Die Audi-Halle mutet futuristisch an, in schwarz-weiß gehalten, eine offene Bühne, davor Sitzmöbel in Eiform oder quadratische Sessel. Keine der Sitzgelegenheiten ist mehr frei, auch in den Gängen stehen zahlreiche Messebesucher. "When ideas meet - Wie wird aus Begegnungen neues, innovatives Denken?“ lautete der Titel für die Auftaktveranstaltung von Open Talks.
"Mit dem Projekt, das wir gemeinsam mit Audi durchführen, probieren wir etwas Neues aus", betonte Katja Böhne, Kommunikationschefin der Frankfurter Buchmesse. Beide, die Buchbranche und die Automobilbranche verbinde, dass "wir viele gute neue Ideen für eine erfolgreiche Zukunft brauchen". Und so ging man einer Stunde lang der Frage nach, wie Neues entsteht.
Hirnforscher Gerald Hüther sieht das Dilemma als wesentlichen Antrieb bei der Entwicklung von Innovationen. "Das Hirn greift am liebsten zurück auf den alten Scheiß, wenn es darum geht, Probleme zu lösen. Wenn Sie aber etwas Neues wollen, müssen Sie etwas anders machen als bisher." Nur ein solches Handeln sei auch der Weg aus einem Dilemma.
Philosoph Richard David Precht unterstrich, wie wichtig eine kreative Klasse für das Entdecken von Neuem sei. "Dieser Personenkreis ist bei uns viel zu klein und leidet unter dem Konformitätsdruck, mit dem wir es in Deutschland übertreiben."
Marion Schwehr, Initiatorin des Projekts Streetview Literatur, sieht die Masse als möglichen Motor für Innovationen: "Wir sind getrimmt auf Einzelleistungen, dabei sollten wir der Masse viel mehr zutrauen." Das müsse geübt und Methoden dafür entwickelt werden.
Juergen Boos, Direktor der Frankfurter Buchmesse, gab zu bedenken, dass die Masse Sicherheit biete und es Risikofreudigkeit bedürfe, Bekanntes und Bewährtes hinter sich zu lassen und aus der Masse herauszutreten. Genau das mache die Buchmesse: "Eine Messe mit Filmemachern, Games-Autoren, Schriftstellern, Buchhändlern, Verlegern und vielen anderen, wie wir sie heute veranstalten, wäre vor einigen Jahren noch undenkbar gewesen."
Bei so viel Kreativität und Engagement der Diskutanten ergaben sich bei der Veranstaltung, die von Karin Fischer (Redakteurin beim Deutschlandfunk) moderiert wurde, noch zahlreiche weitere Aspekte.
Schlaglichter Open Talks:
E-Books: "Sie sind nicht der Tod des Buchhandels, sondern der Buchhandel wird am Internet zu Grunde gehen." (Richard David Precht)
Bücherpreise: "Die Preisfestsetzung von Büchern geschieht in Deutschland anhand der Verpackung und nicht anhand der Inhalte. Deswegen verstehen die Leser auch nicht, warum sie für ein E-Book so viel bezahlen sollen." (Marion Schwehr)
Innovationen: "Fallen in den Branchen besonders schwer, in denen sich die Menschen mit ihren Produkten sehr stark identifizieren. Sie lassen Liebgewordenes nur ungern los. Das gilt sowohl für die Buch- als auch die Automobilbranche." (Marion Schwehr)
Wettbewerb: "Erzeugt keine Innovationen. Wenn jeder den anderen übertreffen will, entwickelt sich nichts weiter. Alles geht nur in die Tiefe und wird weiter spezialisiert." (Gerald Hüther)
Technologie: "Ist langweilig, interessant sind die Geschichten, die erzählt werden." (Juergen Boos)