Jung & exzellent

Jana Lissek und Norma Schneider: Gemeinsam Haltung zeigen

11. Juli 2025
Redaktion Börsenblatt

Norma Schneider und Jana Lissek haben unterschiedliche Wege in die Buchbranche gefunden – aber eine gemeinsame Haltung: Es braucht mehr Sichtbarkeit, mehr Diversität und mehr Zusammenarbeit. In einem Gespräch mit Börsenblatt-Redakteur Kai-Uwe Vogt sprechen sie über Lebensentscheidungen, Sprachgrenzen, politische Verantwortung – und die Bücher, die sie geprägt haben.

 

Pocast-Cover: Jung & exzellent

Podcast-Cover Jung & exzellent mit Jana Lissek und Norma Schneider

"Nicht alles, was sich verkauft, muss gemacht werden"

Norma Schneider arbeitet als freie Lektorin, Autorin und Journalistin – mit einem klaren inhaltlichen Schwerpunkt: queeres Leben im sogenannten "postsowjetischen Raum". Ihr Engagement zeigt sich auch in der Sprache: Sie lernte Russisch, um Interviews vor Ort führen zu können. Ihr Weg war nicht gradlinig, aber konsequent und führte sie an Stationen wie das Theater oder zum Radio, schließlich in die Verlagsbranche. Schneider beschreibt den entscheidenden Wendepunkt so: "Ich dachte lange, das Freiberufliche sei ein Zwischenstadium – bis ich gemerkt habe: Genau das ist mein Ding."

Jana Lissek, Foreign Rights Managerin bei Diogenes, hat ebenfalls gelernt, sich auf Wandel einzulassen. Ihre Rückkehr aus Frankreich nach Jahren des Studiums und Arbeitens dort war pandemiebedingt – aber auch eine Neuorientierung. Heute lebt sie in der Schweiz, sorgt dafür, dass Diogenes-Titel in anderen Ländern verlegt werden, und engagiert sich in Netzwerken wie Zora Litt oder den Jungen Verlagsmenschen.

Mit Blick auf den gesellschaftlichen Rechtsruck warnen sie davor, den "Markt" zu bedienen und Bücher mit Hetze, Hass und Panikmache zu verlegen, die zur Spaltung der Menschen beitragen. Ein zentrales Thema im Gespräch ist die Frage nach Verantwortung – auch jenseits des wirtschaftlichen Drucks. Schneider formuliert es deutlich: "Die Branche muss sich klar zur Demokratie und Vielfalt bekennen. Nicht alles, was sich gut verkauft, ist vertretbar." Lissek wünscht sich mehr Mut zu Übersetzungen – gerade aus Sprachen, die nicht im Zentrum stehen: "Diversität will nichts Böses. Sie will nur existieren."

Den Live-Talk gibt's auch im Video zu sehen und zu hören

Netzwerke statt Konkurrenzdenken

Beide betonen, wie wichtig Austausch ist – vor allem für Berufseinsteiger:innen. Lissek sagt: "Gerade in einer Branche, in der man nicht reich wird, braucht es Orte, um offen über Arbeitsbedingungen zu sprechen – und über Strategien, sie zu verbessern." Für sie bedeutet Netzwerken nicht Visitenkarten tauschen, sondern über Inhalte reden: "Zum Glück haben wir alle ein gemeinsames Interesse: Bücher, das macht das Netzwerken leichter."

Schneider ergänzt: "Ich bin in vielen Netzwerken aktiv – und treffe dort immer wieder Menschen, die mit unglaublicher Energie sehr spezifische Themen verfolgen. Das inspiriert mich." Und schließt nicht aus, dass sie selbst auch längst  als Inspiration für andere dient.

Buchempfehlungen mit Tiefgang

Norma Schneider empfiehlt "Donezk Girl" von Tamara Duda, erschienen bei Edition Europastraße im Mauke Verlag. Das Buch zeigt, was es heißt, unter russischer Okkupation zu leben – aus ukrainischer Perspektive. Der Roman ist noch vor der russischen Vollinvasion erschienen.

Jana Lissek stellt das Debüt "Wohin du auch gehst" von Christina Fonthes (Diogenes) vor: eine poetische, kraftvolle Erzählung über queeres Leben zwischen Kinshasa und London.

 

#yeaward25: Entscheidung per Publikumswahl

10 Young Professionals sind für den Börsenblatt Young Excellence Award der Börsenvereinsgruppe nominiert. Bis zum 14. Juli ist die Wahlkabine geöffnet - der Award wird per Publikumswahl entschieden.

Jana Lissek

… ist Foreign Rights Managerin beim Diogenes Verlag in Zürich. Sie hat in Frankreich studiert, lebt heute in der Schweiz – und setzt sich für kulturellen Austausch und mehr Diversität in der Branche ein.

Norma Schneider

… arbeitet als freie Lektorin, Autorin und Journalistin. Ihre Themen: Sprache, Identität, queeres Leben. Sie schreibt unter anderem für ZEIT Online und hat mehrere Buchverträge, u. a. mit Verbrecher Verlag und Reclam.