Klammheimliche Dankbarkeit

10. Dezember 2007
Redaktion Börsenblatt
Eine norwegische Autorin schreibt ihren Debutroman, wird preisbelohnt und in drei Sprachen übersetzt ( italienisch, finnisch, deutsch). Und ist doch unzufrieden: mit dem Cover.
Die Rede ist von Edy Poppy, deren Erstling „Anatomi. Monotoni.“ im Herbst bei Goldmann erschien, unter dem Titel „Die Hände des Cellisten“ und ihrem bürgerlichen Namen Ragnhild Moe. Die Meldung im Börsenblatt (47/07) hat mich aufhorchen lassen: ist es nicht oft so, dass Übersetzungen in anderer Aufmachung erscheinen als die Originalausgaben?! Andere Titel, andere Formate - andere Titelbilder! Und wo ist das Problem? Nun, zum einen zunächst das Titelbild selbst. Im norwegischen Original (und übrigens auch in den italienischen und finnischen Ausgaben) auffällig und verstörend: das schwarz-weiße Foto einer nackten Frau, die wie hingeschmissen kopfüber auf einer Treppe liegt. Wenn man es wissen will, erfährt man schnell, dass dies die Autorin selbst ist und ihr Mann das Foto aufgenommen hat. Und man liest, sie „krieche“ die Treppe hinab - das hätte ich nicht gesehen... Dazu eine Schrift im digital-retro-Stil, Snychro oder eine ähnliche. Spontan assoziierte Zielgruppe: junges, an Popkultur interessiertes Lesepublikum mit, sagen wir, Sinn für Grenzerfahrungen. Das deutsche dagegen wirkt weitaus biederer, verharrt in der klassischen Andeutung und spricht ganz deutlich ein situierteres Publikum an. Zum anderen: Ragnhild Moe, die sich Edy Poppy nennt, scheint ein Multitalent zu sein (oder inszeniert sich zumindest als solches), Künstlerin, Schriftstellerin, Model - nachvollziehbar, dass die äußere Erscheinung als Teil des Werkes verstanden wird. Doch was zur... wurde dann im Lizenzvertrag ausgehandelt?! Sollte sie sich nicht eher bei ihrem norwegischen Verlagshaus beschweren, statt sich von Goldmann „betrogen“ zu fühlen? Oder besteht nicht sogar Grund zur klammheimlichen Dankbarkeit? Denn was die Autorin aus dieser Titel-Geschichte gemacht hat, kann sich sehen lassen: Aufreger-Aufhänger in einigen Zeitungen und Zeitschriften, und ein popkulturell wertvoller „create your own cover“-Wettbewerb bei der etwas eigenwilligen Buchpräsentation im Oktober in Berlin, der ach so hippen Wahlheimat einiger junger skandinavischer Künstler. Zu einer norwegischen Zeitung sagte Ragnhild Moe, nicht nur, weil sie an deutscher Literatur interessiert sei, sei ins Deutsche übersetzt zu werden, für sie besonders spannend. Vielleicht hat sie es sich nicht genau so vorgestellt. Doch langweilig ist diese Geschichte ganz bestimmt nicht.