank eines Journalisten-Stipendiums fast zwei Monate verbringen durfte. Die rumänische Hauptstadt hat auch im eigenen Land nicht den besten Ruf – zu teuer, dreckig und laut –, doch ich liebe sie sehr. Neben unzähligen Museen und Restaurants habe ich hier sehr engagierte und herzliche Menschen kennengelernt.

Zurück in Wien konzentrierte ich mich vor allem auf meine Arbeit für den Verlag TEXT/RAHMEN, für den ich seit Mai 2021 in den Bereichen Programmplanung und Presse tätig bin. So lektorierte ich in den vergangenen Monaten beispielsweise den Roman „abspenstig“ der österreichischen Autorin Ines Birkhan (Teilnehmerin beim Bachmannwettbewerb 2019) und bemühte mich um die Rechte für den Roman „Daddy Issues“ des kroatischen Schriftstellers Dino Pešut. Beide Bücher werden im Mai erscheinen.

Auch auf die kommenden Tage und Wochen freue ich mich sehr: Neben Podcast-Aufnahmen und Moderationen leite ich Anfang April gemeinsam mit Ines Scholz von der Österreichischen Gesellschaft für Literatur einen Schreib-Workshop in Belgrad und werde Ende April an einer Verleger:innen-Reise nach Lettland teilnehmen.

Welche Skills konntest du dir zuletzt aneignen?
Einblicke, Kenntnisse und Fähigkeiten konnte ich zuletzt vor allem im Bereich der Verlagsarbeit gewinnen. Ich muss insgesamt noch sehr viel lernen, doch mit dem Erwerb von Auslandsrechten und dem Verfassen von Förderanträgen kenne ich mich mittlerweile ganz gut aus. Unbedingt danken möchte ich an dieser Stelle meinen Kollegen Michael Marlovics und Dominik Uhl, aber auch Kolleg:innen anderer Verlage, die ich in den vergangenen Monaten mit viel zu vielen Fragen gelöchert habe und die mir jederzeit unterstützend zur Seite standen – namentlich Jessica Beer (Residenz), Adrian Kasnitz (Parasitenpresse), Jürgen Lagger (Luftschacht) und Tanja Raich (Leykam).

Für welche Herausforderung suchst du gerade eine Lösung?
Herausforderungen gibt es einige. Was mich aber momentan besonders umtreibt, das ist die Vernetzung innerhalb der Verlags- und Buchbranche in Wien und Österreich. Das Miteinander ist nicht besonders stark ausgeprägt, obwohl viele Beteiligte ein großes Interesse daran haben. Ich fände das sehr schön, zumal es hier so viele tolle Verlage, Magazine, Buchhandlungen und Literaturinitiativen gibt.

Kontakt: Literaturpalast.at

Cigdem Aker, Gewinnerin des Börsenblatt Young Excellence Awards 2017

Wie ist es beruflich bei dir nach dem Börsenblatt Young Excellence Award weitergegangen?
Zunächst habe ich mich um das Thema Innovation/Change in der Buchbrache beim Börsenverein des Deutschen Buchhandels gekümmert. Anschließend habe ich den Sprung über den Tellerrand gewagt und kümmere mich bei der Standortinitiative nextMedia.Hamburg um die Transformation/Innovationsfähigkeit der übergeordneten Contentbranche, also neben Buch auch Presse, Bewegtbild, Audio, Vermarktung, Games und Tech.

Welche Skills konntest du dir zuletzt aneignen?
Ich habe vor kurzem an der Masterclass "Designing and Facilitating Learning Spaces" der kaospilots teilgenommen. Sehr inspirierend, wenn es um das Thema aktivitierende Workshopgestaltung geht. Ansonsten habe ich mich viel mit Prototyping und Peer-Sparring beschäftigt.

Für welche Herausforderung suchst du gerade eine Lösung?
Wie kann ich die Contentbranche besser bei der Umsetzung von Innovationen unterstützen?

Cigdem Aker

Tilman Winterling

Tilman Winterling, Nominierter beim Börsenblatt Young Excellence Award 2017

Wie ist es beruflich bei dir nach dem Börsenblatt Young Excellence Award weitergegangen?
Nach über fünf Jahren als angestellter Anwalt habe ich mich letztes Jahr selbstständig gemacht. Den Fokus lege ich weiterhin vor allem auf die Beratung von Akteur:innen der Verlagsbranche. Der Wechsel in die Selbstständigkeit fiel mir aufgrund meines über die Zeit aufgebauten Netzwerkes und der immer stärkeren eigenen Sichtbarkeit leicht. Inhaltlich gibt es dabei immer wieder spannende Verschiebungen, die nie Langeweile aufkommen lassen. Hier bestimmen natürlich in erster Linie meine Mandant:innen, was zu tun ist, gerade etwa viel im Filmbereich und bei der Entwicklung neuer Geschäftsmodelle in der Verlagsbranche.

Welche Skills konntest du dir zuletzt aneignen?
Bereits während des ersten Lockdowns habe ich den Fachanwaltstitel für Urheber- und Medienrecht erworben. Neben der Bescheinigung der eigenen Expertise bot der Lehrgang viele spannende Einblicke in angrenzende Rechtsgebiete, die nicht immer Teil der eigenen täglichen Arbeit sind.

Für welche Herausforderung suchst du gerade eine Lösung?
Ich bin gerade vor allem sehr froh, dass die Herausforderungen, vor die die Pandemie uns in der Kommunikation gestellt hat, so gut und hoffentlich nachhaltig bewältigt wurden. Zoom, Teams, Slack und andere digitale Tools zum dezentralen Arbeiten sind so auch in der eher konservativen Anwaltsbranche angekommen. Herausfordernd bleibt aus meiner Sicht aber weiterhin die fehlenden persönlichen Gespräche und Kontakte zu kompensieren, da geht im Digitalen doch immer ein bisschen verloren.

Kontakt: Tilman Winterling

Laura Spies, Nominierte beim Börsenblatt Young Excellence Award 2018

Wie ist es beruflich bei dir nach dem Börsenblatt Young Excellence Award weitergegangen?
2018 habe ich parallel im Buchhandel und im Verlag gearbeitet. 2019 habe ich mich dann selbstständig gemacht. Ich nenne mein Angebot „Textwerkstatt und Social Media Beratung“. Beides läuft sehr gut.

Welche Skills konntest du dir zuletzt aneignen?
Ich bin in meiner Selbstständigkeit in andere Medienbereiche vorgedrungen, wie „Film" und „Onlinemagazin". Hier konnte ich viel lernen. Außerdem natürlich das Selbstständigsein an sich – Steuern, Rechnungen schreiben...

Für welche Herausforderung suchst du gerade eine Lösung?
Gerade bin ich in die Crypto-Welt eingetaucht, und denke darüber nach, wie sich NFTs und die Bücherwelt vereinen lassen. Außerdem wünschte ich, dass die Buchbranche sich mehr zeigen würde, vor allem die Autoren. Hier ist oft eine große Schüchternheit zu spüren, die dann leider die Sichtbarkeit behindert.

Laura Spies

Lea Kaib ist erfolgreich mit ihren "Liberiarium"-Kanälen

Lea Kaib, Nominierte beim Börsenblatt Young Excellence Award 2019

Wie ist es beruflich bei dir nach dem Börsenblatt Young Excellence Award weitergegangen?
Ich habe meine Selbstständigkeit als literarische Content Creatorin weiter ausgebaut: ich moderiere deutlich mehr Literaturveranstaltungen, sowohl online auf Instagram, YouTube und Zoom, aber auch vor Ort auf Messen, Lesungen und Buchpartys. Das freut mich total, da ich es liebe, unter buchigen Menschen zu sein! Zudem habe ich meine Online-Präsenzen weiter ausgebaut: man findet mich jetzt auch auf Twitch. Dort lade ich Kreative zweimal in der Woche zum sogenannten Co-Working ein, um gemeinsam an Projekten zu arbeiten. Außerdem erhalte ich immer mehr Buchungen von Verlagen, Agenturen und Selfpublisher*innen für Buchpräsentationen, was einfach nur total Spaß macht!
Darüber hinaus habe ich mir ein zweites Standbein als Autorin aufgebaut. Mein Debütroman „Love with Pride“ erschien 2021 bei Fischer New Media und ich werde auch weitere Projekte gemeinsam mit meiner Literaturagentur Silke Weniger umsetzen.

Welche Skills konntest du dir zuletzt aneignen?
Definitiv das Streamen! Ich habe 2021 damit angefangen und mich professionalisieren können. Alleine schon, was das Equipment für Streams auf Twitch betrifft, habe ich mich weiterbilden können.
Ich habe auch gelernt, mehr Ruhe zu bewahren, noch besser zu planen und gelassener zu sein. Ich finde, das ist auch ein wichtiger Skill!

Für welche Herausforderung suchst du gerade eine Lösung?
Tatsächlich bin ich gerade sehr happy mit meinem beruflichen Werdegang. Aber wenn ihr schon so fragt: ich schreibe gerade meinen dritten Roman zu Ende und dafür brauche ich natürlich viel Zeit und Geduld.
Ich hatte vor einigen Jahren vor allem Verlage und Literaturschaffende aufgefordert, über den Tellerrand zu schauen und diversere Titel zu veröffentlichen. Ich habe das Gefühl, dass das immer besser klappt und sich die Verlage mehr trauen. Auch was die Zusammenarbeit mit Bloggenden betrifft, werden immer mehr Literaturmenschen fernab von Verlagen in die Prozesse eingebaut. Da ist noch Luft nach oben, aber ich sehe eine Veränderung.

Florian Valerius

Florian Valerius, Sieger beim Börsenblatt Young Excellence Award 2019

Wie ist es beruflich bei dir nach dem Börsenblatt Young Excellence Award weitergegangen?
Als mir im Oktober 2019 der YEA-Award auf der Frankfurter Buchmesse überreicht wurde, ahnte ja niemand, was da auf uns zukommt. Im Januar/Februar 2020 hatte ich das große Glück und bin noch nach Amerika zum Winter Institute gereist. Als ich von der Reise, die von den Verlegertagen und Bookselling without Borders initiiert wurde, zurückkehrte, kam Corona in Deutschland an und somit der erste Lockdown. Es folgten beschwerliche Monate, voll von Arbeit, die uns Buchhändler*innen alle ans Limit brachten. Parallel dazu entstand auf Instagram eine große Nachfrage nach Live-Kultur-Formaten. So begann ich, z.B. für Hugendubel, zusammen mit Mareike Fallwickl das Konzept „Das Goscherl und der Nerd“ zu entwickeln, bei dem wir – bis heute – regelmäßig Bücher vorstellen. Auch habe ich seitdem unglaublich viele Lesungen und Werkstattgespräche moderiert. So waren u.A. Benedict Wells, Iris Wolff, Mirna Funk, Denis Pfabe, Sabin Tambrea, Doris Dörrie oder Lisa Krusche bei mir zu Gast. In Zusammenarbeit mit Traduki/Common Ground entstand das wunderbare Format „LiterarischerNerd erliest Südosteuropa“. Aktuell kann ich mich vor Anfragen kaum retten – im Frühjahr 2021 habe ich mich entschlossen, in der Buchhandlung kürzer zu treten. Ich habe meine Filialleiterstelle aufgegeben und bin in die wunderbare Buchhandlung „Gegenlicht“ gewechselt, wo ich halbtags arbeite, um mich vernünftig um meine „Zweitkarriere“ kümmern zu können. Gerade liegt mir eine ganz besondere Anfrage vor, die meinen Account auf ein neues Level heben könnte – aber, ich darf noch nicht darüber sprechen …

Welche Skills konntest du dir zuletzt aneignen?
Da Corona mittlerweile wieder analoge Kulturveranstaltungen zulässt, übe ich mich gerade darin auf echten Bühnen zu moderieren. Neulich erst dufte ich für das Buchmessengastland Spanien in Frankfurt Irene Sola und Keiko Amat vor Publikum interviewen! Eine neue, spannende Erfahrung – und den Reaktionen des Publikums nach auch ein riesiger Erfolg.

Für welche Herausforderung suchst du gerade eine Lösung?
Was ich dringend lernen muss: Eine gesunde Work-Life-Balance einzuhalten.

#YEAWARD22: Nominierungsphase läuft!

Die Nominierungsphase beim Börsenblatt Young Excellence Award 2022 läuft auf Hochtouren! Noch bis zum 15. April können Sie Ihre Kandidatinnen vorschlagen. Wer macht seinen Job besonders gut und bringt die Branche mit Expertise und Innovationskraft voran? Die Unternehmen der Börsenvereinsgruppe begeben sich mit dem Börsenblatt Young Excellence Award bereits zum neunten Mal auf die Suche nach Buchmenschen bis 39 Jahren, die im Job Besonderes leisten. Vorschläge und Eigenbewerbungen für die neue Runde sammelt die Redaktion des Fachmagazins Börsenblatt ab sofort bis einschließlich Freitag, 15.04.2022, per E-Mail: boersenblatt@mvb-online.de – Stichwort#yeaward22. Aus allen gültigen Einreichungen wählt das Redaktionsteam die zehn Nominierten aus, die am Mittwoch, 18.05.2022, bekanntgegeben werden. Im Juni werden alle Kandidatinnen und Kandidaten im Porträt auf boersenblatt.net vorgestellt, bevor im Zeitraum vom 1. bis 17.07.2022 die öffentliche Publikumswahl auf der Plattform stattfindet. Mit der kürzeren Abfolge der Porträts kommt die Redaktion einem Vorschlag aus dem YEAWARD-Alumni-Netzwerk nach.

Wer den #yeaward22 erhält, steht am Dienstag, 19.07.2022, fest. Alle Informationen zum Wettbewerb unter: www.young-excellence-award.de