Börsenverein: Sommertagung der IG Ratgeber

Ratgeberverlage ziehen erste Corona-Bilanz

3. Juli 2020
von Börsenblatt

Wie geht es dem Ratgebersegment in der Corona-Krise? Und kommen die Verlage zur Buchmesse? Zwei Themen der Interessengruppe Ratgeber, die sich jetzt online getroffen hat – als Ersatz für die ausgefallene Jahrestagung Ende Mai.

2019 konnten sich die Ratgeberverlage laut Media Control über einen Umsatzzuwachs von fast drei Prozent freuen – doch dann kam Corona und die Geschäfte entwickelten sich anders als es das gute Vorjahr erwarten ließ. Alles in allem hat die Warengruppe Ratgeber in den Kalenderwochen 1 bis 24 / 2020 rund 9 Prozent ihrer Umsätze verloren (im Vergleich zum Vorjahr und über alle Vertriebskanäle hinweg, Quelle: Media Control). Damit haben die Ratgeber etwas besser abgeschnitten als die Gesamtheit aller Warengruppen: Hier lag das Minus im Schnitt bei 9,5 Prozent.

Corona-Krise und Lockdown haben außerdem längst nicht alle Ratgeber-Segmente mit voller Wucht getroffen. "Manche Warengruppen leiden weniger unter der Corona-Krise als andere. Das hat mit dem jeweiligen Themenfeld zu tun – und nicht damit, ob die Verlage gute oder schlechte Arbeit machen": Das betonte Michael Zirn, Frech-Verleger und einer der drei IG-Sprecher, bei der Zoom-Konferenz am 2. Juli. In einer Präsentation stellte er ausgewählte Zahlen zum Ratgebermarkt vor:

  • Das Segment Hobby, Haus zum Beispiel konnte sein Umsatzniveau mit einem kleinen Minus von 0,4 Prozent in den ersten 24 Wochen des Jahres nahezu halten.
  • Ähnliches gilt für die Unterwarengruppe Natur, Garten, Heimtier, die sogar noch etwas besser abschneidet (minus 0,3 Prozent).
  • Andere Themenfelder rutschten dagegen virusbedingt tief ins Minus – allen voran der Sport. Hier gingen die Umsätze in den ersten 24 Wochen des Jahres um mehr als 20 Prozent zurück.
  • Essen & Trinken, die wichtigste Warengruppe auf dem Ratgebermarkt, verlor 5,3 Prozent ihrer Einnahmen – hat aber zugleich einen strahlenden Sieger in ihren Reihen: Die Unterwarengruppe Backen, die ihren Umsatz um satte 12 Prozent steigern konnte.
  • Das Segment Lebenshilfe, das von 2018 auf 2019 noch um 8,6 Prozent zugelegt hatte, wurde ebenfalls in den Krisenstrudel gezogen und meldet einen Umsatzrückgang von 14,8 Prozent bis zur Kalenderwoche 24.

Müssten nicht gerade Lebenshilfe-Ratgeber in der Krise umso gefragter sein? Als Antwort gab Carlo Günther, ebenfalls Sprecher der IG Ratgeber, Einblick in die eigenen Erfahrungen als Verleger. Sein PAL-Verlag betreibt verschiedene Webseiten zu Lebenshilfe-Themen. Die Zugriffszahlen im Netz seien in der Corona-Krise in die Höhe geschnellt – doch das Buchprogramm habe nicht mitgezogen, so Günthers Bilanz: "Vielleicht sind in einer solchen Krise niedrigschwelligere Angebote im Internet einfach eher das Mittel der Wahl."

Eine weitere Erklärung lieferte IG-Mitglied Christof Klocker (Gräfe und Unzer). Die Topseller im Lebenshilfe-Segment, allesamt ältere Titel, könnten erste Ermüdungserscheinungen zeigen - und die starken Umsatzrückgänge deshalb nicht allein auf die Corona-Krise, sondern auch auf Programmfragen zurückzuführen sein.

Wenn sich die Mitglieder mehrheitlich für einen Gemeinschaftsstand auf der Buchmesse aussprechen, dann nehmen wir diesen Auftrag gern als Hausaufgabe mit.

Nicole Schindler vom Sprecherkreis der IG Ratgeber

Stimmungsbild zur Buchmesse

Neben der Umsatzentwicklung auf dem Ratgebermarkt war die kommende "Sonderedition" der Frankfurter Buchmesse das zweite große Thema der Online-Tagung. Aussteller haben bis zum 15. August die Möglichkeit, ihren Auftritt kostenlos zu stornieren. Ratgeberverlage jedoch werden der Messe offenbar weitgehend fernbleiben, wie das kleine Stimmungsbild in der Online-Runde zeigte. Durchaus Interesse gibt es allerdings an einem möglichen Gemeinschaftsstand der IG Ratgeber, nicht nur in diesem Jahr.

Hier will die IG nun ein klares Meinungsbild bei ihren Mitgliedern einholen und dann gegebenenfalls in konkrete Planungen einsteigen: "Wenn sich die Mitglieder der IG mehrheitlich dafür aussprechen, dann nehmen wir diesen Auftrag gern als Hausaufgabe mit", so Nicole Schindler, die bei Ulmer Vertrieb und Marketing leitet und ebenfalls zum dreiköpfigen Sprecherteam der IG Ratgeber gehört.

Von digitalen Messe-Aktionen speziell für Ratgeberverlage rückten die IG-Mitglieder dagegen eindeutig ab: "Das geht in der Fülle der Angebote unter", warnte Julia Graff vom Hädecke Verlag. Diese Erfahrung hat die IG schon mit der Social-Media-Aktion #meetthepublisher.de gemacht. Die Challenge war im Frühjahr zum zweiten Mal von den Ratgeberverlagen organisiert worden, konnte aber nicht an den Erfolg der Premiere anknüpfen – weil mehrere große Verlage mit Beginn der Corona-Krise eigene Netz-Initiativen an den Start schoben.

Fest steht: Die erste Online-Tagung der IG Ratgeber wird nicht die letzte gewesen sein. Normalerweise kommen die Ratgeberverlage immer am Dienstag vor der Frankfurter Buchmesse am Main zusammen. Auch dieser Austausch wird diesmal ins Netz verlagert und ein bis zwei Wochen vor der Buchmesse (14. bis 18. Oktober) als Zoom-Konferenz stattfinden. 2021 will sich die IG Ratgeber dann, wenn alles gut geht, wieder analog treffen: Wolfgang Starke von der Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen lud die Kolleginnen und Kollegen dazu ein, im nächsten Jahr ganz real nach Düsseldorf zu kommen – und den ausgefallenen Termin der Jahrestagung 2020 nachzuholen.

Noch ein Hinweis für alle, die sich für Ratgeber stark machen wollen: "Jetzt ein Buch!" bietet zusammen mit der IG Ratgeber neue Motive an, die auf Plakaten und in Social-Media-Posts für die nützlichen Bücher werben, etwa für die Themen Backen und Gärtnern. Mehr dazu hier.