Börsenverein und PEN fordern Transparenz im Vorgehen gegen Mezopotamien Verlag

"Schnellstmögliche Aufklärung gefordert"

9. April 2018
von Börsenblatt
Nach der am 8. März erfolgten Durchsuchung des Mezopotamien Verlags und seines Schwesterunternehmens MiR Multimedia fordern Börsenverein und PEN mehr Transparenz. "Die Durchsuchung und die lastwagenweise Beschlagnahmung der Publikationen stellen die Verhältnismäßigkeit des Vorgehens in Frage", sagte Börsenvereinshauptgeschäftsführer Alexander Skipis.

Am 8. März sind die Räume des Mezopotamien Verlags und seines Schwesterunternehmens MiR Multimedia im Auftrag des Innenministeriums von Polizei und Steuerbehörden durchsucht worden. Mehrere Lkw-Ladungen Bücher, Medien und Unterlagen wurden beschlagnahmt. Die in Neuss ansässigen Unternehmen werden verdächtigt, die in Deutschland verbotene kurdische Arbeiterpartei PKK zu unterstützen.

"Die Vorgänge um die Beschlagnahmung des gesamten Buchbestandes des Mezopotamien Verlags sind undurchsichtig. Die dürre Erklärung des Innenministeriums erhellt den Sachverhalt nicht. Die Durchsuchung des gesamten Verlages und die lastwagenweise Beschlagnahmung der Publikationen stellen die Verhältnismäßigkeit des Vorgehens in Frage", sagt Alexander Skipis, Hauptgeschäftsführer des Börsenvereins des Deutschen Buchhandels.

Das rabiate Vorgehen gegen den Verlag ließ in der Öffentlichkeit den Verdacht aufkommen, dass das Verfahren im Interesse der türkischen Regierung angestoßen wurde. Der Börsenverein und das PEN-Zentrum Deutschland fordern eine nachvollziehbare Aufklärung des Vorgehens sowie eine rasche Entscheidung des Verfahrens.

"Wir fordern schnellstmögliche Aufklärung und rufen die Bundesregierung auf, den naheliegenden Verdacht, hier im Sinne der türkischen Regierung gehandelt zu haben, unverzüglich auszuräumen. Die Meinungs- und Publikationsfreiheit ist unabdingbare Grundlage unserer freiheitlichen, demokratischen Gesellschaft in Deutschland und verträgt nicht die geringsten Verdachtsmomente der Einschränkung", so Alexander Skipis.

Der Börsenverein und das PEN-Zentrum Deutschland haben in den vergangenen Tagen zahlreiche Anfragen zu dem Fall erhalten. Regula Venske, Präsidentin des PEN-Zentrums Deutschland, Mitglied des Präsidiums von PEN International: "Insbesondere auf internationaler Ebene sorgen sich Kolleginnen und Kollegen, dass es sich bei der Beschlagnahme von Büchern um einen Akt staatlicher Zensur handeln könne. Leider enthalten einige der Solidaritätsadressen, die international in Umlauf sind, offenkundig fehlerhafte Informationen über das rechtsstaatliche Procedere in Deutschland. Eine Aufklärung seitens der Behörden über die Hintergründe und den Ablauf dieser Aktion ist daher dringend geboten. Gerade, wenn das hohe Gut der freien Meinungsäußerung betroffen ist, ist besonders sorgfältig auf die Verhältnismäßigkeit der Mittel zu achten."

Gegen den Mezopotamien Verlag wurden vereinsrechtliche Ermittlungen eingeleitet, die Durchsuchung fand auf Grundlage eines richterlichen Beschlusses statt. Dem Verlag wird laut Innenministerium vorgeworfen, "mit den von ihm vertriebenen Produkten den organisatorischen Zusammenhalt der in Deutschland verbotenen PKK zu unterstützen (Straftat gem. § 20 Abs. 1 Nr. 3 VereinsG)". Gleichzeitig wird der Verlag verdächtigt, sich gegen den Gedanken der Völkerverständigung zu richten.