Preisbindung

Verfahren vor dem Europäischen Gerichtshof

10. Januar 2008
Redaktion Börsenblatt
Österreichs Justiz macht eine neue Baustelle beim festen Ladenpreis auf – und schickt das nationale Preisbindungsgesetz auf den EU-Prüfstand.
Der Anlass: Der österreichische Filialist Libro hat ab August 2006 Titel deutscher Verlage unter Preis angeboten – und sich einer Abmahnung durch den Fachverband der Buch- und Medienwirtschaft nicht unterworfen. Der daraus entstandene Rechtsstreit landete vor dem Obersten Gerichtshof in Wien, der den Fall nun an den Europäischen Gerichtshof (EuGH) in Luxemburg weitergereicht hat – und dabei Fragen zum österreichischen Preisbindungsgesetz aufwirft, die alle längst vom Tisch glaubten. Verstößt der seit dem Jahr 2000 vorgeschriebene Mindestpreis gegen den Grundsatz des grenzüberschreitenden freien Warenverkehrs, weil nur Importeure deutschsprachiger Bücher dazu verpflichtet sind, die Preisbindung einzuhalten? Falls ja: Würde ein solcher Verstoß durch vorrangige kulturelle Interessen »geheilt«? Darauf soll der Europäische Gerichtshof Antworten liefern, bevor sich die Kollegen in Wien weiter mit dem Fall befassen. Denn um entscheiden zu können, ob Libro »unlauter« gehandelt habe, müsse zunächst geklärt werden, ob das EU- Gemeinschaftsrecht durch die Preisbindung bestimmter Importwaren verletzt werde, so die Wiener Richter in ihrer Begründung. Der Börsenverein stellt sich nun auf einen zähen, mindestens zwei Jahre dauernden Rechtsstreit vor dem EuGH ein, bei der er dem Hauptverband des Österreichischen Buchhandels unterstützend zur Seite steht. Denn auch wenn erst einmal nur österreichische Belange betroffen sind: Folgenlos bleibt das Verfahren für die deutsche Buchwelt wohl nicht. »Der Fall Österreich zeigt, dass sicher geglaubte Rahmenbedingungen und damit die kulturelle Vielfalt sowie die wirtschaftliche Grundlage der Branche aus heiterem Himmel in Gefahr geraten können«, so Alexander Skipis, Hauptgeschäftsführer des Börsenvereins: »Deshalb muss jeder einzelne Branchenteilnehmer aktiv dazu beitragen, die Rahmenbedingungen zu erhalten – indem er sich strikt an die geltenden Regeln hält und nicht zu seinem vermeintlichen Vorteil davon abweicht oder in der Grauzone experimentiert.« Libro war Ende der 90er Jahre unter der Regie von André Rettberg schon einmal gegen die Preisbindung vorgegangen, die damals noch via Sammelrevers geregelt wurde. Der Fall zog eine jahrelange Auseinandersetzung nach sich, auch mit der EU-Kommission in Brüssel - bis die Preisbindungsgesetze in Österreich (2000) und Deutschland (2002) für einen stabilen Rahmen sorgten. 2002 meldete Libro Konkurs an - die drittgrößte Unternehmenspleite im Österreich der Nachkriegszeit. Heute gehören die rund 200 Filialen der Buchhandelskette zur Mangagement Trust Holding AG, einer an der Wiener Börse notierenden Industrie-, Handels- und Finanzgruppe.