„Der sogenannten ,Künstlichen Intelligenz‘ (KI) entkommt man seit ihrer enorm raschen Entwicklung und Verbreitung in den vergangenen Jahren kaum noch. Vollständig absehbar sind die letztendlichen Auswirkungen auf menschliche Interaktion, Kommunikation, Arbeit und vieles mehr noch nicht; dass sie bedeutend sein werden, steht außer Frage. Während manche angesichts dieser schönen neuen Welt in technikverliebte Begeisterung verfallen, malen andere in schwärzesten Farben eine dystopische Maschinenzukunft aus und wieder andere stecken milde panisch den Kopf in den Sand und suchen zu verneinen, dass hier überhaupt etwas Wesentliches passiert sei.
Eva Weber-Guskar tut in ihrem eminent kompetenten und lesbaren philosophischen Essay nichts von dem. Vielmehr schaut sie sehr genau hin, beschreibt aufs Präziseste die Funktionsweise der ins Visier genommenen ,Large Language Models‘ und die anthropologischen Vorannahmen, mit denen ihre jeweiligen Entwickler arbeiten. Das ist insbesondere bei den KI-Applikationen, die für emotionale Interaktionen mit Menschen entwickelt werden und auf die sich das Buch konzentriert, unglaublich aufschlussreich, zeigt doch die Autorin im Durchgang durch alle möglichen Varianten der Emotionstheorie, mit wie vielen Unwägbarkeiten über den Menschen es das sogenannte ,Affective Computing‘ zu tun bekommt.
Weber-Guskar befasst sich intensiver und kenntnisreicher mit den aktuellen technologischen Entwicklungen als die meisten ihrer Zunft, sie scheut das Empirische nicht und sucht auch innerhalb der Wissenschaften den interdisziplinären Austausch. Ihr Essay bleibt auch angesichts kompliziertester Sachverhalte stets verständlich, und im Tonfall, gerade angesichts der Ängste und Unsicherheiten, die das Thema KI oft auslöst, spektakulär gelassen und sachlich. Die Philosophin beschreibt, analysiert, wägt ab – und sie scheut sich nicht, wohlfundierte Urteile zu fällen darüber, wie Gesellschaft und Politik mit technologischen Innovationen umgehen sollten. Kurz: ein Text, der im besten Sinne nicht nur geistig, sondern auch ganz praktisch aufklärt über die Welt, in der wir leben.“