"Volksbücherei" - Elke Buhr schreibt in der FR über die Protestlesung in Berlin-Prenzlauer Berg:
Kinder gibt es hier im Viertel wie anderswo in Berlin Hunde, vor vier Jahren war die Grundschule um die Ecke noch froh, dass sie eine I-Dötzchen-Klasse zusammen bekam, im nächsten Jahr werden hier 140 eingeschult. Es gibt Yoga-Kurse für Kinder, Theater für Kinder, Kunst für Kinder, Angebote für Leute, die in die Kreativität ihres Nachwuchses auf hohem Niveau investieren wollen. Nur eine öffentliche Bibliothek soll es nach den Plänen der linken Bezirksregierung ab Januar nicht mehr geben: Die Tucholsky-Bibliothek wird geschlossen, genauso wie eine zweite Bücherei in Prenzlauer Berg. ... Der Bezirk sagt, er müsse 800 000 Euro im Kulturetat einsparen, er habe keine Wahl. Die Sache ist beschlossen. An der Wand im Veranstaltungsraum hängt ein sehr altes Plakat: "Wer vorwärts kommen will, liest gute Bücher aus den Volksbüchereien Prenzlauer Berg".
"S wie Schwund" - Silja Ukena schreibt im "Spiegel" über die Schweizer Kultur-Zeitschrift "du", die kürzlich verkauft wurde:
Was folgt nun bei "du"? Zunächst einmal statt einer Redaktion ein alleiniger Chefredakteur. Walter Keller, Jahrgang 1953, zuletzt Leiter des 2006 Konkurs gegangenen Kunstbuchverlags Scalo, wird von Heft 1/2008 an verantwortlich sein. Die Themenschwerpunkte und das Sammlerformat sollen beibehalten werden, die Autoren und Fotografen jedoch zukünftig aus aller Welt stammen. Nur die besten auf ihrem Gebiet sollen es sein, Nummern über Mode und Architektur Titel wie "Das Kleid" oder "Das Haus" tragen. Wahrscheinlich braucht es diesen Anspruch bei zuletzt verkauften 14.000 Exemplaren. Damit kein Heft "Das Ende" heißen muss.
"Leander Haußmann rasiert sich mit dem blanken Messer" - Nils Minkmar hat sich für die FAZ die neue Kulturzeitschrift "Liebling" angesehen, die ab März 2008 monatlich erscheint:
Liebling unterscheidet sich nicht nur äußerlich von allen anderen Kulturzeitschriften und Magazinen, es handelt sich hier um etwas wesentlich anderes als die schick gemeinten bunten Blätter rund um Prada-Anzeigen, die man zwischen Laptop und Thermoskanne auch noch in die Tasche quetscht und schläfrig im Zug durchblättert, um sie sogleich zu vergessen. Man kann sich Liebling als eine Art Instrument denken, es erinnert darin an die Hochzeiten des Zeitungswesens, als Sherlock Holmes seinen Doktor Watson gern darüber belehrte, dass seine beste Waffe nicht der Revolver, sondern die Times sei, dort fand er die kleinen Informationen, die die großen Fälle lösen. Liebling verfolgt einen ähnlich vernunftgesteuerten Ansatz, obwohl das Editorial den Wert von Zuversicht und Emotionalität betont. In den Artikeln wird kaum gejubelt, sondern nachgedacht, analysiert und argumentiert, es ist kein affirmatives Beschreiben von Berühmtheiten und Produkten, wie es etwa Wallpaper zum Überdruss tut, sondern ein offenes und dialektisches Nachdenken über die Bedeutung eines Objekts oder einer Person für diese Zeit, insofern hat Liebling mehr vom Merkur als von Monopol.