Urheberrechtsreform

Börsenverein begrüßt Wiederherstellung der Verlegerbeteiligung

20. Mai 2021
von Börsenblatt

Der Börsenverein äußerte sich heute zur Umsetzung der EU-Urheberrechtslinie in deutsches Recht. Zwar begrüße er die gesetzliche Wiederherstellung der Verlegerbeteiligung, sieht das Urheberrecht aber zulasten der Kreativwirtschaft geschwächt. Positiv wertet der Verband die Tatsache, dass das Gesetz noch keine Regelung zum E-Lending enthält.

Heute wurde das „Gesetz zur Anpassung des Urheberrechts an die Erfordernisse des digitalen Binnenmarktes“ vom Deutschen Bundestag verabschiedet. Entschieden wurden unter anderem über die Verantwortlichkeit von Upload-Plattformen wie YouTube, zum Text und Data Mining oder zum Presseleistungsschutzrecht.

Wichtig für die Buchbranche ist die gesetzliche Regelung zur Verlegerbeteiligung. Verlage erhalten künftig wieder einen Ausgleich, wenn ihre Publikationen privat kopiert, durch Bibliotheken verliehen oder sonst in gesetzlich erlaubter Weise genutzt werden.

Dies war bisher durch Gerichtsurteile seit 2015 nicht mehr möglich und führte zu Einnahmeausfällen von insgesamt über 200 Millionen Euro, wie der Börsenverein mitteilt.

„Wir begrüßen es sehr, dass Verlage im Rahmen des heute beschlossenen Regelungspakets endlich wieder an den Ausschüttungen der Verwertungsgesellschaften beteiligt werden können und der Fortbestand der VG Wort als gemeinsamer Verwertungsgesellschaft von Autor*innen und Verlagen gesichert ist“, so Hauptgeschäftsführer Alexander Skipis. „In seiner Gänze markiert das Gesetzespaket allerdings eine weitere Abschwächung des urheberrechtlichen Schutzniveaus zugunsten der Plattformen und ihrer Nutzer*innen. Die EU-Richtlinie hätte eigentlich vorgesehen, die großen Internetplattformen deutlich stärker in die Pflicht zu nehmen und Lizenzierungen zu stärken, statt Bagatellgrenzen für Werknutzungen einzuführen, die in der Richtlinie gar nicht angelegt sind. Dies schadet langfristig allen in der Kreativwirtschaft tätigen Akteuren und vereitelt das Entstehen eines funktionierenden europäischen Binnenmarktes für geistige Leistungen.“ 

Außerdem wurde eine vorzeitige Entfristung der Schrankenregelungen des Urheberrechts-Wissensgesellschafts-Gesetz beschlossen. Diese hält der Börsenverein für verfehlt und verfassungsrechtlich zweifelhaft. Der Gesetzgeber habe die Befristung bis 2023 ausdrücklich angeordnet, um überprüfen zu können, ob durch das Gesetz der Primärmarkt für die Werke wissenschaftlicher Autor*innen und Verlage in verfassungsrechtlich relevanter Weise leidet.

Der Börsenverein teilt mit, dass inzwischen Daten vorliegen, die einen signifikanten Rückgang der Verkäufe belegen. „In einer Entfristung ohne vorherige Evaluierung sieht der Börsenverein eine große Gefahr für den wissenschaftlichen Publikationsmarkt. Letztlich würde dadurch Lehrenden und Lernenden an Hochschulen geschadet“, so der Börsenverein in seiner Mitteilung an die Presse weiter.

Positiv stellt der Verband heraus, dass das Gesetz keine Regelung zum E-Lending in öffentlichen Bibliotheken enthält. Ein etwaiger Vorschlag war kurzfristig vom Bundesrat eingebracht worden. Im Vorfeld hatte sich der Börsenverein ausdrücklich dagegen ausgesprochen. Er will stattdessen in Gesprächen mit dem Deutschen Bibliotheksverband zu praktikableren Lösungen gelangen.  

 

Das sagt Monika Grütters zur Urheberrechtsreform

„Ein starkes und durchsetzbares Urheberrecht ist die Grundlage für ein lebendiges kulturelles Leben. Nur ein wirksamer Schutz des geistigen Eigentums gewährleistet, dass Kreative auch im digitalen Zeitalter von ihrer Arbeit leben können. Kulturelle Vielfalt braucht unabhängige Künstlerinnen und Künstler“, erklärt Kulturstaatsministerin Monika Grütters. „Bei der Abstimmung des Gesetzentwurfs innerhalb der Bundesregierung mussten alle Beteiligten Kompromisse machen, auch ich hätte mir an manchen Stellen eine deutlichere Stärkung der Rechte Kreativer gewünscht. Es war mir dabei wichtig, nach langen Auseinandersetzungen in Politik und Gesellschaft eine ausgewogene Balance zwischen Urhebern, Verwertern und Nutzern zu finden.“

 

Das sagt der Deutsche Bibliotheksverband zur Urheberrechtsreform

Der Deutsche Bibliotheksverband (DBV) begrüßt dagegen die Entfristung der Bildungs- und Wissenschaftsschranke. Sie „geben Bibliotheken den notwendigen Rahmen für ihr tägliches Handeln. Sie definieren, inwieweit urheberrechtlich geschützte Werke im Unterricht und in der Forschung frei genutzt werden können. Da diese Regelungen nun unbefristet gelten, können endlich auch Langzeitinvestitionen getätigt werden, die Bibliotheken noch fitter für die digitale Zukunft machen“, teilt der Verband in einer Pressemitteilung mit.

Im Gegensatz zum Börsenverein bedauert der DBV, dass es die gesetzliche Regelung zur Ausleihe von E-Books nicht in das Gesetz geschafft haben. Damit sei die Bundesregierung ihrer lange ausstehenden Verpflichtung aus dem Koalitionsvertrag nicht nachgekommen, „Bibliotheksnutzern unter Wahrung der Vertragsfreiheit einen noch besseren Zugang zum Repertoire von E-Books“ zu ermöglichen.

„Dass das E-Lending nicht in die Novellierung des Urheberrechts aufgenommen wurde, ist sehr bedauerlich und setzt die ungeklärte Rechtslage zum Nachteil der Nutzer*innen von Bibliotheken fort“, so DBV-Bundesvorsitzender Andreas Degkwitz. Es sei nicht zeitgemäß, dass 70 % der digitalen Neuerscheinungen aus den Bestsellerlisten für die Ausleihe verweigert werden. „Denn so werden öffentliche Infrastrukturen zur Teilhabe an Wissen und Information regelrecht ausgetrocknet und lahmgelegt“, so Degkwitz weiter.