Deutscher Jugendliteraturpreis 2016

"Dieser Preis ist das Herzstück der Buchmesse"

21. Oktober 2016
von Börsenblatt
Auf der Frankfurter Buchmesse wurde der Deutsche Jugendliteraturpreis verliehen: Ausgezeichnet wurden das Bilderbuch "Der Hund, den Nino nicht hatte", das Kinderbuch "Das Mädchen Wadjda", die Jugendbücher "Mädchenmeute" und "Sommer unter schwarzen Flügeln" sowie das Sachbuch "Im Eisland". Den Sonderpreis für das Gesamtwerk erhielt der Schriftsteller Klaus Kordon.

Den Deutschen Jugendliteraturpreis 2016 hat gewonnen

  • in der Kategorie Bilderbuch der Kritikerjury: "Der Hund, den Nino nicht hatte" (Bohem Press) von Autor Edward van de Vendel und Illustrator Anton van Hertbruggen, übersetzt von Rolf Erdorf (der ebenso der Jugendliteraturpreis 60 Jahre alt ist)
  • in der Kategorie Kinderbuch der Kritikerjury: "Das Mädchen Wadjda" (cbt) von Hayfa Al-Mansour, übersetzt von Catrin Frischer. "Deutsche und saudiarabische Kinder haben eine Menge gemeinsam, sie träumen ähnlich, und ich hoffe, dass sie alle sehen, wie wichtig es ist, Träume zu haben", sagte Al-Mansour in einer Videobotschaft. "Ein sehr feinsinniges Buch über ein Mädchen, das sich zunächst gar nicht von einem Mädchen in Deutschland unterscheidet - bis auf die Freiheit", urteilte Birgit Müller-Bardorff, die Vorsitzende der Kritikerjury. "Die arabische Autorin verurteilt nicht, sondern beschreibt aus der Innensicht, was es heißt, ein Mädchen in Saudiarabien zu sein."
  • in der Kategorie Jugendbuch der Kritikerjury: "Mädchenmeute" (rowohlt rotfuchs) von Kirsten Fuchs, "die sieben Mädchen sind Typen, wie wir sie alle kennen, aber die Autorin verfällt nicht in Klischees, sie schreibt wortgewandt, schnoddrig, witzig, mit einer komplexen Sprache"
  • in der Kategorie Sachbuch der Kritikerjury: "Im Eisland" (Hinstorff Verlag) von Kristina Gehrmann,"ein Abenteuerbuch über die Franklin-Expedition, sorgfältig recherchiert. Die Autorin gibt die Seelenlage an Bord eines Schiffes im 19. Jahrhundert wieder, spannend in Szene gesetzt".
  • Die Jugendjury sprach den Jugendliteraturpreis Peer Martins Roman "Sommer unter schwarzen Flügeln" (Oetinger) zu.

"Man darf auch Kinder beunruhigen. Sie sind es ohnenhin."

Den Sonderpreis für das Gesamtwerk erhielt der Schriftsteller Klaus Kordon. Regina Pantos hob als Vorsitzende der Sonderpreisjury Kordons Eigensinnigkeit, seine Knorrigkeit hervor. Mehr als 90 Bücher hat er geschrieben, die in viele Sprachen übersetzt worden sind. "Er baut Brücken in andere Welten, rechrechiert gründlich", lobte Pantos. Kordon erzähle von Konflikten und Widersprüchen, mute seinen Lesern viel zu - Pantos zitierte einen Satz des Schriftstellers, "Man darf auch Kinder beunruhigen. Sie sind es ohnenhin." Zudem begleite seine Leser beim Nachdenken darüber, wie eine friedlichere Welt aussehen könnte, so Pantos. In seiner Dankesrede versprach Kordon mit Blick auf seine "dicken Bücher", diese künftig homöopathischer zu dosieren.

"Die Bücher sind ein Spiegel unserer Zeit"

Zu Beginn hatte Moderatorin Vivien Perkovic ihre drei jugendliche Assistenten vorgestellt, die Sieger des Vorlesewettbewerbs in Hessen, Brandenburg und den Niederlanden. die ihre persönlichen Favoriten vorstellten. Sie gaben auch ihre Erfahrungen beim Vorlesen preis: "Lustige Stellen kommen immer gut an", meinte Luis, der Gewinner des Vorlesewettbewerbs 2016 in Brandenburg.

"Der Deutsche Jugendliteraturpreis genießt auch im Ausland ein großes Renomee", sagte Susanne Helene Becker, die Vorsitzende des Arbeitskreises für Jugendliteratur, die einige Bücher aus 60 Jahren Deutscher Jugendliteraturpreis Revue passieren ließ. "Wir sprechen ja gerne heute von aktivem Altern - mit 60 gehört man lange noch nicht zum alten Eisen", merkte Ralf Kleindiek an, Staatssekretär im Bundesjugendministerium, das den Preis stiftet. "Der Preis ist lebendiger denn je, und er ist politisch relevanter denn je. Die Bücher sind ein Spiegel unserer Zeit, sie beschäftigen sich mit Fragen, die die jungen Leser beschäftigen", konstatierte Kleindiek, der gewohnt locker auf der Bühne agierte. Der Preis sei aber auch fähig, sich zu verändern. Kleindiek versprach, den Jugendliteraturpreis weiter zu unterstützen - "mindestens die nächsten 60 Jahre!": Großer Applaus von seiten der 1500 Zuhörer. Er setzte sich fort, als er eine Erweiterung des Preises ankündigte: eine Auszeichnung für junge Talente.

"Was gibt es Schöneres als Vorlesen?" fragte Börsenvereinsvorsteher Heinrich Riethmüller. "Selten habe ich mich meine Kindern näher gefühlt als beim gemeinsamen Vorlesen." Durch die Auszeichnung von jugendliterarischen Büchern erhielten die Jugendliteratur eine Bühne, die wichtig sei, um wahrgenommen zu werden. "Ich kann mir keine Buchmesse ohne diesen Preis vorstellen", bekannte Buchmessendirektor Juergen Boos, "es ist der Mittelpunkt, das Herzstück dieser Messe. Wir sollten mal überlegen, ob wir die Preisverleihung des Jugendliteraturpreises nicht an den Anfang der Messe stellen?"