Jahrescharts 2021: Belletristik Independent

Indies: "Der Trafikant" auf Platz 1

29. Dezember 2021
von Matthias Glatthor

Robert Seethaler steht mit seinem Longseller "Der Trafikant" an der Spitze unserer Jahrescharts Belletristik Independent. Die kanadische Krimiautorin Louise Penny ist gleich siebenmal vertreten. Auch zwei Titel von Tsitsi Dangarembga, Friedenspreisträgerin 2021, haben es ins Ranking geschafft.

An der Spitze der Belletristik-Independent-Charts 2021 (meistverkaufte Bücher aus dem Bereich Belletristik unabhängiger Verlage) liegt ein äußerst erfolgreicher Dauerbrenner: "Der Trafikant" (Kein & Aber; TB-Ausgabe 2013) von Robert Seethaler – der auch zur Schullektüre zählt. Im vergangenen Jahr etwa holte der Titel den zweiten, im Jahr davor den ersten Platz. 2021 konnte der Zürcher Verlag weit über 100.000 Exemplare verkaufen, sagt Ulle Bourceau, die ab 1. Januar Mitglied der Geschäftsführung wird. Seit Erscheinen sei das Taschenbuch 1,1 Millionen Mal über den Ladentisch gegangen (alle Ausgabearten: 1,2 Millionen Mal). Mit "Ein Wochenende" (ET: 13. Juli 2021; Ü: Brigitte Walitzek) von Charlotte Wood, verbucht der Verlag auch den dritten Platz in den Charts.

54 Titel von Kein & Aber finden sich in den Monatslisten Januar bis November (275 Plätze), noch besser schneidet ein weiterer Verlag aus Zürich ab: Kampa kommt 69 Mal vor – 57 Mal davon mit Krimis aus der Gamache-Reihe der kanadischen Autorin Louise Penny. In den Jahrescharts stehen sieben Titel von ihr, auf der Zwei "Das Dorf in den roten Wäldern" (ET: 11. Februar 2019; Ü: Andrea Stumpf, Gabriele Werbeck), der erste Gamache-Fall. 2021 habe man fast 200.000 Penny-Krimis verkauft, so Verleger Daniel Kampa – insgesamt seien es weit über 500.000. Anfang Februar komme der elfte Fall für Gamache, "Totes Laub", im Sommer folge ein weiterer. Es liege bereits genug Original-Stoff für weitere zwei Jahre vor. Zudem schreibe Penny jedes Jahr einen neuen Fall, so Daniel Kampa.

Wie kam Penny zu Kampa? "Bei der Verlagsgründung war klar", erläutert Kampa, "dass wir neben der Literatur einen Krimi-Schwerpunkt haben werden". Man war also auf der Suche nach neuen Autoren. "Ich persönlich liebe Kanada und bin so auf die Reihe gestossen, von denen bereits vier Bände auf Deutsch erschienen waren, aber ohne Erfolg und die auch schon vergriffen waren." Die Agentur habe also eine neue Heimat für die Autorin gesucht, die weltweit erfolgreich war, aber eben nicht in Deutschland. Kampa fährt fort: "Als ich den neuen Band (es war der 13.) und den 1. Fall las, war für mich nach wenigen Zeilen alles klar." Ihm sei bewusst gewesen, das die Reihe Suchtpotenzial biete, er sei sozusagen das erste Opfer gewesen. "Auf jeden neuen Fall, den Louise Penny in der Regel im Sommer schickt, freue ich mich, es ist dann wie Weihnachten – nur eben im Sommer."

Der Kampa Verlag hatte 2021 auch durch Zukäufe, darunter kürzlich Schöffling & Co., für Aufsehen gesorgt. Siehe Börsenblatt online:

Weiter fällt in den Indie-Charts auf: Immerhin noch auf Platz 4 landet "Annette, ein Heldinnenepos" (Matthes & Seitz Berlin), mit dem Anne Weber 2020 den Deutschen Buchpreis gewann und auch den ersten Platz der Indie-Jahrescharts einfuhr.

Zwei Titel der Friedenspreisträgerin dabei

Mit zwei Titeln ist die Friedenspreisträgerin 2021, Tsitsi Dangarembga (Zimbabwe), dabei. "Aufbrechen" (Orlanda; ET: 15. Dezember 2019; Ü: Ilija Trojanow) auf Platz 9 und "Überleben" (Orlanda; ET: 1. September 2021; Ü: Anette Grube) auf Platz 20. Band Eins und Drei ihrer halbautobiografischen Trilogie um das Mädchen Tambu. "Wir haben nach der Bekanntgabe der Verleihung des Friedenspreises auf jeden Fall deutlich mehr Bücher des ersten Titels 'Aufbrechen' verkauft als vorher", sagt Verlegerin Annette Michael. Man habe bis Juni 2021 circa 1.000 Exemplare von "Aufbrechen" abgesetzt und war trotz der übersichtlichen Verkaufszahlen dabei, "Überleben" zu übersetzen, "weil wir die Bücher von Tsitsi Dangarembga für hervorragend und wichtig halten". Der Preis habe einen Schub gegeben, der sich nach ihrer Rede in Frankfurt auch nochmals verstärkt hätte.

Zunächst sind Band 1 und 3 erschienen, warum kommt der mittlere später? "Der mittlere Band der Trilogie 'Verleugnen' wird im September 2022 erscheinen. Grund für die Verzögerung war ein Rechtewechsel im Hintergrund. Wir freuen uns sehr, dass die Trilogie dann komplett sein wird", so Annette Michael.

Der Erfolg bedeute für den Verlag eine Bestätigung der programmlichen Ausrichtung. Michael weiter: "Das deutete sich ja schon Anfang des Jahres 2021 an, als 'Mist, die versteht mich ja!' von Florence Brokowski-Shekete auf der Spiegel-Bestseller-Liste landete. Wir haben jetzt mehr finanzielle Freiheit, um weitere wichtige Titel, von denen ja viele aufgrund unseres Programmfokus Übersetzungen sind, auf den Markt zu bringen. Wir schauen also zuversichtlich ins neue Jahr."

Link zu den Jahrescharts 2021

Unsere kompletten Jahrescharts 2021 Belletristik, Sachbuch, Ratgeber, Kinder- und Jugendliteratur, Krimi, Romanhafte Biografien sowie Belletristik Independent finden Sie hier: 

https://www.boersenblatt.net/thema/jahresbestseller-2021

 

Mehr zu den Jahrescharts 2021 und eine Auswertung der 51 Wochencharts lesen Sie im Börsenblatt 51/52, das am 30. Dezember erscheint.