Glückwunsch für Karin Schmidt-Friderichs

Beziehungsmensch mit Möglichkeitssinn

29. Oktober 2020
von Börsenblatt

Karin Schmidt-Friderichs ist seit einem Jahr Vorsteherin des Börsenvereins – und in der Corona-Krise genau die Richtige für diesen Job. Das schreibt Felicitas von Lovenberg in ihrem Glückwunsch zum Geburtstag der Verlegerin, die am heutigen Donnerstag, 29. Oktober, 60 Jahre alt wird.

Zu Beginn dieses Jahres, Covid-19 war noch weit weg, hielt Karin Schmidt-Friderichs auf der Jahrestagung der IG Belletristik und Sachbuch in München ihre erste öffentliche Rede als neue Vorsteherin des Börsenvereins. Wie es ihre Art ist, ging sie gleich im ersten Satz aufs Ganze: »Zum Jahreswechsel habe ich mich gefragt, was wäre, wenn wir alle immer nur Jahresverträge hätten, wenn wir uns alle fragen müssten und fragen würden, ob wir uns auf die Stelle, die wir gerade inne­haben, wieder bewerben wollen. Auf diese Stelle. In diesem Unternehmen. In dieser Branche.« 
Sie sprach über die Notwendigkeit, nach vorn zu denken, jeder für sich und Teams und Unternehmen miteinander, um Menschen aller Altersgruppen fürs Buch zu gewinnen, und von der Notwendigkeit, immer mal wieder innezuhalten für »eine Inventur des Wissens, des Wesens und der Werte«. Die Ansprache war ein Plädoyer und eine Einladung – dazu, sich fürs Lesen, die Bücher und unsere Branche reflektiert zu begeistern, immer wieder aufs Neue, und das am besten gemeinsam.
Die Rede bringt für mich vieles zum Ausdruck, was Karin Schmidt-Friderichs auszeichnet. Form und Inhalt, Äußeres und Inneres gehören für die ehemalige Architektin, die als junge Frau unter anderem bei dem bekannten Fotografen F. C. Gundlach ihren Blick schulte, untrennbar zusammen. 
Die Überzeugung, dass die passende Form dem Inhalt sein eigentliches Gewicht verleiht, dass die Gestaltung und Haptik eines Einbands und die Eleganz einer Typo unmittelbar auf den Eindruck des Geschriebenen wirkt, leitet sie auch als Verlegerin des 1992 von ihr und ihrem Mann Bertram Schmidt-Friderichs in Mainz gegründeten Hermann Schmidt Verlags. Jedes der kleinen, feinen Programme zeugt von der gemeinsamen Leidenschaft für Vielfalt mit Sorgfalt, von ihrem Möglichkeitssinn und seinem Blick fürs Detail. Hier erscheinen keine Reihen, sondern Buch­individuen. Im Verlag Hermann Schmidt werden Bücher als »Slow Food« fürs Hirn verstanden, als Liebeserklärungen an die Leser. 
 

Begeisterung, die ansteckt

Karin Schmidt-Friderichs ist eine begeisterungsfähige und Begeisterung weckende Verlegerin – wer eine Programmvorstellung von ihr erlebt, möchte anschließend jedes einzelne Buch sein Eigen nennen, ganz abgesehen von den mittlerweile legendären Kalendern. Als langjährige Vorsitzende der Stiftung Buchkunst war sie eine Idealbesetzung und hat viel dafür getan, dass auch andere wahrnehmen, dass optimale Buchgestaltung viel mehr als Handwerk ist.
Auch uns hat die Freude an schönen und schönsten Büchern zusammengeführt: Bei einer Preisverleihung der Stiftung Buchkunst haben wir uns kennengelernt, und bei meinem Wechsel auf die Verlagsseite war Karin eine der Ersten, die mir mit Rat und Tat zur Seite standen. Ihr waches Gespür für sinnstiftende Kommunikation und ihr Wissen um Markenbildung und grafische Gestaltung, vor allem aber ihre tiefe Überzeugung, dass Unternehmen und Menschen dann am besten sind, wenn sie ihr Potenzial ausschöpfen, und dass das nicht in erster 
Linie eine Frage des Wettbewerbs ist, hat sie zu einer der gefragtesten Beraterinnen der Verlagsbranche gemacht.  
Was auch immer Karin Schmidt-Friderichs tut, sie streckt sich nach der Decke. Das leitet sie im persönlichen Umgang ebenso wie in professionellen Belangen. Zugute kommen ihr dabei ihr moderierendes, konsens­suchendes Wesen und ihre Neugier. Etwas so zu machen, wie es immer schon gemacht wurde, nur weil es immer schon so gemacht wurde, käme ihr nicht in den Sinn. 
 

Karin Schmidt-Friderichs hinterfragt ständig – Ziele, Gegebenheiten, Bedingungen, Abläufe, Überzeugungen. Und nicht zuletzt sich selbst.  

Felicitas von Lovenberg, Piper-Verlegerin und Vorstandsmitglied im Börsenverein

Mit Elan und Disziplin

Sie hinterfragt ständig – Ziele, Gegebenheiten, Bedingungen, Abläufe, Überzeugungen. Und nicht zuletzt sich selbst. Das ist für ihre Umgebung nicht immer bequem, aber es ist immer anspornend.
Dabei ist sie ein ausgeprägter Familienmensch und hat trotz der Beanspruchung des neuen Amts ihrer Tochter zur Geburt des vierten Enkelkinds mehrere Wochen Großmutterdienste geschenkt. Und sie und ihren Mann Bertram zusammen zu erleben, vermag selbst Zynikern den Glauben an die große Liebe wiederzugeben.
Ihr erstes Jahr als Vorsteherin ist ein ganz anderes geworden, als man es ihr gewünscht hätte. Corona hat aus dem Ehrenamt der Vorsteherin einen Vollzeitjob mit dauernden Überstunden gemacht. Viele ihrer hervorstechendsten Qualitäten konnte die Branche mangels Gelegenheit noch gar nicht richtig erleben: ihren Optimismus, ihre Begeisterung für neue Ideen, ihren strahlenden Charme und Humor. 
Dafür ist offenkundig, mit wie viel Elan und Disziplin sie sich gerade in dieser herausfordernden Situation in den Dienst der Branche und des Verbands stellt, wie wichtig ihr die Nähe zu den Mitgliedern ist und wie unermüdlich sie sich für den Erhalt der Vielfalt sowohl auf Verlags- wie auf Buchhandlungsseite einsetzt. Und noch etwas konnte man in den letzten Monaten unter ihrer Ägide erleben: dass Umbrüche und Veränderungen immer auch Chancen bergen.  
Liebe Karin, du bist ein leidenschaftlicher Beziehungsmensch, der all seine Engagements, Verbindungen und Verpflichtungen stets persönlich meint und lebt. Das bei der gemeinsamen Vorstandsarbeit und darüber hinaus immer wieder aufs Neue erleben zu dürfen, ist beglückend und inspirierend. Zu deinem Geburtstag wünsche ich dir alles Gute, Freude, Kraft, Erfüllung und natürlich Gesundheit. Und falls du dich zum Ende dieses turbulenten Jahres fragen solltest, ob du an dieser Stelle, in dieser Branche und in dieser Zeit richtig bist, kann ich nur sagen: ja, ja und nochmals ja. Hoch sollst du leben!