Aus einem großen Verlagskonzern war kürzlich Folgendes zu hören: Man müsse "das Lesen positiver emotional aufladen als interessante Alternative in dieser schnelllebigen Zeit". Der Satz ist zwar gut gemeint, aber viel zu defensiv. Lesen ist alles andere als nur eine "interessante Alternative". Lesen ist unabdingbar – denn Lesen ermöglicht es uns, die Welt zu durchdringen, andere und uns selbst zu begreifen. Deshalb ist das Buch das Maß, an dem sich alle anderen Medien messen lassen müssen. Wer ein Buch liest, kann in seinem eigenen Kopf einen Film sehen und zugleich einem anderen Menschen beim Denken zuhören. Diese einzigartige Multifunktionalität macht das Buch zu einem schlichtweg konkurrenzlosen Produkt.
Die von vielen Verlagen gefürchteten Fernsehserien finden deshalb so viel Zuspruch, weil die besten von ihnen quasi annähernd literarische Qualitäten aufweisen. Das Feuilleton hat Serien bereits als den Fortsetzungsroman des 21. Jahrhunderts gefeiert. Das ist zum einen das größtmögliche Lob für die Macher dieser Serien. Zum anderen ist es der dezente Hinweis, wo der Hammer hängt: nämlich beim Buch.
Ähnliches gilt für Computerspiele. Von Presse und Publikum werden vor allem die Games gefeiert, die Ambivalenz, Komplexität und eine intelligente Erzählung aufweisen: Tugenden, die ein gutes Buch von vornherein mit sich bringt. Von Kinofilmen nicht zu reden. Hier war schon immer die entscheidende Frage: Ist der Film so gut wie das Buch? In der Regel ist er es nicht. Und was die grotesk überschätzten sozialen Netzwerke betrifft: Hier zerstreut sich, was sich ohnehin nicht konzentrieren will. Doch genau danach verlangt das Buch: Konzentration.
Nicht nur deshalb ist das Buch ein geniales Medium. Aber es braucht engagierte Fürsprecher. Eine Kampagne wie die des Börsenvereins mit ihren trostlosen Slogans ist in diesem Zusammenhang freundlich gesagt kontraproduktiv. Allerdings hat mit wenigen Ausnahmen auch das Marketing der Verlage einen Anteil daran, dass jedes Bügeleisen inspirierter beworben wird als ein Buch.
Dabei steht die Branche vor einer interessanten Herausforderung. Verlagsübergreifend sinken die Verkaufsauflagen. Laut Börsenverein sind in den vergangenen Jahren sechs Millionen Leser verloren gegangen. Die Ratlosigkeit ist groß, ebenso die Gefahr, sich zu verzetteln.
Das schafft eine Situation, mit der schlanke Verlage naturgemäß etwas besser umgehen können, während große Verlage auch größere Probleme bekommen. Wer in Zukunft wirtschaftlich erfolgreich bleiben will, ist gut beraten, alte Zöpfe abzuschneiden, sich unbeirrt auf das Kerngeschäft zu fokussieren und eine starke Backlist zu schaffen, was heute landläufig als Ding der Unmöglichkeit gilt, aber nachgewiesenermaßen durchaus möglich ist. Darüber hinaus gilt es, auf allen Kanälen Leselust zu entfesseln und Bücher leidenschaftlich als das zu empfehlen, was sie sind: das aufregendste Medium, das es jemals gab.
Wer schwindenden Leserzahlen mit einer intelligenten Zukunftsstrategie begegnet, muss sich über die aktuelle Medienkonkurrenz keine Sorgen machen. Das Buch selbst wird ohnehin alles überstehen: Es ist unverwüstlich. Von manchen Verlagen lässt sich das hingegen nur bedingt sagen. Doch noch haben sie ihr Schicksal selbst in der Hand. Und das ist eine gute Nachricht.
- Nachrichten für Zielgruppen
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dann fokussieren sie mal schön mit einer intelligenten Zukunftsstrategie auf das Kerngeschäft ... Pardon, aber dieses banale Betriebsberaterdeutsch erzählt uns ebensowenig wie die Klischierung der sattsam bekannten Gründe für unsere Liebe zum Buch.
Über das Wie erfahre ich buchstäblich nichts, außer der erstaunlichen Behauptung, dass die Größeren mehr Probleme bekommen und fast alle zu blöd sind für ein gekonntes Marketing.
Buchkäufer werden weniger. Punkt.
Wär schon für die Branche, wenn Sie uns beibringen, wie der Kreis quadriert wird ...
Auf gutes Gelingen
Vito von Eichborn