Pressegespräch des Landesverbands SaSaThü

Vorwärts immer!

20. April 2023
von Nils Kahlefendt

Im Vorfeld der Leipziger Buchmesse lud der Börsenverein in Leipzig zum traditionellen Pressegespräch ein – eine klassische Win-Win-Situation für Verlage und Medienvertreter.

Hätten Sie’s gewusst? Der druckfrische Titel "Vom besonderen Unglück tüchtiger Minderheiten" aus dem Leipziger Universitätsverlag ist keines über Verlegerinnen und Verleger, sondern beschäftigt sich mit dem Werk eines Neidforschers. Auch das gehörte zu den Erkenntnissen des traditionellen Pressegesprächs, das der Börsenvereins-Landesverband SaSaThü kurz vor der Leipziger Buchmesse organisiert hat.

Das Format ist erprobt und hat sich dutzendfach bewährt, eine Win-Win-Situation: Für die mitteldeutschen Verlage eine gute Gelegenheit, ihre aktuellen Neuerscheinungen an die Rampe zu schieben – für Medienvertreter die Chance, schon vorm akuten Messe-Stress die Programme aus Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen zu scannen und stressbefreit mit den Verlegerinnen und Verlegern ins Gespräch zu bekommen. Das letzte Pressegespräch fand im Februar 2020 statt, der Rest ist Pandemie-Geschichte.

Umso erfreulicher, dass sich nun 24 Verlage aus Sachsen (15), Sachsen-Anhalt (4) und Thüringen (5) mit jeder Menge neuer Bücher im Leipziger Haus des Buches einfanden, wo sie auf so viele neugierige Journalistinnen trafen wie lange nicht. Als die Fotografen von LVZ und Börsenblatt zum Gruppenfoto baten, herrschte ausgelassene Stimmung wie zu den Zeiten von Thomas Gottschalks Saalwetten: Hurra, wir leben noch! Drei Minuten waren für die Präsentation eines jeden Verlags vorgesehen, Börsenvereins-Geschäftsführerin Heike Haupt sorgte mit analoger Glocke und digitaler Stoppuhr für die strikte Einhaltung des Procederes. Das Los legte die Reihenfolge fest.

Neue Ideen und jede Menge Power

Bestimmender Eindruck der intensiven Präsentationen im Literaturhaus war der unbedingte Wille der zumeist kleineren und Kleinst-Verlage, nach den lähmenden Pandemie-Jahren beherzt vorwärtszulaufen, mit neuen Ideen und jeder Menge Power. Das gilt für Jubilare mit runden Geburtstagen wie Lehmstedt (20), Rhino oder Grünes Herz (beide 30), für eine ganze Reihe frisch gekürter Sächsischer Verlagspreisträger (die sich heuer erstmals auf einem eigenen Forum, der "So geht sächsisch"-Bühne, auf der Buchmesse präsentieren werden: Halle 4, Stand C 306) – und für Verlage wie Klett Kinderbuch, der sich, wieder einmal, auf der Nominierungsliste zum Deutschen Jugendliteraturpreis festsetzen konnte.

Spannend aber auch die vielen kleinen und großen Einblicke hinter die Kulissen der Branche, die zwischen den Highspeed-Buchvorstellungen zu gewinnen waren, jede Menge zu notieren fürs People-Ressort: Bei Faber & Faber erscheint mit "Plötzlich waren wir sterblich" der zweite Roman von Poetenladen-Verleger Andreas Heidtmann, und Madeleine Köchy, die bei Faber "Spaziergänge durch hundert Jahre Mode" vorlegt, widmet sich natürlich auch dem Buchverlag für die Frau, der den Präsentations-Reigen eröffnet hatte. Die Bilanz zur ostdeutschen Geschichtspolitik aus der Feder von Rainer Eckert, bis 2015 Chef des Zeitgeschichtlichen Forums in Leipzig, die ursprünglich im Mitteldeutschen Verlag erscheinen sollte (die FAZ berichtete), liegt nun im Leipziger Universitätsverlag vor.

Jens Korch von der Edition Wannenbuch (Chemnitz) initiierte in unfreiwillig buchmessefreien Zeiten das Schöne-Bücher-Netzwerk, dem bis heute 100 Verlage von Krimi bis Regionalia angehören – nach Leipzig hatte er die sechste Ausgabe des Westentaschen-Magazins "Schöne Bücher" mitgebracht, eine Werkschau der beteiligten Verlage im Bemühen um Sichtbarkeit. Ein "Sticker-Sammel-Album" haben sich die Netzwerker auch ausgedacht, als Alternative zum eingesparten gedruckten Ausstellerverzeichnis und Gutscheinheft der Messe. 31 Verlage kann man auf der Buchmesse besuchen, Sticker einsacken und am Ende ein "Goodie" abkassieren.

Der Eudora Verlag von Ralf C. Müller hatte, in Lockdown-Zeiten weitgehend unbemerkt, bereits Anfang 2001 den doppelt so alten Tauchaer Verlag von Dieter Nadolski (1939-2022) übernommen. Während nach der Übernahme zunächst der Bestand zu sichten und ein neuer Auftritt zu gestalten war, kamen im letzten Jahr die ersten Neuerscheinungen nach längerer Zeit –  Müller will "die Tradition des kulturhistorischen Sachbuchs fortführen, aber auch neue Wege beschreiten".   

Um neue Wege geht es auch Annika Bach (Seemann Henschel) und Anne Friebel (Palomaa Publishing) mit ihrem neuen, zu Buchmesse (30. 4., 12.30 Uhr, Halle 4, C 306) startenden Podcast: In "Die Bücher unserer Zukunft" treffen sie auf Gesprächspartner, die die Zukunft der Branche gestalten und neue Geschäftsmodelle entwickeln.