Genusswelten

Kaffeegenuss, desinfiziert

30. Oktober 2020
von Marcus Schuster

Buchhandlung & Café: Dieses eigentlich perfekte Traumpaar, das den Umsatz und die Kundenbindung stärkt, durchlebt in der Pandemie eine Beziehungskrise. Erfahrungswerte aus dem Sortiment, kurz vor dem Lockdown der Gastro-Szene.

Nigelnagelneu: Café am Sand

Platz zu haben ist immer gut in Corona-Zeiten. Im August konnten Katrin und Georg Schmitt ihre Buchhandlung am Sand in Hamburg-Harburg durch Anmietung von Nachbarräumen deutlich vergrößern, von 86 auf nahezu 300 Quadratmeter. Die Erweiterungs­pläne hatten lange vor der Krise begonnen. Sie auch umzusetzen, das stand für das Inhaberpaar deshalb fest – Café­bereich inklusive, »denn es war klar, dass wir die neuen Flächen nicht nur mit Büchern füllen können«, so Katrin Schmitt. Im Englandurlaub hatte sie sich in dieses Konzept verliebt, dort, wo fast in jedem kleinen Laden ein Tisch oder eine Theke dazu einlädt, eine Tasse Tee zu trinken.

Hierzulande muss man aufgrund der Auflagen schon mehr als eine Tasse Tee anbieten, damit sich der Service lohnt. In den vergangenen Wochen haben die Schmitts oft mit Behörden telefoniert. Der Lebensmittelkontrolleur war schon da und wird noch einmal kommen, wenn das Café endlich eröffnen kann – geplant war Ende Oktober. Das war allerdings vor der Ankündigung des Gastronomie-Lockdowns. »Dass sich die Eröffnung des Cafés verzögert hat, dafür konnte Corona ausnahmsweise mal nichts«, sagt Katrin Schmitt. Vielmehr sei beim Antrag für die Nutzungsänderung der Räume durch den Vermieter ein Fehler gemacht worden. Nun stehen letzte Genehmigungen noch aus – trotzdem lobt Schmitt ausdrücklich die Behörden, die auch oder gerade in diesen Zeiten sehr kooperativ gewesen seien.

Für die Schmitts und ihr Team (eine Vollzeit- und drei Halbtagskräfte) gilt: volle Kraft voraus! Sie haben eine Siebträgermaschine angeschafft und sich von einem Barista in die Zubereitung eines guten Kaffees einweihen lassen. Die Bohnen kommen von einem Röster aus der Region. Neben Kuchen will die Buchhandlung mittags aktionsweise auch Herzhaftes anbieten. Alles soll aus aktuellen Koch­büchern stammen, um idealerweise Zusatzerlöse zu erzielen. »Wir bereiten alles selbst zu«, sagt Katrin Schmitt. »Und wenn es mal nichts gibt, gibt es halt nichts. Es muss für uns zu stemmen sein. Wir wollen uns da reinleben, denn wir kommen ja nicht aus der Gastronomie.« 

Vorfreude
Ihr Traum: dass aus dem Café »so ein kleines Insiderding wird, aber dass die Plätze, die wir haben, kontinuierlich belegt sind«. Unter den Corona-Auflagen werden das nicht mehr als sechs bis acht sein, an insgesamt zwei Tischen, da an der Theke niemand sitzen darf. 16 Personen soll das Café eines Tages, nach Corona, im Normalbetrieb fassen. Viele Kunden fragen schon ungeduldig, wann es endlich losgehe – erst recht nach einem regionalen Pressebericht. »Ich habe fast die Befürchtung, dass es gleich zum Start zu viel Zuspruch geben könnte«, so Schmitt. »Dass wir es nicht so schaffen, wie wir es gerne schaffen möchten in diesen Zeiten.« 

BUCHHANDLUNG AM SAND, HAMBURG-HARBURG
*Hölertwiete 5, 21073 Hamburg
*Erweiterung durch neue Nachbarräume von 86 auf 300 Quadratmeter – mit einer Kaffeebar, die Ende Oktober eröffnet
*Geplant: Platz für 16 Gäste nach der Pandemie
*Derzeit: sechs bis acht Gäste, auch weil an der Theke niemand sitzen darf
*www.amsand.de

Mit Börsenblatt Plus ins Branchengeschehen eintauchen

Sie wollen diesen Plus-Artikel weiterlesen?
Dafür benötigen Sie ein Benutzerkonto sowie ein Abonnement!

  • Zugriff auf alle Plus-Artikel (Analysen und Kommentare der Redaktion, exklusive Branchenzahlen, Interviews, Hintergrundberichte, Reportagen und Artikel aus dem gedruckten Börsenblatt)
  • Alle E-Paper-Ausgaben seit 2019, die aktuelle bereits am Mittwochabend abrufbar
  • Plus-Newsletter mit Highlights und Empfehlungen aus der Redaktion