Osiander peilt 2014 einen Umsatz von über 60 Millionen Euro an

Investitionen auf allen Ebenen

29. September 2014
von Börsenblatt
Osiander investiert: Das Unternehmen plant neue Standorte in Süddeutschland, vergrößert sein Logistikzentrum, will die zentralen Abteilungen künftig in Tübingen an einer Stelle zusammenholen, und siegt erneut beim Großen Preis des Mittelstandes. „Wir glauben an die Buchbranche und an den stationären Einzelhandel, wollen weiter wachsen“, sagt Geschäftsführer Christian Riethmüller.

Für das Familienunternehmen Osiander ist das Jahr 2014 ein Jahr der großen Nachrichten – und der großen Investitionen. Auf allen Ebenen schaffen die Eigentümer gerade die Voraussetzungen für weiteres Wachstum, spüren dabei nach eigenen Angaben Rückenwind am Markt. „Unser Konzept findet bei den Kunden Anklang“, so Riethmüller. „In Dreiviertel unserer Buchhandlungen sehen wir in diesem Jahr weitere Zuwächse, gerechnet bis September liegen wir jetzt unterm Strich deutlich über zehn Prozent im Plus, flächenbereinigt sind es sieben Prozent.“ Und da es auch im E-Commerce (plus 20 Prozent in diesem Jahr; Anteil am Gesamtumsatz: ca. 7  Prozent) und im Geschäft mit digitalen Inhalten gut läuft (Zuwachs laut Unternehmen dreistellig), steuert Osiander nun auf eine neue Umsatzmarke zu: „Wir werden 2014 zum ersten Mal mehr als 60 Millionen Euro einnehmen.“

Persönliche Nähe hier, Unabhängigkeit dort

Dass es Osiander gelingt, gegen den Branchentrend zu wachsen, ist kein neues Phänomen.
Seit Jahren legt das Tübinger Unternehmen, wie berichtet, zu. Christian Riethmüller führt das vor allem auf das Konzept in den Buchhandlungen zurück – überschrieben mit „Osiander zeigt Profil“. Dieser Satz sei Leitidee und Selbstverpflichtung in einem, sagt er. „Die persönliche Nähe, die wir als Familienunternehmen nach innen und nach außen zu den Kunden hin schaffen, ist unsere größte Stärke.“
Eine weitere Stärke sieht das Unternehmen in seiner Unabhängigkeit – die in der Führungsetage deshalb auch besonders hoch gehalten wird. „Wir wollen uns unsere Unabhängigkeit bewahren, und damit unsere Qualität“, erklärt Riethmüller mit fester Stimme. Man hört es schon, unmissverständlich: Auch in diesem Punkt geht die Familie keine Kompromisse ein.

Investionen in die Logistik, neue Läden und den Cross-Channel-Vertrieb

Die neuen Investitionsvorhaben sollen dazu beitragen, das Unternehmen wetterfest zu machen – durch neues Wachstum im stationären Geschäft, durch verbesserte Cross-Channel- und Service-Angebote für Kunden,  und schlankere, effizientere Prozesse. „Wir glauben an die Buchbranche und an den stationären Handel, wollen weiter wachsen“, betont Riethmüller, weiß aber auch, dass Zuwachs nie ohne Risiko zu haben ist.

„In den nächsten drei Jahren sind unsere Hauptaufgaben Rationalisierung und Controlling – die Kosten dürfen uns nicht davonlaufen, unsere gesamte Organisation muss wirtschaftlich, effizient und effektiv wachsen.“ Dazu nehme man alles unter die Lupe, auch das Leitbild. Zusätzlich würden gerade die Führungsleitlinien überarbeitet und die interne Struktur an die Bedürfnisse eines wachsenden Unternehmens angepasst, „damit wir das Wachstum auf allen Ebenen erfolgreich bewältigen können.“ Im Moment sehe er da jedoch keine Gefahren, sei optimistisch. „Auch dank des Umsatzanstiegs werden wir das Jahr 2014 trotz der vielen Investitionen mit einem vernünftigen Ergebnis abschließen können.“

Investitionsschwerpunkt 1: Expansion des Filialnetzes

Vergangenen Dienstag hat Osiander in Stuttgart, im neuen, citynahen Einkaufszentrum Gerber, seine Buchhandlung Nummer 30 eröffnet. Noch bis Ende des Jahres werden zwei Standorte hinzukommen (in Stuttgart und Pfaffenhofen/Übernahme), außerdem steht – in Böblingen – ein Umzug an. Ab 2015 expandiert die Buchhandelskette dann weiter, nach Schorndorf (Januar/Übernahme) und Lörrach (ca. im März) und Esslingen (2016). Macht, bis dahin: ein Filialnetz mit insgesamt 35 Standorten.  Die meisten der neuen Buchhandlungen kommen auf etwa 400 und 600 Quadratmeter; sind die Flächen größer, wird ein Café mit integriert (Esslingen, Lörrach).  

Eröffnung Ort Ladenfläche  
23.9.2014 Stuttgart 550 qm Einkaufszentrum Geber
2.10.2014 Böblingen 350 qm Einkaufszentrum Mercaden; die bisherige Buchhandlung im City-Center wird geschlossen
9.10.2014 Stuttgart 500 qm Einkaufszentrum Milaneo; Osiander wird dann drei Mal in Stuttgart vertreten sein
Nov. 2014 Pfaffenhofen 400 qm Übernahme der Buchhandlung Pesch
Jan. 2015 Schorndorf 670 qm Übernahme der Buchhandlung Bacher
ca. März 2015 Lörrach 700 qm inklusive Café
2016 Esslingen 800 qm Einkaufszentrum City-Quartier; mit Café

Aller Voraussicht nach passiert in den kommenden Jahren aber noch mehr. Gut denkbar, dass das Unternehmen auf seinem Weg sogar die Mayersche (aktuell: 43 Standorte) überholt – am Regionalfilialisten Rupprecht (31 Standorte) ziehen die Tübinger bereits in wenigen Wochen vorbei.

Riethmüller zufolge ordnet Osiander derzeit seine internen Prozesse, rüstet sichfür bis zu 60 Filialen – in Süddeutschland. Osiander denkt dabei langfristig, will bewusst wachsen,  und dabei seinen Expansionsradius, derzeit 200 km rund um Tübingen, nur langsam vergrößern.

Das Interessekonzentriert sich also, ähnlich wie bisher, auf die Bundesländer Baden-Württemberg, Bayern, Hessen und Rheinland-Pfalz. Voraussetzung, laut Riethmüller: „Es sollte kein anderer Regionalfilialist vor Ort aktiv sein.“ Osiander werde zum Beispiel nicht nach Nordrhein-Westfalen gehen, wo die Mayersche alteingesessen sei. Oder auch nicht in Städte, in denen etwa Pustet arbeite. „Erstens haben wir viel zu gute Beziehungen, und zweitens machen sie es einfach zu gut.“

Die Kritik an der Expansionsstrategie, die es hin und wiederin der Vergangenheit gab, kennt er, verweist jedoch auf die Praxis: „Wir stellen jedes Mal fest, dass die Stimmung in einer Stadt schon nach der Eröffnung zu unseren Gunsten kippt, weil die Leute merken, dass wir uns genau auf ihre Wünsche einstellen und ihnen Services bieten, etwa die Fahrradkurriere, die sie sonst nirgends finden.“ Die Umsätze sprächen da eine klare Sprache.

Investitionsschwerpunkt 2: Logistik- und Versandzentrum

Um das Wachstum intern zu verkraften, und weiterhin selbst dem anspruchsvollsten Kunden zu genügen, investiert Osiander in sämtliche Prozesse, die im Hintergrund ablaufen: Im Tübinger Stadtteil Derendingen bekommt das Logistik- und Versandzentrum mehr Platz. Von Erbe Elektromedizin wurden unweit des alten Logistikzentrums (800 Quadratmeter) im Sommer dafür 3.000 Quadratmeter angemietet – für die Dauer von zehn Jahren.

Osiander hat in der Halle mittlerweile eine neue Förder- und Sortieranlage eingebaut, ist mit seiner Logistikabteilung umgezogen und beliefert von hier aus seit rund zwei Wochen sowohl die eigenen Filialen als auch Endkunden, die via Webshop ordern. „Das neue Logistikzentrum verbessert unsere Lage deutlich“, so Riethmüller. „Vorher haben wir noch vieles traditionell in Handarbeit erledigt, jetzt können wir innerhalb der gleichen Zeit ein Viertel mehr Ware umschlagen, sind effizienter, entlasten zugleich unsere Mitarbeiter und verbessern unseren Service für Kunden.“

Der Endkundenversand, den zuletzt KNV teilweise übernommen hatte, will Riethmüller demnächst wieder komplett ins Haus holen („Auch so zeigt sich Unabhängigkeit: Was wir selbst machen können, machen wir auch selbst“). Er verspricht sich dadurch Vorteile u.a. beim Kundenservice (Geschenkverpackungen, Beilagen etc.).

In der Buchbranche ist das eher untypisch. Andere Filialisten, etwa die Mayersche, lagern die Positionen Wareneingang, Logistik und Versand bekanntermaßen an Dienstleister aus – was Osiander ablehnt. Riethmüller: „So wie wir aufgestellt sind, bringt uns Outsourcing auf der Kostenseite keine Vorteile.“

Investitionsschwerpunkt 3: neue Zentrale in Tübingen

Das Unternehmen wird derzeit noch von drei Bürostandorten aus gelenkt, die zwar alle in Tübingen liegen – aber nicht nah beieinander. Das soll sich ändern: Laut Riethmüller ist geplant, die zentralen Abteilungen (Geschäftsleitung, Marketing, IT, Personal, Rechnungswesen, Service, E-Commerce) im Lauf des ersten Quartals 2015 an einem Ort zusammenzubringen. „Dahinter steht ein klares Bekenntnis zum Wachstum, zum Standort Tübingen und zur Leistungsfähigkeit von Osiander.“

Direkt neben der Logistikhalle in Derendingen will Osiander von Erbe Elektomedizin zusätzlich Bürofläche anmieten. Bisher arbeiten dort ca. 60, nach Zusammenlegung aller Abteilungen, werden es etwa 100 sein, bei weiterem Wachstum sogar noch mehr (Anzahl der Vollzeitstellen im Unternehmen derzeit insgesamt: ca. 450). Unterm Strich investiert Osiander nach eigenen Angaben in die neue Zentrale und das Logistikzentrum mehr als 500.000 Euro.

Investitionsschwerpunkt 4: Cross-Channel-Angebote

In den Ausbau des Webshops und das Geschäft mit digitalen Inhalten investiert Osiander schon länger – schießt in diesem Jahr noch einmal nach: Rund 100.000 Euro kostete die eigenen App. In der ersten Version, die seit Mai am Markt ist, können Kunden einkaufen, die Verfügbarkeit von Titeln in den Filialen prüfen und mit der Scan-Funktion Bücher auf eine Merkliste setzen. Die App zeigt zudem an, ob ein Titel auch als E-Book erhältlich ist, es gibt Hinweise auf Besprechungen, Veranstaltungen und Aktionen.

Der Webshop soll in diesem Jahr ebenfalls noch einmal aufgewertet werden: Hier arbeitet Osiander an den Suchfunktionen. Damit Kunden in dem mit rund acht Millionen Artikeln gefüllten Katalog schneller ans Ziel kommen, hat das Unternehmen intern eine neue Suchmaschine entwickelt. Sie läuft aktuell in der Betaphase.  

Großer Preis des deutsches Mittelstandes 2014

Osiander erregt mit seinen Aktivitäten weit über die Grenzen der Buchbranche hinaus Aufmerksamkeit. Mitte September konnte die Geschäftsführung in Nürnberg erneut den „Großen Preis des deutschen Mittelstandes“ für das Bundesland Baden-Württemberg entgegennehmen (www.mittelstandspreis.com). Insgesamt waren diesmal 4.555 Unternehmen im Rennen.