Glückwunsch zum 60. Geburtstag von Juergen Boos

"Hello, this is Frankfurt"

9. Mai 2021
von Börsenblatt

Juergen Boos, Direktor der Frankfurter Buchmesse, pflegt ein weltweites Netzwerk der Freundschaft – auch und gerade in der Pandemie. Elisabeth Ruge gratuliert dem »Ermöglicher« zum 60. Geburtstag am 9. Mai.

Das Jackett locker über die Schultern gehängt, gelassen, zugewandt, aufmerksam inmitten des hektischen Messetrubels – das ist Juergen Boos. Ein echter Kommunikator, einer – und das ist wichtig –, der den anderen gern zuhört, ihre Erfahrung schätzt, seine Vorhaben im Team entwickelt. Ein riesiges Netzwerk kann er für seine Projekte nutzbar machen, es ist auch ein Netzwerk der Freundschaft. In den kargen Zeiten der Pandemie erreichten Menschen auf allen Kontinenten Anrufe von Juergen Boos. Er wollte den Kontakt halten, die Zukunft nicht aus den Augen verlieren, manchmal auch einfach wissen, wie es einem geht. 24/7, sagt ein Kollege, so sei es ihm vorgekommen, habe er während der vergangenen Monate mit dem Telefon in der Hand Verbindung gehalten: »Hello, this is Frankfurt! How are you?« 

Internationale Strahlkraft

2005 hat Juergen Boos die Leitung der Frankfurter Buchmesse übernommen, zu einem Zeitpunkt, als die Buchbranche vor einem gewaltigen Umbruch stand. Diese Transformation inspirierend zu begleiten ist Boos’ zentrales Anliegen. Unter seiner Führung ist die Messe enorm gewachsen, sie ist vielfältiger geworden, internationaler, hat an Strahlkraft gewonnen. 

Die Messe kooperiert mit bedeutenden Filmfestivals wie der Berlinale und Cannes. Sie hat zunehmend die diversen »Creative Industries« mit einbezogen, der Digitalbereich mit Audio und E-Book ist kontinuierlich ausgebaut worden. Für Juergen Boos ist die Messe gleichsam eine Plattform, ein großer Raum der Möglichkeiten. Die jahrhundertealte Tradition des Kulturguts Buch wird gefeiert, und zugleich gibt man Verlagen die Chance, anderen Bereichen der Kultur- und Kreativwirtschaft ihren »Content« zu lizensieren und dabei auch neue Nutzungsrechte zu entwickeln.

Das klingt abstrakt – und ist es doch bei Juergen Boos so gar nicht. Die Begegnung mit den Menschen bleibt der Motor,die Begegnung mit dem Publikum und den Stars. Sei es bei den vielen Lesungen und Veranstaltungen, die während der Messetage in Frankfurt stattfinden, seien es die internationalen Gäste wie Bernadine Evaristo, Margaret Atwood, Chimamanda Ngozi Adichie, Edward Snowden oder Chilly Gonzales. 

Es sind aber auch die Begegnungen im Ausland, wenn Juergen Boos nach ein paar Momenten Schlaf etwa in Taipeh aus dem Flugzeug steigt und sogleich, das Jackett noch etwas zerknittert, interessiert und munter die dortige International Book Exhibi­tion eröffnet. Es ist die große planerische Aufmerksamkeit, die er den Auftritten der internationalen Gastländer in Frankfurt zukommen lässt. Auch wenn bei kleineren Partnern manchmal die institutionelle Infrastruktur fehlt, die Gesprächspartner nicht auszumachen sind, es wird keine Mühe gescheut, nach ungewöhnlichen Wegen gesucht und Flexibilität gezeigt. Juergen Boos ist ein begeisterter Ermöglicher. So konnte sich das kleine Georgien 2018 in all seiner kulturellen Vielfalt darstellen, der Duft von Chat­schapuri und Satsivi durchzog die Frankfurter Messehallen.

Inmitten all der Unsicherheiten blickt die Buchbranche weltweit auf Frankfurt. Was lässt man sich hier einfallen, um die vielen Corona-bedingten Einschränkungen zu überwinden! Vergangenes Jahr gelang es, eine überraschend lebendige Digitalmesse zu veranstalten. Man ließ sich nicht entmutigen, Frankfurt wurde zum großen Experimentierfeld. In diesem Jahr wird man die so gesammelten Erfahrungen in eine starke Präsenzmesse einfließen lassen, ergänzt von hybriden Angeboten. 

Vielleicht ist sein lässig umgehängtes Jackett in Wahrheit eine Art Zaubercape. 

Elisabeth Ruge

Politischer Ort

Für den Messechef war das Digitale nicht Krücke, sondern kreativer Kanal der Kommunikation. Und so ist es nur folgerichtig, dass der International Excellence Award for Accessible Publishing in diesem Jahr in Frankfurt vergeben wird. Barrierefreiheit ist Juergen Boos als Thema wichtig, eine Buchmesse ist immer auch ein politischer Ort, an dem Gesellschaft sich abbildet, Teilhabe eingefordert wird. »Diversity in Publishing. Who gets to tell their story?«, so der Titel einer digitalen Networking-Veranstaltung, die die Messe kürzlich initiiert hat. 

Die schiere Fülle dessen, was in den vergangenen Jahren in Frankfurt auf den Weg gebracht wurde, scheint unfassbar. Vielleicht ist ja das oben erwähnte lässig umgehängte Jackett in Wahrheit eine Art Zaubercape – das wäre ein sympathisches Understatement, wie so oft bei Juergen Boos. Auf dass ihm noch vieles gelingt! Das können wir uns als Branche nur wünschen – und ihm wünschen wir zum 60. Geburtstag am 9. Mai alles Gute.