Jahrestagung IG Hörbuch

Let's go Podcast!

3. Oktober 2021
von Sabine van Endert

Wie Hörbuchverlage beim Podcast-Boom mitspielen können und wie sie ihre Produkte in den Nebenmärkten platzieren können – das waren die Top-Themen der Jahrestagung Hörbuchverlage, zu der am 1. Oktober per Zoom-Meeting 80 Hörbuchmenschen zusammengekommen sind.

Audio ist das Medium der Stunde – allerdings nicht unbedingt auf CD und auch nicht immer in klassischer Hörbuchmanier. Fast 4 von 10 Menschen in Deutschland (38 Prozent) hören Podcasts, die Wunschlänge steigt von 18 auf 28 Minuten, gehört wird überwiegend „Nebenbei“ – zu diesem Ergebnis kommt eine aktuelle Bitkom-Umfrage.

Podcasts mit Mehrwert

Wie sich „Audio Originals“ für Hörbuchverlage verbreiten, vermarkten und monetarisieren lassen können, beleuchteten Tina Jürgens (Geschäftsführerin zebra-audio.net) Oliver Versch (Geschäftsführer Spotting Image, Autor, Regisseur) und Christian Schalt (Chief Digital Officer RTL Radio Deutschland GmbH).

Anders als bei z.B. Musik gibt es für Podcasts keine Einnahmen von den Plattformen, über die die Podcasts ausgespielt werden. Stellt sich also die Frage: Was wollen Hörbuchverlage mit Podcasts erreichen?  Tina Jürgens empfiehlt, sich zunächst auf die Optionen Geld verdienen oder Marketing festzulegen. Um Werbeerlöse erzielen zu können, braucht man Jürgens zufolge 10.000 Downloads und Streams pro Podcast-Folge. Das könnte schwierig werden. „Es gibt etwa 70.000 deutschsprachige Podcast-Formate und damit zu viel Content für eine zu kleine Zielgruppe“, so die Expertin.

Für RTL-Mann Christian Schalt dienen Podcasts nicht selten dazu, Reichweite für andere Titel oder Grundlagen für abgeleitete Lizenzgeschäfte aufzubauen. Ist die Goldgräberstimmung angesichts der Podcast-Masse schon vorbei? Von der Überfülle sollte man sich nicht abschrecken lassen, meint Schalt, wichtige Bereiche, wie Fußball seien im Podcast noch nicht besetzt und die Distributionswege würden sich weiterentwickeln. Jürgens ist seiner Meinung, auch weil die Werbeindustrie den Kanal gerade erst entdeckt habe. Vor allem aber, müssten die Podcast-Produzenten am Content arbeiten.

It has to be meaningful!

Der richtige Ansatz: nicht Zweitverwertung, sondern die Entwicklung originären Podcast-Contents. Podcasts seien eben nicht Hörbuch oder Radio, sondern „Spoken Word“, im Podcast werde gesprochen und eben nicht gelesen, wie im Hörbuch. „Die Plattformen suchen nach Inhalten speziell für ihre Zielgruppen“, weiß Oliver Versch, von der Masse der schon vorhandenen Formate sollte man sich auch seiner Meinung nach nicht beeindrucken lassen.

Erfolgreiche Beispiele für originäre Podcasts aus der Branche gibt es schon, z.B. „Schlaflose Nächte“ mit Dora Heldt (dtv), den Hugendubel Podcast „Seite an Seite“ oder der Podcast „Radio Niederkaltenkirchen – Der Eberhofer Podcast“ zu den Bestsellern von Rita Falk vom DAV.  Aber was bringt es? Detaillierte Best Cases, für die ausgewertet wurde, wie sich die Podcasts auf den Absatz der Bücher, bzw. Hörbücher, ausgewirkt haben, hatten die Podcastexperten nicht mitgebracht. Dass die aufwendigen Produktionen bald nicht mehr nur Marketingzwecken dienen, sondern auch Geld einspielen könnten, ist nicht abwegig: Allerdings müsse die Werbung passen. Jürgens: „It has to be meaningful“.

Hörbücher auf den Aktionsflächen der Discounter

Zweimal pro Woche bestücken Aldi, Lidl, Rossmann und Co. ihre Aktionsflächen neu – mit Textilien, Essen aus Griechenland, Rasenmähern und manchmal auch mit Büchern oder Hörbüchern. Volker Schick, der dieses Sondergeschäft bei Penguin Random House verantwortet, muss den Einkäufern starke Themen mit guten Verkaufsargumenten präsentieren, gern aufwändig gestaltet und verpackt und das zu einem Verkaufspreis von weit unter 10 Euro. „Die Themen müssen die Einkäufer und die Kunden spontan überzeugen“, sagt Schick.

Kinderhörspiele laufen, Krimis nimmt mehr so   

Die Pakete müssen stimmen und sich für die jeweiligen Discounter unterscheiden, weshalb Schick was er bei PRH nicht findet, aus anderen Verlagen lizenziert. Damit sich die Sache lohnt, müssen in der Kurzen Verkaufsspanne Auflagen zwischen 100.000 und 200.000 Exemplaren verkauft werden. Gute Chancen dafür gibt es nach wie vor im Kinderhörspielbereich, Krimis und Thriller auf CD kommen nicht mehr so gut an, so seine Erfahrung. Was übrig bleibt, geht zurück an den Absender. Man müsse also nicht nur die Einkäufer überzeugen, sondern auch mit Retouren umgehen können, so Schick.  

Die Jahrestagung wurde aufgezeichnet und kann von den Teilnehmern bei Lothar Sand (sand@boev.de) angefordert werden.