"Pride Apéro" des Börsenvereins

"Wir müssen uns zeigen!“

21. Juli 2025
Madelaine Penzkofer

Mit diesem eindringlichen Appell brachte Karin Schmidt-Friderichs auf den Punkt, worum es an diesem Abend ging: um die Sichtbarkeit von Vielfalt und Queerness. Bei einem literarischen "Pride Apéro" diskutierte die Börsenvereinsvorsteherin am Freitag mit Autor Marcello Liscia und dem hessischen Minister Timon Gremmels. Am Samstag feierte die Börsenvereinsgruppe beim Christopher Street Day in Frankfurt mit.

Literarischer Abend

Beim Pride Apéro im Frankfurter Haus des Buches

Am Vorabend des CSD lud die Börsenvereinsgruppe gemeinsam mit dem Hessischen Ministerium für Wissenschaft und Forschung, Kunst und Kultur zu einem Abend voller Vielfalt und kühlen Drinks ins Haus des Buches ein. 

Mit einem klaren Plädoyer für die gelebte Vielfalt – insbesondere auf dem Buchmarkt - leitete Peter Kraus vom Cleff, Hauptgeschäftsführer des Börsenvereins, den "Pride Apéro" ein. Er betonte, dass die Unterstützung durch den Minister für die Förderung von Vielfalt und Diversität essenziell sei, gerade mit Blick auf die Herausforderungen durch Künstliche Intelligenz. Denn: "KI ist alles andere als Diversitätsförderung.“

Farbe bekennen: Hauptgeschäftsführer Peter Kraus vom Cleff

Vorsteherin Karin Schmidt-Friderichs im Gespräch

Autor Marcello Liscia

Autor Marcello Liscia sorgte während seiner Lesung mit Anekdoten aus seinem Leben und dem Schreibprozess für Lacher im Publikum. In seinem zweiten Roman "Einmal noch" (Querverlag) erzählt er vom Deutschitaliener Umberto, der versucht, nach dem tragischen Tod seines Mannes weiterzuleben - und an die Adria reist, wo die beiden glückliche Urlaube verbracht haben. Drei Begegnungen helfen ihm dabei, wieder Lebensmut zu finden.

In der anschließenden Gesprächsrunde beim Apéro wurde deutlich: Queere Themen sind heute sichtbarer denn je, weil queere Menschen sich zeigen und für ihre Rechte eintreten. Doch ein sorgenvoller Blick ging an diesem Abend mehrfach in Richtung USA. Der "Backroll", nicht nur in Amerika, und die queerfeindlichen Übergriffe, die auch in Deutschland zunehmen, beschäftigen viele.

Minister Timon Gremmels (r.) mit Thomas Koch vom Börsenverein

Das Motto - nicht nur für den Abend

Wir brauchen mehr positive Rolemodels und Vorbilder.

Timon Gremmels

Minister Timon Gremmels kritisierte die eher halbherzige Haltung mancher Unternehmen beim Thema Diversität und ging dabei auch auf die Debatte um die Regenbogenflagge auf dem Bundestagsgebäude ein. Er betonte, dass solche Debatten verheerend seien und als Ermutigung für rechte Gruppierungen dienen könnten: "Deshalb müssen wir dagegenhalten." Es gehe darum, das bereits Erkämpfte zu verteidigen.

Marcello Liscia berichtete von persönlichen Erfahrungen, die er mit seinem Partner als einziges offen queeres Paar in der Provinz mache, wo er sich "irgendwie normal“ fühle. Und er sprach offen über die Ängste, die Gewalttaten an queeren Menschen in Berlin bei ihm auslösen. Auch Karin Schmidt-Friderichs zeigte sich betroffen: "Ich habe das Gefühl, wir sind nicht eine Gesellschaft, sondern viele Gesellschaften.“ Aus ihrer Perspektive sollte es keine Frage sein, wer wen warum liebt. Bei den Gewalttaten in Berlin ist ihr Gedanke: "Wir müssen uns zeigen."

Ich habe das Gefühl, wir sind nicht eine Gesellschaft, sondern viele Gesellschaften.

Karin Schmidt-Friderichs

Ein zentrales Thema des Abends war die Rolle, die Literatur für die Sichtbarkeit von Queerness spielt. Timon Gremmels betonte, wie wichtig queere Inhalte in der Kinder- und Jugendliteratur sind: "Wir brauchen mehr positive Rolemodels und Vorbilder.“ Unter seiner Schirmherrschaft wurde erstmals der QMS RESPECT AWARD für queere Sichtbarkeit in Filmen vergeben – dies sei auch für Bücher geplant.

Karin Schmidt-Friderichs appellierte an die Verlage, mutig zu sein. Sie hob jedoch auch hervor, dass Queerness in der Branche längst angekommen sei. Die Branche sei zwar in Bewegung, bestätigte auch Autor Liscia. Allerdings werde queere Literatur oft in Nischen verortet. Große Publikumsverlage würden bei queeren Themen meistens auf Übersetzungen zurückgreifen, während queere Autor:innen aus Deutschland nach wie vor um Sichtbarkeit kämpfen müssten.

Diskussionsrunde

Die Vorsteherin

Der Wunsch nach einem Literaturbetrieb ohne Schubladen prägte das Gespräch über den idealen Literaturbetrieb der Zukunft. Ein Wunsch der Vorsteherin: Sei das Schubladendenken passé, müsse es auch keine dezidiert queeren Verlage mehr geben. Minister Gremmels unterstrich die Bedeutung kleiner Verlage. Doch auch sie brauchen Sichtbarkeit. Deshalb können sie sich auch in diesem Jahr wieder auf der Frankfurter Buchmesse am Gemeinschaftsstand "Literatur in Hessen“ präsentieren. Ebenfalls essenziel für die Vielfalt der Themen und die Sichtbarkeit der Indies: der stationäre Buchhandel und damit die Buchpreisbindung, die diesen Vertriebskanal schützt.

Der CSD: das große Fest der Vielfalt

Am Samstag nach dem Apéro feierte das Team der Börsenvereinsgruppe dann vor dem Haus des Buches beim Frankfurter Christopher Street Day mit. Auch hier: bunt, fröhlich, vielfältig. Die schönsten Bilder.... 

Für alle Temperaturen gerüstet: Thomas Koch, Pressesprecher des Börsenvereins (l.)

Klare Botschaft am Frankfurter Römer

Bunt, bunt, bunt sind alle meine Accessoires...

Vor dem Haus des Buches