Frankfurter Buchmesse: Forum Börsenverein

"Man fällt ins kalte Wasser"

23. Juli 2015
von Börsenblatt
Wasserscheu sind Teresa Markl, Sandra Willmes und Anna Kristkeitz wahrlich nicht: Die drei jungen Buchhändlerinnen wagten den Sprung ins Auslands. Wie das möglich wurde und was sie erlebten, erzählten sie auf dem Forum Börsenverein. Moderiert wurde das Gespräch von Anja Bergmann, Ausbildungsreferentin bei der Regionalgeschäftsstelle NRW des Börsenvereins.

Teresa Markl absolvierte nach ihrer Ausbildung ein dreimonatiges Praktikum in der Buchhandlung "La Lettre volée" im südfranzösischen 800-Einwohner-Bücherdorf Montolieu – in einem allgemeinen Sortiment mit Antiquariat. Ein ganz besonderes Erlebnis, schwärmte die Praktikantin. Ermöglicht wurde ihr dies durch das deutsch-französische Austauschprogramm für junge Buchhändler und Verlagsmitarbeiter, dass unter anderem von der Frankfurter Buchmesse und Börsenverein veranstaltet wird. Zur Vorbereitung gibt es hier einen zweiwöchigen Kurs im "Tandemverfahren" in Frankreich und auf dem mediacampus Frankfurt, den die Austauschpartner gemeinsam absolvieren. Nach dem Aufenthalt folgt ein Auswertungsseminar in Frankfurt oder Paris.

Sandra Willmes zog es nach Irland. Sie arbeitete während ihrer Ausbildung – ihre Buchhandlung gewährte ihr netterweise einen Sonderurlaub – einige Wochen in der Buchhandlung "Chapters" in Dublin. Auch hier ein allgemeines Sortiment mit Antiquariat. Die Finanzierung bei ihr erfolgte über ein Stipendium der EU (Leonardo Da Vinci-Programm). Der Antrag wurde über ihre 'Berufsschule' eingereicht. Auch für diesen Blick über den Tellerrand gab es eine sprachliche und kulturelle Vorbereitung, erzählt Sandra Willmes. Auf der grünen Insel habe sie denn einen Blog geführt, der auf der Facebook-Seite ihrer Heimatbuchhandlung verlinkt wurde – so konnte auch diese von ihren irischen Erlebnissen profitieren.

Die dritte im Bunde, Anna Kristkeitz, engagiert sich als Vize-Präsidentin beim Internationalen Kongress der Jungbuchhändler (ICYB). Diesen gibt es seit 1957. Er soll jungen Buchhändlern auf der ganzen Welt einen Austausch ermöglichen. Der einwöchige Kongress der "Buch-Nerds" (Kristkeitz) findet jedes Jahr in einem anderen Land statt – 2009 etwa in Deutschland am mediacampus Frankfurt. Alle Interessenten seien willkommen, so Anna Kristkeitz.  

Die drei waren von ihren Auslandsaufenthalten sichtlich begeistert und machten den Zuhörern Mut, ebenfalls den Sprung ins kalte Wasser zu wagen. Nach der "kleinen Überwindung" (Markl), lerne man jeden Tag dazu. So nehme man viele neue Erfahrungen und Freundschaften mit, und stärke zudem sein berufliches Profil. Man lernt andere Autoren kennen, kann zurückgekehrt "Geheimtipps" an die Kunden weitergeben. Einig war sich das Podium, das ein Auslandsaufenthalt immer "eine Horizont-Erweiterung" sei. Wenn man die Chance bekommt, empfahl Sandra Willmes, "sollte man es unbedingt tun".

Mit auf dem Podium saß Niki Théron von der Internationalen Abteilung der Frankfurter Buchmesse. Niki Théron, die den deutsch-französischen Austausch für die Buchmesse koordiniert, ergänzte, dass sich mehr Verlagsleute als Buchhändler für das Programm interessieren (weil oftmals mit akademischem Hintergrund und daher "sprungbereiter"). Deshalb betont sie: "Buchhändler sind sehr willkommen!" Am Rande sei erwähnt: Théron selbst kam auch über ein Austauschprogramm nach Deutschland und wollte danach nie mehr zurück – auch das ist möglich.

Im deutsch-französischen Programm fänden auch regelmäßig Ehemaligen-Treffen statt. Erstaunlich sei es jedes Mal, zu hören, freute sich Niki Théron, wie sich die früheren "Grenzgänger" weiterentwickelt hätten.

mg