Buchhändlerin Brigitte Gode über die ersten saarländischen Literaturtage

"So was hat im Saarland noch gefehlt"

24. April 2018
von Börsenblatt
Verleger und Buchhändler haben gemeinsam das erste saarländische Literaturfestival über die Bühne gebracht – mit 28 Veranstaltungen vom 7. bis zum 22. April. Geht es im nächsten Jahr weiter? Fragen an Brigitte Gode, Initiatorin der Literaturtage und Inhaberin der Buchhandlung Gollenstein in Blieskastel.

Wie ist die Premiere gelaufen – gemessen an den Zahlen und der Resonanz?

Insgesamt sind rund 2.000 Besucher zu unseren 28 Veranstaltungen gekommen. Für  den Anfang sind wir damit sehr zufrieden – aber da ist natürlich noch Luft nach oben. Grundsätzlich zeigt der Blick ins Programm: Je anspruchsvoller die Literatur, desto schwieriger der Kartenverkauf. Aber dass ein Bestsellerautor wie Sebastian Fitzek ein größeres Publikum anspricht als die Schriftstellerin Julia Jessen, das ist ja auch ganz normal und nicht nur bei unserem Festival zu beobachten.

Geht es 2019 weiter mit dem Festival "erLesen!"?

Ja, wir werden die Literaturtage an der Saar auf jeden Fall weiterführen. Das steht schon jetzt fest. Die Resonanz war ausgesprochen positiv – bei den Zuschauern, bei der Presse, bei den Kollegen im Buchhandel. So ein Literaturfest brauchen wir, das hat im Saarland noch gefehlt: Das war oft zu hören in den vergangenen Tagen. Das Kulturradio SR2 hat uns als Medienpartner übrigens vorbildlich unterstützt. So viel Werbung hätten wir aus eigener Kraft niemals finanzieren können.

Lesungen gibt es in den Buchhandlungen ohnehin – warum braucht man also ein eigenes Festival?

Weil man damit eine ganze andere Öffentlichkeit erreicht als mit Lesungen in einzelnen Buchhandlungen. Ein solches Festival ist immer Werbung fürs Buch, aber auch für den gesamten Buchhandel. Wir wollten zeigen, wie aktiv die Buchhändler im Saarland sind und was sie gemeinsam mit den Verlagen auf die Beine stellen können. Die Zusammenarbeit hat uns allen riesigen Spaß gemacht.

Mit der Völklinger Hütte haben Sie sich einen attraktiven Schauplatz für die Eröffnung ausgesucht. Ein Zugpferd?

Ja, der Rahmen eines solchen Weltkulturerbes ist einfach perfekt. Wir haben bei der Auftaktveranstaltung in der Völklinger Hütte Sebastian Fitzek und den Poetry Slammer Jey Jey Glünderling zusammengespannt und waren selbst etwas skeptisch, ob diese Kombination funktioniert. Aber Glünderling hat für eine fantastische Stimmung gesorgt. Selbst Sebastian Fitzek meinte später: Das war kein Vorprogramm, das war der Top-Act. Ich hatte da als Moderatorin der Veranstaltung leichtes Spiel – alle waren bestens gelaunt.

Beim Kartenverkauf ist noch Luft nach oben, haben Sie gesagt: Steht das Festival dadurch vor Finanzierungsproblemen?

Nein, die beteiligten Buchhändler haben vier gemeinsame Veranstaltungen angeboten, die Einnahmen daraus und aus dem entsprechenden Buchverkauf kommen in den Festivaltopf. An unseren eigenen Veranstaltungen haben wir alle nicht viel verdient, doch dafür bekommen wir auf der Basis unserer Abrechnungen finanzielle Unterstützung vom Landesverband Hessen, Rheinland-Pfalz, Saarland des Börsenvereins - gewissermaßen als Anschubhilfe für das Festival. Die saarländische Landesgruppe verfügt aus der Zeit, als das Saarland noch ein selbstständiger Landesverband war, über ein eigenes Vermögen. Daraus kommen die  Mittel. Die Finanzspritze soll ein Anreiz sein, weiterzumachen. Und noch mehr Kollegen dazu motivieren, sich im nächsten Jahr mit Veranstaltungen einzubringen. Ohne allzu großes wirtschaftliches Risiko fällt das natürlich leichter.

Gab es kein Konkurrenzgerangel um die schönsten Veranstaltungen, die prominentesten Autoren?

Nein, überhaupt nicht. Abgesehen von den gemeinsamen Terminen konnte ja jeder in seiner Buchhandlung anbieten, was er wollte. Deshalb ist das Festival auch so facettenreich gewesen.

Hatten Sie ein Vorbild für "erLesen!"?

Nein, wir feilen schon sehr lange an dem Konzept für ein Festival im Saarland. Im Sommer 2017 konnten wir dann endlich mit der konkreten Planung beginnen. Schön war, neben der Vielfalt der Veranstaltungen, auch die Vielfalt der Schauplätze. Unsere Buchhandlung hat zum Beispiel mit dem Kulturamt der Stadt kooperiert. Wir konnten die historische Orangerie nutzen, die von einem Barockgarten umgeben ist. Eine wunderbare Kulisse für die Lesung mit Lana Lux, noch dazu an einem warmen Frühlingsabend und bei einem kühlen Gläschen Crémant.

Werden Sie den Festivaltermin im April beibehalten?

Ja, unbedingt, auch wenn wir den Welttag des Buches am 23. April in diesem Jahr leider nicht in das Festival einbinden konnten. Das werden wir im nächsten Jahr aber versuchen, wenn die Osterferien es bei der Terminplanung zulassen.

Wo wollen Sie 2019 sonst noch nachjustieren?

Vielleicht beim Kartenvorverkauf. Hier haben wir mit der Plattform "Ticket regional" zusammengearbeitet. Dadurch konnten zwar alle Saarländer unkompliziert Karten bestellen – ganz gleich, wo die Veranstaltung stattfand. Die Lösung hatte aber den Nachteil, dass selbst die Stammkunden nicht mehr in „ihre“ Buchhandlung gekommen sind, um ihre Karten dort zu kaufen, obwohl die beteiligten Buchhandlungen in den Kartenvorverkauf eingebunden waren. Und das ist ja eigentlich nicht Sinn der Sache. Mit dem Festival wollen wir die Menschen ja nicht nur für Bücher, sondern auch für die Buchhandlung in ihrer Nähe begeistern.

Saarländische Literaturtage "erLesen!"

Veranstalter des Festivals sind die saarländischen Buchhandlungen und Verlage gemeinsam mit dem Landesverband Hessen, Rheinland-Pfalz, Saarland des Börsenvereins. Kooperationspartner ist das saarländische Ministerium für Bildung und Kultur. Zum Organisationsteam gehören:

  • Anke Birk (Bücher König, Neunkirchen)
  • Brigitte Gode (Gollenstein Buchhandlung, Blieskastel)
  • Kurt Hoffmann (Buchhandlung Raueiser)
  • Beatrice Schmitt (Bücherhütte Wadern)
  • Andreas Schorr (Röhrig Universitätsverlag)
  • Stefan Wirtz (Conte-Verlag)
  • Stefanie Brich, Geschäftsführerin des Landesverbandes