Bundesrepublik kauft Thomas-Mann-Villa in Los Angeles

Vor dem Abriss gerettet

18. November 2016
von Börsenblatt
Die Bundesrepublik Deutschland hat die ehemalige Villa von Thomas Mann in Los Angeles (Pacific Palisades) gekauft, der der Abriss drohte. Das Gebäude ist ein wichtiger Erinnerungsort für das deutsche Exil ab den 1940er Jahren.

Die Manns wohnten von 1941 bis 1952 in den Haus und hatten dort zahlreiche emigrierte Literaten, Künstler, Schauspieler und Wissenschaftler zu Gast − darunter Heinrich Mann, Lion Feuchtwanger, Theodor W. Adorno und viele andere. Das Auswärtige Amt bestätigt in einer Mitteilung, dass die Bundesrepublik Deutschland neuer Eigentümer des Thomas Mann-Hauses in Los Angeles ist. Im Rahmen einer Begehung vor Ort wurden der Abgeordneten Doris Barnett stellvertretend für den Deutschen Bundestag die Schlüssel für das Thomas Mann-Haus übergeben. Die in der Nähe gelegene Villa Aurora, Lion Feuchtwangers ehemaliges Wohnhaus, wird vom Auswärtigen Amt bereits als Kulturzentrum genutzt.

"Das Weiße Haus des Exils"

"Ich freue mich, dass es gelungen ist, das Thomas Mann-Haus für Deutschland zu erhalten", erklärt Außenminister Frank-Walter Steinmeier. "Thomas Manns Haus war so etwas wie das 'Weiße Haus des Exils'. Hier war die Heimat für viele Deutsche, die gemeinsam für eine bessere Zukunft unseres Landes gestritten, um die Wege zu einer offenen Gesellschaft gerungen und ein gemeinsames transatlantisches Wertefundament erarbeitet haben. In diesem Geist wollen wir das Thomas Mann-Haus wiederbeleben und hier wie in der German Academy in New York die transatlantische Verständigung fördern."

Laut "Süddeutscher Zeitung" betrug der Kaufpreis 13,25 Millionen Dollar (circa 12,5 Mio. Euro; ohne Steuern und Maklergebühren). In dem Haus hat Thomas Mann den "Dr. Faustus", "Lotte in Weimar" sowie Teile von "Joseph" und "Felix Krull" verfasst.

Unterstützung durch Berthold Leibinger Stiftung und Marbach

Die Villa soll zu einem intellektuellen, kulturellen und politischen Austauschzentrum entwickelt werden. Die Berthold Leibinger Stiftung wird sich laut einer eigenen Medieninformation mit insgesamt 3,5 Millionen Euro an dem Projekt beteiligen. Davon seien 2,5 Millionen Euro über fünf Jahre laufend für mehrere Stipendien vorgesehen und eine Million Euro die Gestaltung eines Raumes mit biografischen, literarischen und politischen Informationen zu Thomas Mann, so die Stiftung.

"Dies ist ein glücklicher Tag in der Geschichte der deutschen Literatur und von größter Bedeutung für die Erforschung der Emigration nach Amerika. Die deutsche kulturelle und politische Präsenz in den USA wird künftig durch das Dreigestirn der Villa Aurora, des Thomas Mann-Hauses und der German Academy in New York außerordentlich sichtbar werden", erklärt Ulrich Raulff, Direktor des Deutschen Literaturarchivs Marbach (DLA), in einer Mitteilung aus seinem Hause. Das DLA werde sich an der Gestaltung eines literarisch-kulturellen Programms im Thomas-Mann-Haus beratend beteiligen.

Hintergrund

Gemeinsam mit der Villa Aurora und den im Kuratorium vertretenen Goethe-Institut und BKM sowie mit Unterstützung insbesondere der Berthold Leibinger- und der Robert-Bosch-Stiftung, des Literaturarchivs Marbach und anderer habe das Auswärtige Amt ein Konzept erarbeitet, nach dem im ehemaligen Wohnhaus Thomas Manns der transatlantische Dialog gestärkt und so das Andenken an Thomas Mann gepflegt werden soll. Es sollen Schwerpunkte gesetzt werden, die grundlegende gesellschaftliche Themen auf beiden Seiten des Atlantiks aufgreifen. Hierzu gehören Identität, Migration und Integration, aber auch Flucht und Exil. Die Villa Aurora eV habe sich bereit erklärt, als Partner vor Ort zur Verfügung zu stehen, so die Mitteilung des Auswärtigen Amtes.

Eine im August gestartete Online-Petition, initiiert von der Literaturnobelpreisträgerin Herta Müller und der Gesellschaft für Exilforschung, hatte die Bundesrepublik Deutschland aufgerufen, das Gebäude zu kaufen und damit vor dem wahrscheinlichen Abriss zu bewahren.