Der Buchhandel vor Ort verliere bereits seit Jahren an Boden, konstatierte das Podium, eingeladen von der Leipziger Messe und moderiert von Börsenblatt-Chefredakteur Torsten Casimir. Andere Vertriebswege wie das Internet seien stark auf dem Vormarsch und sicherten sich stetig neue Marktanteile. Dazu noch der anspringende E-Book-Markt.
Dennoch ist Annerose Beurich, Inhaberin der Buchhandlung Stories in Hamburg, fest davon überzeugt, dass es Buchhandlungen auch noch in 20 Jahren geben wird. Für sie besteht die größte Aufgabe darin, Ort der Begegnung zu sein: die Seele des Tante-Emma-Ladens mit hochprofessionellem Verkauf zu verbinden und „jedem Kunden das für ihn beste Buch zu verkaufen“.
Ihr Kollege Heinrich Riehtmüller, Geschäftsführer der Osianderschen Buchhandlung in Tübingen, glaubt ebenfalls an die Vertriebsform stationäres Sortiment – wenn auch nicht für E-Books, „dafür brauchen Sie keine Buchhandlung“. In seinem Haus geht es derzeit vor allem darum, die Buchhandlungen weiterhin als Ort der Begegnung zu positionieren, die Verknüpfung zum Online-Auftritt zu stärken und gleichzeitig Digitales offensiv anzubieten.
Die Buchhändler zu unterstützen, mit neuen Produkten und im digitalen Zeitalter - das haben sich die Zwischenbuchhändler auf die Fahnen geschrieben. Rudolf Sommer, Einkaufsleiter bei KNV betonte, dass eine Diversifizierung in neue Bereiche helfen könne, Umsatzrückgänge aufzufangen. Die Flächen in Buchhandlungen würden freigeräumt für Non-Books, PBS und Merchandising. „Die Buchhandlungen experimentieren hier“.
In die Abgesänge auf den stationären Buchhandel möchte Sommer nicht einstimmen: „Wir sind eine vitale Branche in stagnierenden Zeiten, die sich mit dem Medienumbruch beschäftigt. Wir taumeln nicht besinnungslos dem Ende entgegen.“ In Sachen Digitalisierung sieht Sommer die Hochzeiten allerdings noch nicht gekommen. „Ich sträube mich gegen das Gerede vom Durchbruch, dieser wird auch in diesem Jahr nicht kommen“.
Eine andere Sichtweise vertrat der Autor und Journalist Jürgen Neffe. „Die Buchbranche hält die Preisbindung hoch und wartet schon seit Jahren ab.“ Abwarten heißt für ihn, „dass die Buchindustrie mit dem gleichen Tempo gegen die Wand fährt, wie die Musikindustrie“. In zwei Jahren werde es freie Tabletcomputer geben mit Vertrag, so wie jetzt Handys, dann sehe die Welt anders aus. „Bücher werden digitalisiert und auf den Markt geschoben – und es gibt keine vernünftigen Konzepte der Buchbranche.“
Etwas anders sieht die Einschätzung von Rainer Groothuis (Corso Verlag) aus, der bislang keine E-Books im Programm hat. Seiner Ansicht nach ist ein Teil des Verlustes des Buchhandels darauf zurückzuführen, dass manche Buchhändler „verpennt haben, mit was sie eigentlich handeln, mit Literatur nämlich“. Buchkäufer müssten erst durch die „Hölle des Modernen Antiquariats gehen“, bevor sie zu den schönen Büchern kämen. Wenn der Handel seine alten Tugenden revitalisiere, gebe es neues Potenzial.
Bis die Branche eine Digitalisierung in größerem Umfang erlebe, müssen laut Groothuis drei Dinge zusammenkommen:
- die Hardware müsse billiger werden,
- ein breiteres Publikum müsse gefunden werden
- und es müssten ausreichend Inhalte zur Verfügung stehen.
„Erst dann wird der Markt Sprünge machen.“