Abschiedsinterview mit Detlef Bluhm

"Das war's dann, lieber Landesverband!"

28. November 2019
von Börsenblatt
Seit 1992 hat Detlef Bluhm beim Börsenverein die Geschäfte des Landesverbands Berlin-Brandenburg geführt - jetzt folgt er, mit 65, seinen eigenen Wegen als Autor und Fotograf. Ein Abschiedsinterview über die Zukunft des Verbands und eine Schatzkammer voller Erinnerungen.

Sie schreiben und fotografieren schon seit Jahren neben Ihrer Arbeit für den Börsenverein. Texte oder Bilder: Was wird Sie stärker beschäftigen, wenn Sie demnächst mehr freie Zeit haben?

Auf meiner Liste stehen mehrere Projekte. Textbezogene Projekte und mehrere Fotothemen. Wie sich das zeitlich sortieren wird, kann ich heute noch gar nicht sagen. Ich lasse das einfach mal auf mich zukommen. Und ich freue mich auch darauf, einfach mal faul sein zu können, mich nicht unter Druck setzen zu müssen.

Seit 1992 haben Sie die Geschäfte beim Berliner Landesverband geführt. Welche Momente dürfen mit in die Schatzkammer der schönsten Erinnerungen?

Diese Schatzkammer der Erinnerungen – danke für das schöne Bild – ist nach 28 Jahren wie ein ägyptisches Pharaonengrab raumsparend bis unter die Decke prall gefüllt. Dazu gehören viele persönliche Begegnungen und Gespräche mit Autorinnen und Autoren, spannende und anregende Veranstaltungen, zahllose Gespräche und Aktivitäten mit Mitgliedern, diskussionsfreudige und deshalb manchmal im Ergebnis überraschende Vorstandssitzungen, Phasen der Konzeption neuer Vorhaben, die Zusammenarbeit mit den anderen Landesverbänden, dem Bundesverband und seinen Wirtschaftsbetrieben – und nicht zuletzt die vielen Gespräche und Diskussionen in der Geschäftsstelle, die oft während oder nach dem gemeinsamen Mittagessen stattgefunden haben.

Gab es auch Situationen, die Sie nicht noch einmal erleben möchten?

Die gab es ganz gewiss, aber weil sie nicht in die Schatzkammer meiner Erinnerungen gelangten, sind sie mir entfallen.

In den vergangenen Jahren hat sich der Börsenverein durch Reformen, aber auch durch neue Marktbedingungen verändert. Ihr Fazit nach einem Vierteljahrhundert hauptamtlicher Arbeit im Verband?

In Zukunft wird sich in unserer Branche sehr wahrscheinlich noch vieles und vor allem noch viel schneller entwickeln als in der vergangenen Zeit. Manche Veränderungen wird der Börsenverein mitgestalten können, auf andere wird er nur reagieren können. Das war früher nicht anders, aber der Takt der Veränderungen wird sich erhöhen. In der Vergangenheit hat sich meiner Meinung nach die enge Zusammenarbeit zwischen den im Verband ehrenamtlich Tätigen und dem Hauptamt bewährt. Das reibungslose Zusammenspiel zwischen beiden ist auch morgen eine große Chance für den Börsenverein und die gesamte Branche.

Und dann denke ich in diesem Zusammenhang auch an den Nachwuchs. Die Anstrengungen der Vergangenheit werden vermutlich nicht ausreichen, um qualifiziertes Nachwuchspersonal für unsere Branche zu akquirieren. Hier sind meiner Meinung nach ganz andere und neue Ideen gefragt.

Haben Sie einen Rat an Ihre Nachfolgerin, wie sich der Landesverband angesichts sinkender Mitgliederzahlen für die Zukunft aufstellen sollte?

Meine Nachfolgerin ist gar keine Nachfolgerin, denn Johanna Hahn ist ja bereits seit über 17 Jahren meine Kollegin in der Geschäftsführung. Sie wird die Geschäftsführung nun, wie ich früher, alleine schultern. Wir haben uns in den vergangenen Jahren immer wieder und ausführlich über die Zukunft des Landesverbandes ausgetauscht, auch mit dem gesamten Team. Es bedarf hier keiner Ratschläge meinerseits.

Dem Arbeitgeberverband der Verlage und Buchhandlungen Berlin-Brandenburg bleibe ich übrigens noch längere Zeit als Geschäftsführer erhalten. Nähere Informationen dazu und meine zukünftigen Kontaktdaten erfolgen in Kürze.

Welchen Projekten, die Sie beim Landesverband mit umgesetzt  haben, wünschen Sie noch ein langes Leben?

Natürlich allen! Aber wenn ich mich hier beschränken soll, sagen wir auf zwei Projekte, dann fällt mir zunächst der Kongress future!publish ein, dessen Vorvorgänger ich unter dem Namen Homer 3.0 im Jahr 2010 ins Leben gerufen habe. Ihm wünsche ich ein langes Leben, weil auf diesem deutschlandweit größten Kongress zur digitalen Zukunft unserer Branche die Themen von morgen verhandelt werden.

Die Verleihung des Berliner Verlagspreises ist das zweite Projekt, das mir in diesem Zusammenhang in den Sinn kommt. Hier werden von den Berliner Senatsverwaltungen für Kultur und Europa sowie Wirtschaft, Energie und Betriebe pro Jahr insgesamt 68.000 Euro an sechs Verlage ausgeschüttet. Wir steuern das gesamte Projektmanagement. Und das macht uns ungeheuren Spaß! Für die Berliner Verlage bedeutet das nicht nur eine hochwillkommene Finanzspritze, sondern auch eine Wertschätzung ihrer Arbeit durch die Landesregierung.

Werden Sie jetzt öfter in der Marga Schoeller Bücherstube zu finden sein, wo Ihre Frau Ruth Klinkenberg als Geschäftsführerin tätig ist?

Es ist nicht auszuschließen, dass ich dort bei Engpässen aushilfsweise tätig werde. Aber allzu viel Zeit werden mir meine Projekte dazu nicht lassen.

Ihre Pläne für die Zeit nach dem gestern gefeierten offiziellen Abschiedstag?

Erst mal weiterarbeiten, bis zum 19. Dezember. An diesem Tag beziehungsweise Abend trifft sich das Team der Geschäftsstelle zur traditionellen Weihnachtsfeier – und am nächsten Tag fahre ich in Urlaub. Das war’s dann, lieber Landesverband!

Mehr über Detlef Bluhm und seine Arbeit im Verband lesen Sie hier, in einem Geburtstagsglückwunsch von Transit-Verleger Rainer Nitsche.

Womit sich Detlef Bluhm schreibend und fotografierend gern beschäftigt, sehen Sie auf seiner Website. Im Februar erscheint sein neuer Bildband "Architektur der Fünfzigerjahre. Ein fotografischer Streifzug durch Berlin" im be.bra Verlag.