Lipke: Ich bin überzeugt davon, dass dies noch die nächsten zehn Jahre so weitergehen wird. Und der Onlineanteil wird mit Sicherheit ebenfalls weiter stark wachsen, vermutlich weiter im zweistelligen Bereich, das ist nicht mehr aufzuhalten. Denken Sie nur an die Innovationskraft der neuen Applikationen, an das ganze Thema Mobile Commerce.
Eine Sättigung ist also nicht in Sicht?
Lipke: Nein, die erlebe ich in meinem Geschäftsleben nicht mehr.
Und Mobile wird einer der Wachstumstreiber sein?
Lipke: Mit Sicherheit. Ein Grund ist die wachsende Durchdringung von Smartphones, das gleichsam zu wichtigsten Lebenspartner wird, je mehr Smartphones benutzt werden, desto mehr Mobile Commerce - ich bin da sehr positiv gestimmt. Meiner Ansicht nach verlinkt Mobile Web und stationären Handel, Kunden kommen zum Beispiel mit dem Smartphone, auf dem sie sich den Katalog angesehen haben, in den stationären Laden und kaufen das Wunschprodukt dann vor Ort.
Was bedeutet diese ‚Verlinkung‘ für den Buchhandel?
Lipke: Der Buchhandel ist mit Sicherheit dem höchsten Innovationsdruck ausgeliefert, zumal da mit Amazon jemand ist , der den elektronischen Handel im Grund revolutioniert hat. Das Thema E-Books ist eine Sache, in der viel Investment nötig ist, das wird sicherlich auch den stationären Buchhandel unter Druck setzen. Der Anteil der elektronischen Bücher wird rasant zunehmen, und es ist eine offene Frage, ob ihr Vertrieb im Stationärhandel abgewickelt werden wird.
Am Internet führt also kein Weg vorbei?
Lipke: Nein, aber die meisten Buchhändler sind ja bereits onlineaffin. Allerdings ist die Beratungsqualität, die er stationäre Buchhandel bietet, für mich noch ein Stück Qualität, das sich online noch nicht ohne weiteres abbilden lässt.
Nach einem Rückgang im vergangene Jahr ist der interaktive Handel mit Büchern wieder gewachsen. Im Vergleich zu anderen Warengruppen wie Computer und Zubehör oder Schmuck/Uhren allerdings in deutlich geringerem Maße. Nähert sich der Onlinehandel mit Büchern seiner Sättigungsgrenze?
Lipke: So kann man das nicht sagen. Es findet jedoch eine Umverteilung statt, die noch zunehmen wird. In unserer Studie unterscheiden wir zwischen Medien in physikalischer Form, also gehandelter Ware, und Onlinedownloads. E-Books fallen unter digitale Dienstleistungen, ein Bereich, der aber insgesamt ebenfalls wächst. Es findet also eine Umverteilung statt. Auch wenn E-Books noch einen sehr vernachlässigbaren Anteil von zwei bis drei Prozent am gesamten Buchumsatz haben, wird sich das mit Sicherheit mittelfristig ändern. Der Trend ist eindeutig, vermutlich werden sich demnächst noch deutlicher Umsatzanteile von physikalischen auf elektronischer Bücher verschieben.
Wie sieht das bei Globetrotter, dessen geschäftsführender Gesellschafter Sie ja sind, aus - in den fünf stationären Reiseabteilungen in Ihren Filialen verkaufen Sie nach Eröffnungen bzw. Erweiterungen von Filialen in Dresden, München und Frankfurt/M. auf immerhin rund 1.500 Quadratmetern Bücher und Landkarten?
Lipke: Das stimmt. Unsere Buchabteilungen sind ausgeweitet worden und bis jetzt war der Stationärhandel mit Büchern auch besser aufgestellt als wir das online abbilden konnten. Wir haben jetzt allerdings einen Schritt gemacht, das Know-how unserer hoch spezialisierten Kollegen aus den einzelnen Buchabteilungen so zu migrieren, dass wir das nun auch online zur Verfügung stellen können. Der gesamte Bereich E-Commerce wächst bei Globetrotter nach wie vor, im Herbst wird unsere größte Filiale - und das ist der Webshop - relauncht und mit diesem Projekt haben wir ein paar gute Schritte in die Zukunft gemacht.
Amazon eröffnet ein neues Logistikzentrum nach dem anderen, um noch schneller bei den Kunden sein zu können. Setzt das die Branche unter Druck?
Lipke: Der Buchhandel war ja logistisch schon immer sehr gut organisiert, die Liefergeschwindigkeit war schon extrem hoch, da ist man meiner Meinung nach perfekt vorbereitet. Für den gesamten anderen Handel gilt, dass Amazon mit seiner Lieferung innerhalb von 24 Stunden die Erwartungshaltung der Kunden hoch getrieben hat. Dem muss Rechnung getragen werden. Deshalb investieren Versender und auch DHL massiv in diesen Bereich.
Der Umsatz wächst, es wird investiert, aber sind Onlinehandel und Mobile Commerce eigentlich auch profitabel?
Lipke: Richtig ist, dass zurzeit noch viel in online und mobile investiert werden muss. Und am Beispiel Amazon, dessen veröffentlichte Gewinnerwartung ja nicht so hoch war, sieht man, dass das Investment in neue Devices auch mal gegen den Ertrag wirken kann. Die Frage lässt sich grundsätzlich nur für ein Unternehmen in einer jeweiligen Branche beantworten, nicht generell. Das Geschäftsmodell, das hinter dem Onlineverkauf von Klingeltönen oder dem Vertrieb von E-Books, oder Textilien oder einer Onlineweinhandlung steht, kann sehr unterschiedlich sein und dementsprechend sind auch die Spannen und Erträge sehr unterschiedlich.