Kurt-Wolff-Preis 2015

Lauter Ruf nach Allianzen

6. Juli 2015
von Börsenblatt

In Leipzig wurde der Kurt-Wolff-Preis verliehen und zugleich ein Bündnis zwischen unabhängigen Verlegern und Buchhändlern beschworen. Kulturstaatsministerin Monika Grütters ehrte die ausgezeichneten Verlage und wartete mit einem überraschenden Bekenntnis auf. 

Ziel der Kurt-Wolff-Stiftung ist die Förderung einer vielfältigen Verlags- und Literaturszene. Alljährlich werden deshalb in Leipzig unabhängige Verlag mit dem Kurt-Wolff-Preis ausgezeichnet, künftig werden mit dem Deutschen Buchhandlungspreis auch Buchhandlungen mit Geldern gefördert. Aber selten wurde das Bekenntnis für eine unabhängige Verlagsszene  - und als Pendant dazu für ein engmaschiges Netz inhabergeführter Buchhandlungen - mit größerer Emphase vorgetragen. Kulturstaatsministerin Monika Grütters verriet, dass sie noch nie ein Buch im Netz oder in einem Buchkaufhaus erstanden habe, ganz so, als sei das ein verwerflicher Akt. 

Und der scheidende Vorsitzende der Kurt Wolff Stiftung, der Bonner Verleger Stefan Weidle (er wird abgelöst durch Britta Jürgs vom Aviva Verlag), sprach von den „gemeinsamen Feinden“ der  unabhängigen Verleger und Buchhändler, er meinte damit den Internetgiganten Amazon und Buchhandelsketten wie Thalia. Aber womöglich ist Weidle da im verständlichen Bemühen, eine Allianz zu beschwören - die der unabhängigen Buchproduzenten und Buchhändler - doch ein bisschen weit übers Ziel hinaus geschossen. Nachvollziehbarer war da schon eher, dass Weidle formulierte, die Verbindung zwischen den unabhängigen Buchhändlern und Verlegern müsse gestärkt werden, dies sei die große Aufgabe der nächsten Zeit. 

Ministerin Grütters erhielt viel Beifall für den Satz, dass die deutsche Literaturlandschaft um ein Vielfaches ärmer wäre, wenn es die kleinen, unabhängigen  Verlage nicht gäbe. Und tatsächlich wird da wohl jeder Leser gern zustimmen, man muss sich ja nur die all die Jahre in Leipzig prämierten Verlagsprogramme (Wagenbach, Wallstein, Verbrecher Verlag, Das Wunderhorn, Matthes & Seitz  Berlin und viele mehr) vor Augen führen, um Grütters Statement ganz offensichtlich bestätigt zu finden. 

Die Politik sei verpflichtet, weiterhin die Bedingungen dafür zu garantieren  (also vor allem die Buchpreisbindung zu erhalten), dass Bücher verlegt werden können, die, frei nach Kurt Wolff, dem Publikumsgeschmack nicht nachrennen, sondern diesen prägen. Doch damit nicht genug, auch das Publikum sei gefordert. Es gelte für jeden, eine Entscheidung zu treffen, entweder für Amazon oder dafür, dass „das Netz geistiger Tankstellen nicht löchrig wird“, mithin die kleinen und mittleren Buchhandlungen im Land überleben.

Ausgezeichnet wurden in diesem Jahr der wunderbare Berliner Berenberg Verlag (mit dem Hauptpreis und 26.000 Euro) und die Connewitzer Verlagsbuchhandlung aus Leipzig (mit dem Förderpreis und 5.000 Euro) Die Laudatorin, die Literaturkritikerin Ina Hartwig, lobte völlig zu Recht verlegerischen Mut, Ausdauer und Eigensinn. Heinrich von Berenberg formulierte es in seinen Dankesworten so: „Wir haben eine Nische besetzt, wir haben  sie ausgebaut und verteidigt.“ Mit klugen und schönen Büchern – so darf man hinzufügen.