Es ist eine Frage der Perspektive. Aus Sortimentersicht ist jedes Direktmarketing von Verlagen höchst ärgerlich, weil Kundenströme von der Buchhandlung weggeleitet werden. Der Verlag wird zum Mitbewerber, zum Konkurrenten. Im Falle der Ravensburger-Newsletter mit Sonderangeboten erzürnt die Sortimenter zudem, dass sie sich vor Weihnachten bei der Einführung von Tiptoi tüchtig ins Zeug gelegt hatten – nun aber nicht die Früchte ihrer Beratungen in vollem Umfang ernten können.
Aus Verlagssicht hingegen ist die Nutzung mehrerer Vertriebskanäle nur allzu verständlich. Verkauf ab Werk ist vom Autohersteller bis zum Textilfabrikanten seit jeher üblich – kein Produzent verzichtet freiwillig auf erfolgversprechende Umsätze. Das Online-Zeitalter bietet mehr Möglichkeiten zum flächendeckenden Marketing.
Jede Sichtweise ist durchaus nachvollziehbar – aber wer hat nun recht? Der Begriff Partnerschaft, den beide Seiten bemühen, kommt hier zum Tragen. Nur durch fortwährenden Dialog kann Partnerschaft gelingen. Das für morgen angekündigte Gespräch zwischen den Parteien sollte deshalb kein einmaliger diplomatischer Akt bleiben, sondern als Auftakt zum Austausch genutzt werden. Warum nicht gemeinsame Mailings zu gemeinsamen Aktionen überlegen, E-Mails, die Buchhandlungen mit ihrer eigenen Adresse an ihre Kunden mit attraktiven Ministeps-Angeboten senden? Oder nach anderen Win-win-Situationen suchen? Also mehr als ein misstrauischer Schlagabtausch und dann Tschüss. Denn die Güte des Puddings, um mit Brecht zu sprechen, erweist sich beim Essen.