Best-of der Leserkommentare auf boersenblatt.net

"KNV nicht unter die Räuber fallen lassen"

20. Februar 2019
von Börsenblatt
Seit 14. Februar, dem Tag der KNV-Insolvenz, läuft die Kommentarspalte auf boersenblatt.net über. 120 Leser haben ihre Meinung gesagt, Ideen entwickelt, Informationen ausgetauscht. Ausschnitte aus Kommentaren zu unserer KNV-Berichterstattung. 

"Wir sind die Guten"

Das Denkmodell im Buchhandel lautet: Wir sind die Guten, einer der Unseren ist gestolpert, wir müssen ihm helfen, sonst kracht unser ganzes System auseinander! Warum aber werden solche Ereignisse nicht auch einmal dazu benutzt, diese ganzen Mechanismen und Rollenmodelle quasi "von außen" zu betrachten und zu überlegen: Sind wir wirklich noch die Guten und wollen wir wirklich so weitermachen?.... Es sind am Ende immer die, die man nicht sieht. Denn natürlich müssen auch "die Guten" von KNV auf Deibel komm raus Kosten einsparen und rationalisieren, um den Irrsinn weiter zu treiben. Warum haben denn die Zwischenbuchhändler ihre eigenen Flotten zurückgefahren? Aus dem einfachen Grund, dass Subunternehmer um ein Vielfaches billiger sind.
Wolf Renner

"Der Anfang einer wunderbaren Beziehung"

Liebe Buchhandlungen: Kauft bei den Verlagen bzw. deren Verlagsauslieferungen direkt! Das kann der Anfang einer wunderbaren neuen Kundenbeziehung werden. Bisher haben wir Kleinverlage Euch Buchhandlungen ja gar nicht gekannt, da Ihr nur übers Barsortiment gekauft habt. Wir wussten, dass es Euch gibt, aber nicht, dass Ihr unsere Produkte kauft.
Thomas Meyer

"Doppelt geschützte Werkstatt"

Die Gründe für die wirtschaftlichen Probleme auf allen Ebenen des Buchhandels liegen eben doch bei den verantwortlich Handelnden der Branche. Wieso schafft es die Buchbranche als doppelt geschützte Werkstatt nicht, einigermassen ordentliche Erträge für Unternehmer und Mitarbeiter zu erwirtschaften? Doppelt geschützt durch Preisbindung und - durch die Sprache - nicht dem globalisierten Wettbewerb ausgesetzt ist doch sonst kaum ein Wirtschaftszweig.
Richard Bhend, Mitgründer der Auslieferung AVA und des Comic-Verlags Edition Moderne

"Neues Leben aus Ruinen"

Ich hatte angeregt, dass man über die Frage, wie eine rentable Struktur der Branche überhaupt aussehen kann und welche Leistungen wir überhaupt realistisch anbieten können einmal spartenübergreifend diskutiert. Solche Gespräche verbietet aber schon im Ansatz das Kartellamt. Die Alternative ist, so fürchte ich, der Zusammenbruch der übergeordneten Strukturen und neues Leben aus Ruinen. In dieser Situation würde sich freier Raum für die Entfaltung der neueren dynamischen Geschäftsmodelle bieten, von Selfpublishing über Lesegruppen, Streamingmodellen mit Flatrates, Guerillabuchhandel und Stadteilbuchhandel etc. Das hat auch seinen Reiz. Aber ich meine, in einem solchen Nach-Katastrophenszenario haben wir eine sehr viel kleinere Branche, sehr viel weniger Bücher, viel weniger Autoren und viel weniger Leser, sehr viel weniger Arbeitsplätze und sehr viel weniger Steueraufkommen. Auch wenn das heißt: ein Leben ohne Barsortiment ist möglich! So heißt es auch: aber es ist schlechter.
Matthias Ulmer, Ulmer Verlag

"KNV nicht unter die Räuber fallen lassen"

Wenn wir unsere Buchhandlungen und Verlage auf Dauer sichern wollen, ist es notwendig, die verbleibenden Barsortimente zu stärken und KNV nicht unter „die Räuber“ fallen zu lassen. D.h. das Barsortimentsgeschäft von KNV sollte in Zukunft von Umbreit und Libri unter Einbeziehung der hervorragenden Kollegen von KNO übernommen werden. Der ganze Bereich der Verlagsauslieferungen sollte von der VVA übernommen werden, natürlich auch unter Einbeziehung der KNO Mitarbeiter. Frei von jeglichen romantischen Vorstellungen, wünsche ich uns allen, dass es uns gemeinsam gelingt, noch Schlimmeres zu verhindern. 
Dirk Scholze, Betriebsberater für den Sortimentsbuchhandel

"Der Auf- und Umbau kann sich lohnen"

Eine Insolvenz kann ein Zeichen des Umbruchs und Aufbruchs sein. Es ermöglicht, das Unternehmen neu zu denken und neu zu positionieren. Auch für die Mitarbeiter ergeben sich neue Möglichkeiten, neue Aufstiegschancen, frei werdende Positionen. Unddie, die bleiben, wieder mit aufbauen, den Neuanfang gestalten, schweißt es zusammen. Gerade bei einem solch wichtigem Unternehmen, kann sich das Durchhalten und dieser Auf- und Umbau lohnen, da die Mitbewerber die Lücke kurzfristig ja nicht so leicht werden schließen können.
Knut Nicholas Krause, knk Publishing Software

"... weil es all das nicht mehr gibt"

Ein Autor, der von seinen Büchern kein Geld sieht, wird sich eine andere Arbeit suchen müssen. Und weniger (oder gar nicht mehr) schreiben. Und hier schließt sich der Kreis zum Leser: Es kann sein, dass sie durch die KNV-Insolvenz in der Zukunft die Bücher ihres Lieblings-Autors von ihrem Lieblings-Verlag nicht mehr in ihrer Lieblings-Buchhandlung kaufen können, weil es all das nicht mehr gibt. Selbst, wenn KNV doch noch gerettet wird.
Charlotte Erpenbeck, Machandel Verlag

"Auch andere bedürfen der Hilfe"

Ich möchte gerne mit KNV weiterarbeiten, ich habe nur gute Erfahrungen mit Mitarbeitern von KNV gemacht, aber lassen sie uns hier auf die Verhältnismäßigkeit achten und nicht aus dem Auge verlieren, dass es hier nicht nur um die Rettung von KNV um jeden Preis gehen darf, sondern auch andere der Hilfe bedürfen. Und zwar dringend! 
Kleinverlag

"I had a Dream..."

Die Verlage erklären sich zu Forderungsverzichten bereit und werden Gesellschafter. Buchhandelskunden von KNV geben näher zu definierende Bestellgarantien und werden Gesllschafter. Der Gegenstand des Unternehmens wird erweitert auf die Belieferung von Endkunden im Auftrag der buchhändlerischen Gesellschafter. Das Unternehmen wird, zusammen mit einem Investor, ausgebaut zum "Logistikzentrum Buch". das zur Bestellung von Büchern jedem zugäglich ist.
Ulrich Staudinger, Philosophia Verlag

"Preiskampf im Centbereich"

Wie wirtschaftlich kann es sein, einzelne Bücher per Overnight durch die gesamte Republik und darüber hinaus zu transportieren? Ich erlebe täglich den Preiskampf im Cent-Bereich für die Herstellung von Print-Produkten... aber wird seitens von Autoren, Verlagen oder anderen in der Kette die Terminschiene mißachtet, ist es auf einmal völlig unrelevant ein einzelnes Buch per Express oder Dirtektfahrt für horrende Summen von A nach B zu liefern... dieser ach so tolle Buchmarkt muss sich, unabhängig von Amazon o.ä., bereinigen und einen Wechsel vollziehen. Dann gibt es kein Malbuch im 1-farbigen Druck für Kinder zum gleichen Preis (4,99€) wie ein toll gestalteter Leinenband mit 400 Seiten (4,99€ bei Weltbild). 
Teilnehmer der Herstellungskette

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