Aktionen zur Leseförderung beim Börsenverein

Buchhandlungen meistern den Ansturm

24. März 2023
von Sabine Cronau

Geschlossene Schulen, kaum Aktionen: Auch die Leseförderung hat unter der Pandemie gelitten. Gibt es jetzt Nachholbedarf, etwa beim Welttag des Buches oder dem Vorlesewettbewerb? Antworten von Kaspar Pflaum, der die Projekte betreut.

»Volle Fahrt ins Abenteuer«: junge Leser:innen mit dem diesjährigen Welttagsbuch. 

Während der Corona-Pandemie mussten Buchhandlungen notgedrungen andere Lösungen finden, um das Welttags-Buch »Ich schenk dir eine Geschichte« an die Schüler:innen zu bringen. Läuft die Gutschein-Aktion jetzt wieder zu alter Form auf?

Wir spüren nach der Pandemie eine nie dagewesene Nachfrage und einen großen Bedarf der Schulen an unseren Leseförderungsangeboten. Über 47 000 Schulklassen und weit über eine Million Kinder sind 2023 beteiligt – das gab es noch nie. Umso mehr freut uns, dass die 3 200 beteiligten Buchhandlungen wochenlang Schulklassen empfangen und diesen Ansturm mit viel Kreativität und großem Engagement stemmen. 
 

Wir haben dem Buchhandel neue digitale Werkzeuge an die Hand gegeben,um die Welttagsaktion in diesem Jahr besser zu steuern.

Kaspar Pflaum, Projektleitung Leseförderung beim Börsenverein:

Kaspar Pflaum

Gibt es Neuerungen beim Welttag oder setzen Verband und Stiftung Lesen auf bewährte Kampagnen-Bausteine?

Da die Nachfrage von Schulen schon 2022 gestiegen ist – bei etwa gleichbleibender Zahl an teilnehmenden Buchhandlungen – haben wir den Buchhandlungen neue digitale Werkzeuge an die Hand gegeben, um die Aktion besser zu steuern. Die Buchhandlungen konnten erstmals flächendeckend eine Obergrenze für teilnehmende Schulen setzen und die Anmeldungen jederzeit einsehen, sogar die Entfernung der besuchenden Schulen eingrenzen und dadurch kontrollieren. Zudem hat ein Ampel­system geholfen, die Anmeldungen besser auf die Buchhandlungen zu verteilen. Trotzdem haben zahlreiche Buchhandlungen auf die große Nach­frage reagiert und ihre ohnehin schon hohen Obergrenzen während der ­Anmeldephase immer weiter nach oben gesetzt. Viele empfangen über 1 000 Kinder zum Welttag.
 

Zum ersten Mal konnten sich Buchhandlungen auf ein- und derselben Website für den Welttag registrieren und für die Lese-Reise bewerben. Ist die Resonanz auf die Lese-Reise dadurch gestiegen?

Ja, auch hier schlägt sich das große Interesse an Aktionen für Kinder und Lesungen in Präsenz deutlich nieder. Dank der vereinfachten Anmeldung hatten wir auf einen Schlag über 1 000 an der Lese-Reise interessierte Buchhandlungen statt rund 200 wie in der Vergangenheit. Die weitere ­Kommunikation und die Verlosung der Lesungen haben wir durch die automatische Datenverknüpfung dann trotz der hohen Anmeldezahlen erheblich vereinfacht.  
 

Die Kooperation zwischen Schulen und Buchhandlungen hat in der Corona-Zeit durch Schließungen und sehr eingeschränkte Veranstaltungsmöglichkeiten zwangsläufig gelitten. Haben Projekte wie Vorlesewettbewerb und Lesetüte dadurch an Zugkraft verloren?

Nein, genau im Gegenteil. Aktuelle Bildungsstudien belegen, dass sich die Situation an den Schulen und die Lesekompetenz der Kinder dramatisch verschlechtert haben. Dem versuchen wir gemeinsam mit Schulen, Bibliotheken, Kitas und mit der Hilfe vieler engagierter Unterstützer entgegen­zuwirken. Die Buchhandlungen tragen dazu einen unglaublich großen Teil bei. Gerade haben wir mit 135 000 verkauften Lesetüten für Erstleser:innen und über 5 300 beteiligten Schulklassen einen Rekordwert bei der Aktion Lesetüte erzielt – und das, obwohl wir aufgrund der steigenden Papier- und Energiekosten eine Preisanpassung bei den Tüten vornehmen mussten.
 

Die IG Leseförderung hat die Lesetüte initiert – und prämiert außerdem den Lesekünstler, die Lesekünstlerin des Jahres. Profitieren die Autor:innen von dem Preis? Gibt es Feedback?

Die euphorischen Reaktionen der prämierten Autor:innen, als wir sie nach Statements zu ihrer Auszeichnung gefragt haben, waren auch für uns eine freudige Überraschung. Stellvertretend hier die Rückmeldung von Silke Schlichtmann, Lesekünstlerin des Jahres 2019: »Eine der schönsten Auszeichnungen, die man als Autor:in erhalten kann, würdigt der Preis doch Werk und Darbietung. Er hat mir mein Schriftsteller:innendasein ungemein erleichtert. Dafür bin ich noch immer sehr dankbar!« Auf der Leipziger Buchmesse Ende April wird verkündet, an wen der Preis in diesem Jahr geht. 
 

Noch ein relativ junges Projekt des Börsenvereins ist das Gütesiegel Buch-Kita. Welche Früchte trägt es?

Die angesprochenen Studien zur Lesekompetenz belegen, wie wichtig die frühkindliche Leseförderung für die Entwicklung der Kinder und ihrer Lesefähigkeit ist. Das wurde lange zu wenig beachtet und nicht systematisch gefördert oder unterstützt. Mit dem Projekt Gütesiegel Buch-Kita wollen wir das Bewusstsein dafür schärfen und zusammen mit vielen engagierten Partnern aus der frühkindlichen Erziehung, aus Bibliotheken und Buchhandlungen die Begeisterung für das Lesen an Kindergärten und Kitas herantragen. Von den seit 2019 eingegangenen 1 500 Bewerbern sind rund 500 Kitas mit dem Gütesiegel ausgezeichnet worden.

Alle Leseförderprojekte des Verbands sind in der Stiftung Buchkultur und Leseförderung gebündelt. Die Stiftung kann von Privatleuten und Unternehmen finanziell unterstützt werden. Ist es leicht, Sponsoren speziell für die Leseförderung zu finden? Und dürf

Die Stiftung Buchkultur und Leseförderung ist offen für die Unterstützung durch jeden – ob Privatperson oder Unternehmen, projektbezogen oder auch gern allgemein. Es gab in der Vergangenheit schon ein paar Spendenaufrufe von Personen aus der Branche, über die wir uns sehr freuen. Ein spannender Name ist ganz aktuell Rotary. Bei der Lesetüte steigen nun erste regionale Clubs ein, um das Projekt gezielt zu fördern.

LESEFÖRDERUNG: PROJEKTE DES BÖRSENVEREINS

VORLESEWETTBEWERB

600 000 Kinder machen mit: Der Vorlesewettbewerb des Börsenvereins meldet sich nach digitalen Pandemierunden in alter Stärke zurück. Das Bundesfinale findet vom 19. bis zum 21. Juni in Berlin statt.
www.vorlesewettbewerb.de  

WELTTAG DES BUCHES

47 000 vierte und fünfte Schulklassen haben sich in diesem Jahr für die Welttags-Aktion »Ich schenk dir eine Geschichte« angemeldet – ein neuer Rekord für das Gutschein-Konzept rund um den 23. April. 
www.welttags-des-buches.de   

LESE-REISE

91 Buchhandlungen können sich in diesem Jahr über eine Gratislesung zum Welttag freuen, ausgelobt von der avj und dem Ausschuss für den Sortimentsbuchhandel. 
www.boersenverein.de/kultur-und-lesen/lesefoerderung/lese-reise

LESETÜTE

135 000 Lesetüten werden im Sommer an Erst­klässler:innen verteilt, vom Jahrgang davor bemalt und befüllt mit Erstlesebüchern von Arena oder Oetinger.
www.boersenverein.de/kultur-und-lesen/lesefoerderung/lesetuete

LESEKÜNSTLER

Die IG Leseförderung kürt den Lesekünstler, die Lesekünstlerin des Jahres: Kinderbuchautor:innen, deren Lesungen das junge Publikum besonders begeistern.
Www.boersenverein.de/kultur-und-lesen/lesefoerderung/lesekuenstlerin-des-jahres

BUCHKITA

Rund 500 Kinder­gärten und Kindertagesstätten dürfen sich mit dem Gütesiegel schmücken, weil bei ihnen Bücher und Leseförderung eine wichtige Rolle spielen.
www.guetesiegel-buchkita.de