Lockerung in Rheinland-Pfalz

Shoppen auf Termin

25. Februar 2021
von Sabine Cronau und Matthias Glatthor

Rheinland-Pfalz will dem Einzelhandel ab 1. März erlauben, Termine fürs Einkaufen im Laden an die Kund*innen zu vergeben – unter dem Motto "Termin-Shopping" oder "Click & Meet". Was sagen Buchhändlerinnen aus dem Bundesland dazu? Börsenblatt online hat sich umgehört. Und was planen die anderen Bundesländer?

"Wir haben in Rheinland-Pfalz beim Infektionsgeschehen große Fortschritte gemacht", so Ministerpräsidentin Malu Dreyer in einer Mitteilung nach der Sitzung des rheinland-pfälzischen Ministerrates: "Wir sehen, dass die Ungeduld in der Bevölkerung und im Handel wächst und den starken Wunsch nach Öffnungen, dafür habe ich auch großes Verständnis. Auf der anderen Seite steigt die Unsicherheit über die Entwicklungen der Mutation und dafür treffe ich Vorsorge."

Deshalb werde die Landes-Verordnung "behutsam" angepasst und bei der nächsten Bund-Länder-Schalte werde man über "grundsätzliche weitere Schritte abstimmen". Die Änderungsverordnung werde bis Ende der Woche verkündet und trete am 1. März in Kraft. Neben der Öffnung der Friseure und Fußpflege, würden Anpassungen an die Regelungen in den benachbarten Bundesländern vorgenommen: Blumenläden für Schnittblumen, Topfpflanzen und Grabschmuck können öffnen. Genauer: Gärtnereien, Gartencenter und Gartenbaubedarfe könnten ab 1. März im Freien mit dem Verkauf starten. Dies gelte bei einer Beschränkung auf ein gartencenter-typisches Sortiment aus Gleichbehandlungsgründen auch für die Außenbereiche der Baumärkte.

"Termin-Shopping" ab 1. März

"Wir erweitern im kleinen Rahmen auch unsere 'Click&Collect' Regelungen", so Dreyer. "Ab. 1. März ist dann auch ein 'Termin-Shopping' möglich. Nach vorheriger Vereinbarung können Einzeltermine vergeben werden und immer nur ein Hausstand das Geschäft betreten." Das sei zum Beispiel für Bekleidungsgeschäfte und Brautmodenläden eine Perspektive. 

  • Bei den Einzelterminen gelte die Maskenpflicht und die Pflicht zur Kontakterfassung.
  • Würden mehrere Einzeltermine in Folge für einen Tag vergeben, so sei ein Zeitraum von mindestens fünfzehn Minuten zwischen Ende und Anfang der jeweiligen Termine freizuhalten, um Hygienemaßnahmen vorzunehmen und zu lüften.

Zoologische Gärten, Tierparks, botanische Gärten und ähnliche Einrichtungen dürften wie im Saarland auch ihre Außenbereiche wieder öffnen. Hier seien Tickets im Voraus zu buchen. Es dürften maximal 25 Prozent der Kapazität eingelassen werden.

Die Vorschläge wurden zunächst an den Landtag übersendet. Eine abschließende Beratung sei am 26. Februar im Ministerrat vorgesehen. Im Anschluss erfolge die Verkündung der Verordnung.

Der Hauptgeschäftsführer des Handelsverbands Deutschland (HDE), Thomas Scherer, kritisierte im Gespräch mit tagesschau.de, dass es zum geplanten "Click & Meet" in Rheinland-Pfalz noch keine Vorgaben hinsichtlich der Größe eines Ladens gebe. Soll es Quadratmeter-Begrenzungen geben, dürfe nur ein Haushalt pro Stockwerk zugelassen werden?, fragt er. Nichtsdestotrotz wertet er "Click & Meet" als einen "Lichtblick" für Kunden und Handel.

Was sagen Buchhändler*innen zu dem Modell?

"Jeder Kunde, der im Laden ist, tut uns gut": So kommentiert Susanne Arnold, Inhaberin der Buchhandlung Machwirth im rheinhessischen Alzey, die vorsichtige Lockerungsübung im Einzelhandel. Sie hat gleich am Mittwoch einen großen Kalender für die Kundentermine angelegt, die sie im Halb-Stunden-Takt anbieten will. Werben wird sie für das neue Angebot via Facebook, Instagram und im Literaturkurier-Newsletter. Je nach konkreter Ausgestaltung der Verordnung geht Arnold im Moment davon aus, dass die Kunden dann 15 bis 20 Minuten bei ihr im Laden bleiben können – danach wird desinfiziert und gelüftet.

Einer unserer Kunden fragt fast täglich nach, wann er wieder in die Buchhandlung kommen kann. Den ersten Termin reservieren wir für ihn.

Susanne Arnold, Buchhandlung Machwirth, Alzey

Zwar hat Susanne Arnold bislang eher vorsichtig eingekauft und Novitäten auf einen späteren Zeitpunkt terminiert: "Aber wichtige und vielbesprochene Bücher wie den neuen Roman von Benedict Wells haben wir natürlich da." Die Buchhändlerin weiß auch schon, wer den ersten Termin bekommt: "Einer unserer Kunden fragt fast täglich bei uns nach, wann er wieder in die Buchhandlung kommen kann. Den werde ich direkt anrufen und einen Termin mit ihm vereinbaren." Das Bestell- und Abholgeschäft bei Machwirth soll weiterlaufen und wurde in den vergangenen Monaten von vielen Kund*innen genutzt, darunter viele neue.

Der Parallelbetrieb von "Click & Collect" an der Ladentür und "Click & Meet" im Geschäft stellt den Buchhandel allerdings auch vor neue Herausforderungen: Wie lässt sich beides nebeneinander organisieren - und vor allem: Wie vermittelt man den "Abholern", das sie nicht in den Laden dürfen, obwohl sich andere Kunden im Geschäft in aller Ruhe umschauen?

Uns fehlen einfach die Stöberkunden.

Susanne Lux, Buchhandlung Nimmerland, Mainz

Diese Frage stellt sich beispielsweise Susanne Lux von der Kinderbuchhandlung Nimmerland in Mainz. Sie wartet im Moment auf die Details der Verordnung, will aber mitmachen: "Uns fehlen einfach die Stöberkunden, die mit einem Stapel Bücher zur Tür rausgehen." Auch sie plant mit einem 30-Minuten-Rhythmus. Der Kundenbesuch nach Terminvereinbarung ist aus ihrer Sicht ein kleiner Schritt in die richtige Richtung: „Wir müssen das Modell anbieten, wenn es geht – und einen Anker setzen."

Die Pläne anderer der Bundesländer

Auch in anderen Bundesländern wird "Click & Meet" laut Medien diskutiert. Der übrige, bislang geschlossene Einzelhandel in Sachsen-Anhalt soll bis zu zwei Kunden nach vorheriger Anmeldung gleichzeitig empfangen dürfen, wenn die Inzidenz fünf Tage unter 50 liegt. Das hat die Landesregierung in ihrem "Sachsen-Anhalt-Plan 2021" als einen ersten Schritt formuliert. Zum 1. März soll zudem die Öffnung von Gartenmärkten, Gärtnereien, Blumenläden sowie Baumärkten erfolgen.

Aber die Bundesländer visieren schon weitere Öffnungsschritte an. Der Sachsen-Anhalt-Plan sieht vier vor (der 7-Tage-Inzidenzwert ist das entscheidene Kriterium). Für den Einzelhandel ist bei den weiteren Schritten Folgendes geplant:

  • Schritt 2 (sobald die 7-Tage-Inzidenz im Landesdurchschnitt für 5 Tage den Wert 35 unterschritten hat): "Die Öffnung von Ladengeschäften / Einzelhandel (ohne weitere Binnendifferenzierung) ist unter der Voraussetzung der Einhaltung des Mindestabstandes, der Zugangsbeschränkungen und der allgemeinen Hygieneregeln wieder gestattet. (eine bundesweite Regelung ist grundsätzlich vorzuziehen)"
  • Schritt 3 (gelingt es, die 7-Tage-Inzidenz für weitere drei Wochen unterhalb des 35er-Wertes zu halten, können weitere Lockerungen erfolgen): Für den Einzelhandel nennt der Plan hier nichts
  • Schritt 4 (nach weiteren drei Wochen ohne ein Überschreiten der 7-Tage-Inzidenz von 35, sollen weitere Öffnungen folgen): "Gesonderte Zugangsbeschränkungen für größere Einrichtungen (ab 800 m²) entfallen."

Zudem könnten weitere Faktoren – wie etwa der Impffortschritt – die Schritte beschleunigen, wenn durch sie das Risiko einer Überlastung des Gesundheitssystems nachhaltig reduziert werde. Dazu könne auch die flächendeckende und niedrigschwellige Verfügbarkeit sicherer Corona-Schnelltests beitragen. Andererseits könne eine Ausbreitung von besonders aggressiven Virusmutationen zu Verzögerungen bei den Lockerungsstufen führen, schränkt der Sachsen-Anhalt-Plan ein.

Laut "Weser-Kurier" denke der Senat in Bremen ebenfalls über "Click & Meet" nach und wolle das Thema in der ersten Märzwoche abschließend besprechen.

Hessens Ministerpräsident Volker Bouffier hätte den Vorschlag bereits in der Bund-Länder-Konferenz Mitte Februar eingesetzt, konnte sich aber nicht durchsetzen. Im Konzept war die  Anprobe oder Begutachtung vor Ort enthalten. Auch Baden-Württembergs Ministerpräsident Winfried Kretschmann hätte zuletzt für vermehrten Einsatz von "Click & Meet" plädiert.

Der "Hessische Perspektivplan" vom 25. Februar sieht einen Vier-Stufen-Plan für Lockerungen vor – immer unter dem Vorbehalt entsprecheneder Entwicklung des Pandemiegeschehens. Der Plan, der mit "Perspektiven für eine verantwortungsvolle Öffnung" überschrieben ist, nennt etliche Kriterien für Lockerungsschritte: 7-Tage-Inzidenz unter 50 und Sicherstellung der Kontaknachverfolgung als Grundvoraussetzungen. Betrachtet würden auch die Reproduktionszahl R, die Quote der Positivtestungen, Impfstatus, Hospitalisierungsrate und Testkapazitäten.

Was ist in Hessen für den Einzelhandel vorgesehen?

Mögliche Lockerungsstufe I (ggf. im März):

  • außerhalb der Grundversorgung: "click & meet" mit fester Terminvereinbarung, Kontaktdatenerfassung und strenger Zugangsbeschränkung für alle Geschäfte

Mögliche Lockerungsstufe II (ggf. vor Ostern):

  • Öffnung des gesamten Einzelhandels nach den derzeitigen Regeln für Geschäfte zur Grundversorgung (u.a. 10/20 qm)

Mögliche Lockerungsstufe III (ggf. nach den Osterferien):

  • Lockerung der Zugangsbegrenzung (einheitlich 10 qm) oder Aufhebung, ansonsten unverändert

Mögliche Lockerungsstufe IV (ggf. im Mai):

  • Aufhebung der Zugangsbegrenzung • Rückkehr zur Alltagsmaske unverändert Abstands- und Hygienevorschriften einschließlich Maskenpflicht