Umstrittene Inhalte

Bibliothek darf Warnhinweise zu Büchern geben

17. April 2025
Redaktion Börsenblatt

Die Stadtbücherei Münster hatte in einem zur Ausleihe zur Verfügung gestellten Buch einen Warnhinweis angebracht. Das ist erlaubt, entschied jetzt das Verwaltungsgericht Münster und lehnte einen entsprechenden Antrag des Autors auf Erlass einer einstweiligen Anordnung dagegen ab. Der Autor hatte in dem betreffenden Buch historische Fakten, etwa über die Mondlandungen, negiert.

Außenansicht der Stadtbücherei Münster

Das Verwaltungsgericht Münster spricht in einer Mitteilung zu seinem Beschluss vom 11. April von einem "Einordnungshinweis", den die Stadtbücherei Münster in einem zur Ausleihe zur Verfügung gestellten Buch angebracht hat. Das verletze nicht die Grundrechte des Autors. Daher habe das Verwaltungsgericht einen entsprechenden Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung abgelehnt.

Die Stadtbücherei Münster hatte 2024 zwei Bücher ihres Bestands mit einem Einordnungshinweis versehen, der in seiner letzten Fassung wie folgt lautet: "Dies ist ein Werk mit umstrittenem Inhalt. Dieses Exemplar wird aufgrund der Zensur-, Meinungs- und Informationsfreiheit zur Verfügung gestellt." Hiergegen hatte sich der Autor eines der betroffenen Bücher mit einem Eilantrag an das Verwaltungsgericht gewandt und die Entfernung sowie die zukünftige Unterlassung entsprechender Hinweise in seinen Büchern verlangt.

Darum lehnt das Gericht den Eilantrag ab:

"Dieses Begehren hatte jedoch keinen Erfolg", teilt das Verwaltungsgericht mit. Denn unter anderem sei der Einordnungshinweis von der gesetzlichen Aufgabenzuweisung für öffentliche Bibliotheken in Nordrhein-Westfalen, denen unter anderem ein Bildungsauftrag zukomme, gedeckt. Die Stadtbücherei Münster dürfe zu den von ihr zur Ausleihe bereitgestellten Werken inhaltlich Stellung nehmen. Dies gelte sowohl in positiver Hinsicht – etwa in Form von Leseempfehlungen für einzelne Werke – als auch in negativer Hinsicht in Form von kritischen Hinweisen. Allerdings: Mit dem gesetzlichen Auftrag wäre es hingegen nicht vereinbar, eine öffentliche Bibliothek darauf zu beschränken, Medien allein passiv zur Ausleihe bereit zu stellen.

Eine besondere gesetzliche Grundlage für den Hinweis sei nicht erforderlich, weil der Hinweis den Autor nur mittelbar-faktisch beeinträchtige und weder von seiner Intensität noch von seinen Wirkungen einem zielgerichteten Grundrechtseingriff gleichstehe, so das Gericht.

Einer Neutralitätspflicht, wie sie die Rechtsprechung bei Äußerungen von Hoheitsträgern über politische Parteien annehme, unterliege die Stadtbücherei im Verhältnis zum Antragsteller nicht. Vielmehr müsse sie insofern die Anforderungen des Sachlichkeitsgebots wahren, die im vorliegenden Fall erfüllt seien. Der Einordnungshinweis stelle ein Werturteil dar, das auf einem vertretbar gewürdigten Tatsachenkern beruhe. Dies ergebe sich bereits daraus, dass in dem Buch des Antragstellers mehrere gesicherte historische Ereignisse – etwa die Atombombenexplosionen in Hiroshima und Nagasaki oder die bemannten Mondlandungen – negiert würden. Die Negierung von historischen Fakten könne ohne weiteres dahingehend gewürdigt werden, dass der Inhalt umstritten sei.

Anhaltspunkte dafür, dass der Einordnungshinweis auf sachfremden Erwägungen beruhe, weil neben dem Buch des Antragstellers bislang nur ein weiteres Buch einen entsprechenden Hinweis erhalten habe, seien nicht ersichtlich. Insbesondere sei es nicht willkürlich, dass die Stadtbücherei die Werke im Wesentlichen anlassbezogen prüfe, das heißt, wenn sich Nutzerinnen oder Nutzer der Bücherei – wie im vorliegenden Fall – darüber beschwerten oder sie sonstige Hinweise auf einen umstrittenen Inhalt erhalte. Der Einordnungshinweis erweise sich schließlich auch nicht als unverhältnismäßig.

Ein Autor von Thesen, die historische Fakten negierten, müsse laut Verwaltungsgericht aushalten, dass dieser Umstand von öffentlichen Bibliotheken im Rahmen ihres gesetzlichen Auftrags zum Anlass genommen werde, sich in sachlicher Form kritisch mit einem solchen Werk auseinanderzusetzen.

Gegen den Beschluss, der noch nicht rechtskräftig ist, kann innerhalb von zwei Wochen Beschwerde eingelegt werden, über die das Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen entscheidet.