Resolution

PEN schießt gegen Großfilialisten

16. Juli 2012
Redaktion Börsenblatt
Das PEN-Zentrum Deutschland, der Verband deutscher Schriftsteller (VS) in Bayern und die Kurt Wolff Stiftung attackieren mit einer Resolution erneut die Politik der Branchenriesen, die aus dem "einst vorbildlichen Netz geistiger Tankstellen der Nation" einen "Discounthandel" mit Büchern gemacht haben sollen.

Der aktuellen Resolution vorangegangen waren die Rede von Norbert Niemann (Bachmann-Preisträger und stellvertretender Vorsitzender VS Bayern) "Wir Schriftsteller brauchen Euch!" sowie Bernhard Riegers (Gründer der Münchner Initiative ProBuch) offener Brief "aus Sicht der Buchhändler". Der Dialog war anlässlich des Protests eines Teils der Hugendubel-Mitarbeiter für einen Sozialtarifvertrag aufgekommen.

"In Anlehnung an den historischen "Aufruf der Autoren' (Frankfurter Buchmesse 1968) – vierundvierzig Jahre später erneut aktuell" überschreibt die Initiative ihren Vorstoß. Folgender Resolution geht ein Text voraus, der auf boersenblatt.net im Wortlaut wiedergegeben wird:

  • "Wir protestieren gegen ein rein renditeorientiertes Handeln mit Büchern, das soziale und kulturelle Verantwortung über Bord wirft.
  • Wir erwarten die politische Stärkung derjenigen Strukturen, die eine ungehinderte Verbreitung von Literatur ermöglichen und gewährleisten.
  • Wir fordern den Erhalt des gefährdeten, weltweit einzigartigen deutschen Buchhandelsnetzes – sowie dessen Fundaments: des Berufs des Buchhändlers.
  • Wir unterstützen die Zukunftsallianz 'Pro.Buch.Kultur.'"


"Der Buchhandel in Deutschland befindet sich in einer ernsten Krise; das einst vorbildlich engmaschig geknüpfte Netz 'geistiger Tankstellen der Nation' (so Altbundeskanzler Helmut Schmidt) ist akut gefährdet.
Kapitalkräftige Unternehmen – der Parfümerie-Konzern Douglas und der kirchliche Weltbild-Konzern, die inzwischen mehr als ein Drittel des stationären Sortimentsbuchhandels beherrschen – haben sich ehemalige Traditionsbuchhandlungen (Thalia, Hugendubel) einverleibt und die nationale Buchhandelslandschaft nachhaltig verändert. Sie entzogen ihren Buchhändlern die Gestaltung des Sortiments, degradierten die Filial-Angestellten auf das Niveau von Hilfspersonal und etablierten so einen „Buchhandel ohne Buchhändler“.

Die beiden Branchenriesen expandierten in einem erbitterten Wettbewerb um die Marktführerschaft, investierten in überdimensionierte Verkaufsflächen, be- und verdrängten den lokal/regional verankerten Buchhandel. Aufgrund ihrer Marktmacht sind sie mittlerweile in der Lage, Handelskonditionen zu diktieren und Einfluss auf die Programmgestaltung der Verlage zu nehmen.
Verkäuflichkeit besiegt die einstige Vielfalt, Renditekriterien bedrohen den kulturellen Auftrag. Ökonomische Mechanismen, wie sie den Discounthandel kennzeichnen, bestimmen nun auch den Handel mit Büchern; symptomatisch hierfür sind die "Nonbook-Sortimentserweiterungen" der vergangenen Jahre durch buchfremde Massenware aller Art.

Auf eine kurze Boomphase folgte alsbald die radikale Kehrtwende: Aktuell ziehen sich die Großfilialisten aus dem Ladengeschäft zurück und verlagern – orientiert am Erfolgsmodell des Online-Marktführers Amazon – ihren Umsatzschwerpunkt in den Internethandel. Somit stehen jetzt radikaler Rückbau, Schließung großer Ladenflächen in den Städten und massive Dezimierung des Personals auf der Agenda."