Für den unwahrscheinlichen Fall, dass sie dermaleinst einen Oscar bekommen, sollen sich manche Schauspiel-Eleven ja schon Dankesworte zurechtlegen. Unabhängige Verleger hingegen so Peter Haag, machen sich für den noch unwahrscheinlicheren Fall, dass sie nach 10 Jahren noch im Ring stehen und zum Jubiläum eine Rede schwingen sollen, gar keine Gedanken. Diese Chancen stehen bei eins zu einer Million. Dennoch hat der Kein & Aber-Chef am letzten Samstag in der Zürcher Bäckerstraße eine launige Jubiläumsrede halten und mit Autoren, Mitarbeitern, Wegbegleitern und Freunden auf 10 Jahre Kein & Aber anstoßen können. Früher waren die ersten 10 Jahre im Leben eines anständigen Verlags allenfalls ein warming up - in unseren schnellebigen Zeiten sind sie ein Grund zum Feiern. Für Haag, seit sechs Monaten selbst Vater, hat sich noch eine andere Perspektive aufgetan: Gemessen an den kindlichen Entwicklungsstufen wäre der Verlag mit seinen zehn Jährchen und 350 Titeln heuer in der vierten Klasse angekommen; dort, wo man zwischen Englisch oder Französisch wählen darf. Als Streber hat sich Kein & Aber für beides entschieden und auch gleich noch die Weltsprachen Russisch, Spanisch und Bayrisch obendrauf gepackt. Mit durchaus guten Noten, wie der renommierte Prix Goncourt für Gilles Leroy beweist demnächst wird dessen Alabama Song bei Kein & Aber erscheinen. Gefeiert wurde entsprechend ausgelassen natürlich auch mit kleinen verbalen Bescherungen einiger Kein & Aber-Autoren: Philipp Tingler pries das Haus, in dessen Büros Handpflege-Cremes und Gesundheits-Sandalen nur in verschwindend geringen Stückzahlen zur Anwendung kämen; Harry Rowohlt, der mit Gerhard Polt zu den geistigen Geburtsvätern von Kein & Aber gehört, trieb der Zuhörerschaft mit seiner Killoyle-Performance (und einer lupenreinen Karol-Woytila-Parodie) die Lachtränen in die Augen. Joseph von Westphalen, weltweit wohl einziger Jazz-DJ aus dem Hochadel, sorgte bis in die frühen Morgenstunden des ersten Advent für die schwungvolle Bewegung von Beinen und Hüften. So kann, so soll es auch in den kommenden zehn Jahren weitergehen.