Nachruf auf Karl Ernst Tielebier-Langenscheidt

"Eine der prägenden Persönlichkeiten des deutschen Verlagswesens"

15. Oktober 2025
Redaktion Börsenblatt

Klaus G. Saur nimmt Abschied von Karl Ernst Tielebier-Langenscheidt, der den Langenscheidt Verlag nach dem Krieg wieder zur europäischen Größe führte, die berühmte Fusion mit Brockhaus initiierte und bis ins hohe Alter die Münchner Verlagslandschaft prägte.

Ernst Tielebier-Langenscheidt sitzt lächelnd an einem Schreibtisch. Im Hintergrund ist das Verlagslogo des Langenscheidt-Verlags zu sehen

Karl Ernst Tielebier-Langenscheidt, geboren am 27. Juli 1921, war Sohn einer geborenen Langenscheidt. Er war eine der prägenden Persönlichkeiten im gesamten deutschen Verlagswesen im 21. Jahrhundert. 1945 übernahm er die Leitung des extrem reduzierten Verlages Langenscheidt und führte ihn innerhalb kurzer Zeit wieder zur alten Größe und zur alten Bedeutung in ganz Europa zurück. Seine berühmten gelben Wörterbücher waren bekannt in der ganzen Welt und schon in den siebziger Jahren gehörte der Verlag zu den größten Wörterbuchverlagen weltweit. In den sechziger Jahren zog der Verlag von Berlin nach München und Tielebier-Langenscheidt engagierte sich sofort im Verband Bayerischer Verlage und Buchhandlungen e.V. (seit 2003: Börsenverein des Deutschen Buchhandels – Landesverband Bayern e.V.). 1973 wurde er Vorsitzender dieses Verbandes für sechs Jahre und leistete eine hervorragende Verbandsarbeit, die er immer als ‚buchhändlerischen Wehrsold‘ bezeichnete. Zu Beginn der siebziger Jahre gründete er zusammen mit Münchener Kollegen die TR-Verlagsunion, das erste Unternehmen, das der gemeinsamen Arbeit von Buchverlagen, Rundfunk und Fernsehanstalten gewidmet war. Auch in diesem Verlag war er viele Jahre Aufsichtsratsvorsitzender.

Den Höhepunkt seiner Arbeit erreichte er 1988. Genau in der Eröffnungsnacht der Buchhändlertage, die in diesem Jahr in München stattfanden, fusionierte er den Verlag mit dem Verlag Bibliographisches Institut und F. A. Brockhaus AG. Dieser Verlag gemeinsam verfügte damit über die drei besten Markenzeichen im gesamten deutschen Buchhandel. Die Entwicklung nach Übernahme war spektakulär. 1995 wurde der höchste Gewinn in der Geschichte dieser Unternehmen erreicht. Tielebier-Langenscheidt stieg dann aus der aktiven Geschäftsführung aus, blieb aber weiterhin ungeheuer starker Aufsichtsratsvorsitzender. Er war aber auch für Verbände weiter tätig, unter anderem im Wahlausschuss des Börsenvereines und auch im Landesverband in München. Der gemeinsame Verbund der drei Verlage stellte den größten Wörterbuchverlag weltweit.

Im Jahr 2000 begann ein Rückgang. Der Einfluss von wikipedia auf den Markt durch seine kostenlose Lieferung von Wörterbuch- und Lexikondaten wirkte sich immer mehr aus, sodass dieses Unternehmen nicht mehr haltbar war. Es verfügt aber über eine ungeheure Geschichte und hatte eben eine grandiose Bedeutung. Brockhaus ganz sicher im 19. Jahrhundert, die Langenscheidt Gruppe im 20. Jahrhundert.

Karl Ernst Tielebier-Langenscheidt starb am 30. September 2025 im gesegneten Alter von 104 Jahren. Er belebte die Münchner Verlagsszene bis in die letzten Jahre intensiv mit. Er war ein unglaublich aktiver Teilnehmer des Münchener Verlegerkreises und zahlreicher anderer Gruppierungen und Freundschaftsgruppen. Wir verneigen uns vor ihm und danken ihm, was er alles für die Branche und für uns alle geleistet hat.

Klaus G. Saur