Diebstahl-Serie im Buchhandel

Herr Urban: Der Diogenes-Dieb stiehlt weiter

5. April 2022
von Charline Vorherr

Die Berichte über den Diogenes-Dieb, der Bestseller klaut und unter falschem Vorwand gegen Bargeld umtauschen will, häufen sich wieder. Aktuell scheint er im Raum München unterwegs zu sein. Buchhändlerinnen warnen ihre Kolleg:innen und empfehlen dringend, die Polizei zu kontaktieren.

„Achtung München und Umgebung: Großer Herr, sehr hektisch mit Aktentasche. Heller Leinenanzug, Mütze – sah saublöd aus“, warnt die Buchhändlerin Nicola Bräunling von der gleichnamigen Buchhandlung in Puchheim bei München auf Facebook ihre Kolleg:innen am 4. April. Sie ist sich sicher, dass sie es mit Herrn Urban zu tun hatte. Die Diebstahl-Serie und sein Täter sind in großen Teilen der unabhängigen Buchhandlungen wohlbekannt. „Er wollte zwei Hardcover (nicht Diogenes!) zurückgeben. Seine Mutter hätte sie gekauft und liegt nun mit Herzproblemen im Krankenhaus. Kein Kassenzettel.“ Er stellte sich mit Müller vor.

Der „Kunde“ kam Nicola Bräunling schon merkwürdig genug vor. Er verhielt sich sehr forsch, extrem hektisch, nervös und auffällig. Endgültig stutzig sei sie geworden, weil sie wusste, dass sie den Titel (Playlist von Fitzek) lange nicht verkauft hatte. Einen Gutschein habe Urban nicht gewollt und die Bücher wurden wieder mitgenommen.

Über die dreiste Masche des Diebs, der sich vorwiegend mit „Herr Urban“ vorstellt, und Diebesgut unter fadenscheiniger Begründung gegen Bargeld umtauschen will, berichteten wir bereits im Herbst 2021.

Vera Kahls Buchhandlung „Blattgold“, mit der wir bereits im Herbst sprachen, war auch am 4. April wieder Opfer von Urban. Wie in der Buchhandlung Bräunling wollte er zweimal Fitzeks „Playlist“ umtauschen. „Da wurde meine Mitarbeiterin aufmerksam und hat ihn aus dem Laden geworfen. Nicola Bräunling hat mich davor telefonisch gewarnt“, berichtet Vera Kahl gegenüber Börsenblatt online. Er sei nicht Herr Urban, habe er noch gesagt.

Doch diesmal – immerhin ist er weitreichend bekannt – konnte ihre Mitarbeiterin noch ein paar Fotos knipsen, die von Vera Kahl nun mit einer Anzeige an die Polizei weitergeleitet werden. Zwar sei er mit dem Umtausch dieses Mal nicht erfolgreich gewesen, geklaut habe er allerdings drei „Gregs Tagebücher“. Auf den Fotos habe man sie im Hintergrund noch gesehen, nachdem Urban aus dem Laden war, waren sie weg.

Das zeige, wie geübt der Täter in seiner Masche sei, so Vera Kahl.

Was sollen betroffene Buchhandlungen tun?

Haben Sie den Verdacht, Sie wurden von Herrn Urban bestohlen oder betrogen durch einen illegitimen Umtausch, empfiehlt die Polizei, die 110 zu rufen, falls sich der Mann noch in der Nähe oder im Laden befindet oder Sie ihn sogar aufhalten konnten. Ansonsten kann bei der örtlichen Behörde Anzeige erstattet werden. Auch Hinweise, falls man ihn rechtzeitig aus dem Laden verweisen konnte, helfen der Polizei.

Wichtig, das hat die Polizei bereits im Herbst erklärt, ist auch der Hinweis auf den Alias „Herr Urban“ und alle Namen, mit denen sich der Mann alternativ vorstellt. Die Polizei führt ein Alias-Namensregister. Dabei sollte man auch erwähnen, dass es sich um eine deutschlandweite Diebstahl-Serie in Buchhandlungen handelt, damit die Fälle miteinander verknüpft werden. Besonders häufig scheint er den Berichten zufolge im Kreis München und im Rhein-Main-Gebiet unterwegs zu sein.

Jeder Hinweis und jede Anzeige hilft, das Ausmaß rückwirkend zu dokumentieren, auch wenn der Dieb erst in ein paar Jahren geschnappt wird. Dies wurde Vera Kahl von der Polizei auch diesmal mitgeteilt. Und sicherlich: häufen sich die Anzeigen, wird der Polizei Dringlichkeit und Ausmaß erst wirklich bewusst.

Um sich präventiv gegen einen Diebstahl zu schützen, ist empfohlen, Sicherheitskameras zu installieren und durch Schilder auf diese hinzuweisen. Um dem Betrug, geklaute Bücher gegen Geld umzutauschen, nicht zum Opfer zu werden, sollte man ohne Beleg nur gegen Gutscheine umtauschen.