Buchhandlungen haben wieder geöffnet

"Die Erleichterung ist groß"

22. April 2020
von Börsenblatt

Lockerungen in der Corona-Krise: Seit Montag bedienen Buchhandlungen ihre Kunden in den meisten Bundesländern wieder vor Ort. Wie werden sich diese verhalten? Das könne niemand vorhersagen, meint Börsenblatt-Chefredakteur Torsten Casimir: "Deutschlands Buchhändler*innen machen diesen Großversuch zum ersten Mal mit."

Ständig sagt jemand: Wir fahren auf Sicht. Das lässt vermuten, man wüsste für eine kurze Strecke, wo es langgeht. Die Wahrheit ist schlimmer: Man fährt einfach los, wird schon gut gehen. Muss ja.

Seit Wochenanfang bedienen Buchhandlungen ihre Kundschaft wieder vor Ort. Vor Monatsfrist war ihnen das stationäre Geschäft virushalber verboten worden. Die Händler berichten von drastischen Umsatz- und Ertragsausfällen. Niemand kann vorhersagen, wie sich die Verbraucher nun verhalten werden. Wie mag es sich auswirken, dass Einkaufserlebnisse unter der Bedingung von Abstand und Maskierung eingeschränkt sein werden? Steht die Freude der Kundin im Vordergrund, wieder einen Laden aufsuchen zu dürfen, oder ihr Verdruss, dort nicht wie gewohnt stöbern zu können? Schätzt der Kunde weiterhin die persönliche Beratung, oder wirkt seine frische Erfahrung nach, die Bücherbesorgung auch online bequem erledigt zu haben? Deutschlands Buchhändler*innen ­machen diesen Großversuch zum ersten Mal mit. Anders als bei Studien üblich finanzieren sie die Teilnahme am Experiment allerdings selbst.

"Die Erleichterung ist groß – auch bei den Verlagen, die unter der Absperrung schwer gelitten haben."

Wenn man sich umhört, ist die Erleichterung darüber, wieder aufschließen zu dürfen, aber trotz allem groß – nicht nur bei Händlern, sondern auch bei Verlagen, die unter der Absperrung ihres wichtigsten Vertriebswegs schwer gelitten haben. Der Börsenverein erfährt derzeit viel Dankbarkeit. Mitglieder würdigen die Wirksamkeit der politischen Verbandsarbeit. In Krisen zeigt sich, ob politisches Kapital angelegt wurde, Kapital, das man, wenn es drauf ankommt, abheben kann. In Krisen bewährt sich die Kontinuität professioneller politischer Beziehungspflege.

Darf man hier seine eigenen Leute beglückwünschen, gar den eigenen Chef Alexander Skipis, dessen Kolleginnen Kyra Dreher und Birgit Reuß samt der Teams? Natürlich nicht, das sähe ja aus wie bestellt. Darf man zu ihrem Erfolg schweigen, weil das stilistisch geboten erscheint? Natürlich nicht, das wäre bloß eitle Bescheidenheit. Die Entscheidung in diesem Dilemma fällt mir leicht: Ihr habt das großartig hinbekommen!

Bei dem Text handelt es sich um das Editorial im Börsenblatt, Heft 17, das morgen erscheint − und in dem Sie mehr zum Thema finden.