Analyse: Das große Aufräumen nach der Pandemie

Erleichterung und Ernüchterung im Einzelhandel

16. Februar 2022
von Christina Schulte

Die Beschränkungen im Einzelhandel fallen, für die Händler wird das Leben in mancher Hinsicht wieder leichter. Aber wo steht der stationäre (Buch-)Handel nach 24 Monaten Pandemie? Welche Wunden müssen geleckt, welche Herausforderungen angegangen werden? Eine Analyse von Christina Schulte.

Keine Quadratmeterbegrenzung mehr, keine Kontrollen am Eingang, Zugang für alle: Bald dürfen sämtliche stationären Einzelhändler ihre Läden wieder für alle Kund:innen öffnen. Die staatlich verordneten Kontrolltätigkeiten fallen weg, das bedeutet nicht nur Geld- und Zeitersparnis, sondern ermöglicht wieder ein offenes Entrée, bei dem sich Kund:innen willkommen fühlen. Und die Buchhändler:innen dürfen endlich wieder ganz Gastgeber:in sein und nicht halb Kontrolleur:in.

Damit beginnt für den Handel nach fast zwei Jahren mit Lockdowns und Zugangsbeschränkungen unterschiedlichster Art die Normalität, genauer gesagt: die neue Normalität. Denn dass es im stationären Handel wieder wird wie vor Corona, daran glaubt niemand mehr. Gerade der Buchhandel hat in den letzten zwei Jahren viele neue und kreative Wege gefunden, die Kund:innen mit Büchern zu versorgen. Seien es neue Bestell- oder Liefermöglichkeiten oder innovative Formen von digitalen und hybriden Veranstaltungen. Das Beste davon wird sicher in die Nachpandemie-Zeit mitgenommen. Soweit die gute Seite der Medaille.

Die andere Seite ist weniger erfreulich und betrifft vor allem das Einkaufsverhalten und die Passantenfrequenzen in den Städten, von deren Wandel der Buchhandel nicht unbenommen bleibt. Verändertes Konsumentenverhalten hin zu mehr Einkäufen im Netz führt dazu, dass grundsätzlich – und wahrscheinlich dauerhaft – weniger im stationären Handel gekauft wird. Zudem fallen die Büroarbeiter:innen, die zurzeit einen Großteil ihrer Arbeitswoche im Home- oder Mobile-Office verbringen und wohl auch weiterhin verbringen werden, als Frequenzbringer in der Mittagspause oder nach Feierabend aus. Das Passantenniveau, wie es vor Corona war, wird es in den wenigsten Städten wieder geben. Ein aktuelles Beispiel, wohin das führt, ist der Buchhändler Lars Baumann aus Oberhausen. Er wird seine Buchhandlung Zweitbuch unter anderem wegen massiven Frequenzverlusts Ende März schließen. Der Einzelhandelsverband HDE prognostiziert Zehntausende weiterer Schließungen.

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