Bertelsmann richtet Druckgeschäft neu aus

Prinovis-Standort Nürnberg macht dicht

10. April 2019
von Börsenblatt
Bertelsmann stellt sein weltweites Druckgeschäft neu auf − organisatorisch und personell. Die Zusammenarbeit der Unternehmen der Bertelsmann Printing Group wird intensiviert. Der Prinovis-Standort Nürnberg soll im Frühjahr 2021 geschlossen werden, um Überkapazitäten im Tiefdruck abzubauen.

Dazu werden der Mitteilung zufolge unter anderem die Organisationsstrukturen vereinheitlicht und weitere Funktionen, beispielsweise IT oder Controlling, gebündelt. Damit will der Konzern seine "marktführende Position in einem herausfordernden Marktumfeld" festigen. Die Druckbranche sei schon seit mehr als einem Jahrzehnt von einer strukturell rückläufigen Entwicklung geprägt. Insbesondere sei die Nachfrage nach hochauflagigen Katalogprodukten deutlich zurückgegangen. Die Überkapazitäten auf Produktionsseite sowie der zunehmende Wettbewerbsdruck mit den Offsetanbietern hätten zudem den Preisdruck spürbar erhöht.

Thomas Rabe, Vorstandsvorsitzender von Bertelsmann, sagte: "Die Neuausrichtung unserer Druckaktivitäten ist die Antwort auf die weitreichenden Veränderungen in der Druckbranche. Die Bertelsmann Printing Group ist als führender Anbieter in Europa gut aufgestellt. Megatrends wie die Digitalisierung und die Individualisierung, aber auch die zunehmende Konvergenz von Tief- und Offsetdruck stellen die Druckbranche jedoch vor große Herausforderungen." Im vergangenen Jahr hätten zudem gestiegene Papierpreise zu Zurückhaltung bei vielen Kunden geführt. Auf diese Entwicklungen habe Bertelsmann bereits mit unterschiedlichen Maßnahmen reagiert. Durch die noch stärkere Integration der Druck- und Direktmarketinggeschäfte verspreche man sich weitere Effizienz- und Effektivitätsverbesserungen.

Führungswechsel

Im Rahmen der umfassenden Neuausrichtung der Drucksparte ggibt es einen Wechsel an der Spitze der Bertelsmann Printing Group: Axel Hentrei (60), CEO der Druckereigruppe, hat sich entschieden, nach fast 30 Jahren Betriebszugehörigkeit seine Ämter niederzulegen und in den Ruhestand zu gehen. Seine Aufgabe übernimmt mit sofortiger Wirkung Dirk Kemmerer (46), der seit Februar 2017 Mitglied im BPG-Board ist und dort als CEO die Geschäfte von Mohn Media und Digital Marketing verantwortet.

Zukünftig besteht das BPG-Board aus drei Mitgliedern. Neben Dirk Kemmerer als CEO sind dies Ulrich Cordes (51) und Niklas Darijtschuk (47). Cordes bleibt CFO der Gruppe, Darijtschuk übernimmt zusätzlich zu seinen bisherigen Aufgaben im Bereich Print International die neu geschaffene Rolle des Chief Operating Officers (COO).

Thomas Rabe dankt Axel Hentrei "für die ausgezeichnete Arbeit, die er in den vergangenen Jahrzehnten beim Auf- und Ausbau der Druckgeschäfte von Bertelsmann und bei der Transformation der Druckereien in moderne Druckdienstleistungsbetriebe geleistet hat" − wünscht ihm für seine Zukunft alles Gute.

Standort Nürnberg wird geschlossen

Das Management habe zudem entschieden, heißt es weiter, den Standort in Nürnberg zum 30. April 2021 zu schließen. Ziel dieser Maßnahme ist es, die massiven Überkapazitäten im Tiefdruck deutlich zu reduzieren, um damit dem zunehmenden Preisverfall und den prognostizierten Verlusten im Geschäftsfeld Tiefdruck entgegenzuwirken. Von den Schließungsplänen sind etwa 670 Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer der Druckerei und der Klebebindung in Nürnberg betroffen, zudem etwa 250 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die über Leih- und Zeit- beziehungsweise Werkverträge beschäftigt sind, so Bertelsmann.

Thomas Rabe sagt dazu: "Die Entscheidung, den Standort in Nürnberg in knapp zwei Jahren zu schließen, ist uns sehr schwer gefallen. Sie ist aufgrund der deutlichen Mengen- und Preisrückgänge im Jahr 2018 jedoch unumgänglich, um unser Druckgeschäft insgesamt zukunftsweisend aufzustellen." Bereits auf der Bilanzpressekonferenz im März hatte Rabe, ohne konkret zu werden, ausgeführt, dass es in Deutschland im Druckbereich Überkapazitäten gebe und: "Hier müssten Anpassungen überlegt werden." (siehe Archiv)

Man sei sich der hohen Verantwortung für die betroffene Belegschaft in Nürnberg bewusst und werde zu allen Verpflichtungen stehen, die sich aus der Beschäftigungssicherung bis 2020 ergeben. Zudem werde man den Sozialplan aus Konzernmitteln finanzieren. "Mit dem Ziel, möglichst zeitnah einen Interessenausgleich zu verhandeln, werden wir jetzt umgehend das Gespräch mit den Arbeitnehmervertretern suchen", so Rabe.

Die ebenfalls am Standort in Nürnberg ansässigen BPG-Tochterunternehmen RTV Media Group und die Agentur MBS sind von den Schließungsplänen nicht betroffen. Gleiches gilt für die Prinovis-Standorte in Ahrensburg und Dresden sowie für die Offsetdruckereien der Gruppe in Gütersloh (Mohn Media), in Pößneck (GGP Media) und in Würzburg (Vogel Druck).

Zur Bertelsmann Printing Group

In der Bertelsmann Printing Group sind alle Druck- und Direktmarketingaktivitäten von Bertelsmann gebündelt. Dazu zählen die deutschen Offsetdruckereien Mohn Media, GGP Media und Vogel Druck, die Tiefdruckaktivitäten von Prinovis in Deutschland und Großbritannien sowie die Offset- und Digitaldruckereien Berryville Graphics, Coral Graphics und OPM in den USA. Zu dem Bertelsmann-Unternehmensbereich gehören zudem die Werbeagentur MBS, die RTV Media Group und der Replikations-Spezialist Sonopress.