Wie erklären Sie sich den abrupten Ausstieg der Ernst Klett AG aus dem gemeinsamen Unternehmen?
Brodersen: Da müsste ich spekulieren. Ich habe bisher keinerlei stichhaltige Gründe für diese Entscheidung erkennen können, von der ich endgültig erst aus boersenblatt.net erfahren habe. Ich kann nur vermuten, dass uns nun unser »Geburtsmakel« nämlich vom früheren Klett-Vorstandschef Uwe Brinkmann akquiriert worden zu sein zum Verhängnis geworden ist. Die »Freistellung« Brinkmanns scheint dem jetzigen Vorstand Anlass genug gewesen zu sein, das Engagement bei Booklett zu beenden. Dabei hat Michael Klett dieses Jointventure von Anfang an mitgetragen.
Verletzt das Vorgehen von Klett die Fairness im Umgang zwischen Geschäftspartnern?
Brodersen: Das wechselseitige Vertrauen zwischen Geschäftspartnern ist eine unerlässliche Ressource gerade auch im Verlagsgeschäft. Ich werte das Verhalten von Klett als eminenten Vertrauensbruch. Ein solches Vorgehen diskreditiert jeden Geschäftspartner. Denn man muss wissen: Booklett ist wie jede Verlagsgründung - ein Projekt mit hohen Vorlaufkosten. Klett und wir, die Mitgesellschafter, haben einen gemeinsamen Businessplan mit einer Laufzeit von fünf Jahren aufgestellt, der Bestandteil des Gesellschaftervertrags ist. Eine solche bindende Vereinbarung nach drei Monaten aufzukündigen, ist für mich ein Zeichen mangelnder Verlässlichkeit.
Handelt es sich also um eine Kurzschlussreaktion? Musste Philipp Haußmann die finanzielle Notbremse ziehen?
Brodersen: Noch einmal: Ich habe keine stichhaltige Erklärung.
Was halten Sie von dem Vorwurf seitens Klett, Sie hätten den Aspekt, Wissensbücher für junge Leute zu machen, vernachlässigt?
Brodersen: Zunächst einmal wird diese Behauptung schon durch einen Blick auf das aktuelle Programm widerlegt: Sowohl das »Abi-Buch« wie der »Mathematik-Verführer« und »Das Gute und das Fiese« richten sich an eine jüngere Zielgruppe. Außerdem enthält der Gesellschaftervertrag die Zielbestimmung, Wissensbücher für alle Altersgruppen zu machen.
Kommt der Ausstiegsbeschluss von Klett nicht verfrüht?
Brodersen: Die Entscheidung ist für mich bar jeder ökonomischen Rationalität. Und sie beschädigt alle Autoren, die bei uns bis weit ins Jahr 2009 hinein unter Vertrag stehen - besonders aber die, die ihre Manuskripte für das Frühjahrsprogramm 2008 bereits fertiggestellt haben. Ihnen entgeht nicht nur der wirtschaftliche Erlös für ihre literarische Arbeit, sondern sie erleiden zudem einen Imageschaden so wie wir hier im Übrigen auch.
Kann Klett überhaupt so schnell wie gewünscht aus dem Gesellschaftervertrag aussteigen?
Brodersen: Das müssen jetzt die Anwälte beider Seiten klären. Klett hat zumindest ein Verfahren zur Auflösung der gemeinsamen Verlagsgesellschaft eingeleitet.
Wirft man Ihnen auch gesellschaftsschädigendes Verhalten vor?
Brodersen: Nein. Wie ich schon sagte: Wir kennen die Gründe der Ernst Klett AG nicht.
Interview: Michael Roesler-Graichen