"Ich muss immer etwas mit den Händen machen"
Illustratorin und Autorin Antje Damm spricht in der Kinderbuchpraxis über ihren Weg von der Architektur zum Bilderbuch, über Experimente und wie sie sich immer wieder neu erfindet.
Antje Damm
Illustratorin und Autorin Antje Damm spricht in der Kinderbuchpraxis über ihren Weg von der Architektur zum Bilderbuch, über Experimente und wie sie sich immer wieder neu erfindet.
Antje Damm
Antje Damm, frisch ausgezeichnet mit dem Deutschen Jugendliteraturpreis für ihr Gesamtwerk im Bereich Illustration, blickt auf einen ungewöhnlichen Werdegang: Nach Jahren als Architektin wechselte sie in die Welt der Kinderbücher. "So ein Gesamtwerkspreis ist schon so ein bisschen spooky, weil man einfach so denkt, das ist ja noch gar nicht so [...] vollendet oder rund", beschreibt Damm ihre Reaktion auf die Ehrung.
Die Entscheidung, Architektur gegen Illustration einzutauschen, war pragmatisch: "Ich habe Kinder und ich will die eigentlich nicht den ganzen Tag in eine [...] Kita oder Krippe bringen müssen und das musst du, wenn du verantwortliche Projekte betreust." Die Vereinbarkeit von Familie und Beruf führte zur Neuorientierung – und zu einer Arbeitsweise, die Raum für künstlerische Eigenständigkeit lässt.
Damms Bücher zeigen eine große stilistische Bandbreite. "Frag mich" etwa bricht bewusst mit klassischen Erzählformen: Statt einer fortlaufenden Geschichte stellt es Fragen, die Leser:innen ins Gespräch bringen – bebildert mit Fotos, Skizzen und Collagen. "Ich bin da sehr unbedarft und einfach ganz naiv dran gegangen. Ich habe mir gedacht, das sind so unterschiedliche Fragen und ich werde dem nur dann gerecht, wenn ich immer wieder einen neuen optischen Impuls finde", erklärt Damm.
Auch ihre Ausbildung als Architektin prägt den Blick: "Ich habe immer Modelle gebaut, weil ich gemerkt habe, dass Pläne zu lesen ist sehr schwierig für viele Menschen und diese Modelle die sind auf einen Schlag zu begreifen." Gestaltung und Inhalt greifen in ihrer Arbeit ineinander – immer mit Blick auf das, was Kinder tatsächlich sehen, begreifen und weiterspinnen können.
. Ich habe mir gedacht, das sind so unterschiedliche Fragen und ich werde dem nur dann gerecht, wenn ich immer wieder einen neuen optischen Impuls finde.
Ihre Lesereisen haben sie schon um die halbe Welt geführt – doch Kinder sind Kinder, überall, hat Damm bemerkt. Sie erzählen weiter, bauen weiter, denken Geschichten fort. "Das ist wirklich universell und da habe ich noch nie einen Unterschied gemerkt", erzählt sie von Lesereisen, ob in Neuseeland mit Maori-Kindern oder in den USA.
Ihre Lesungen funktionieren als Dialog und sind für Damm ein wichtiger Teil des Berufs: "Ich verdiene Geld damit. Aber was auch für mich natürlich viel, viel schöner und reizvoller ist, dass ich die Kinder treffe und dass ich echt immer diese Rückkopplung habe." Kinder gestalten bei ihren Lesungen eigene Seiten, basteln, illustrieren Fragen oder spinnen die Geschichten weiter.
Damm arbeitet unabhängig, mit ausgeprägtem Vertrauen in den eigenen Prozess. "Ich habe große Lust, alles Mögliche auszuprobieren, auch technisch. Mich fixt das total an", sagt sie. Diese Lust am Experiment prägt auch ihr aktuelles Buch "Agathe": Es erzählt die Geschichte einer Schildkröte über Generationen hinweg – in Collagen, Comics, Fotos und architektonischen Zeichnungen. Eine vielschichtige Erzählform, die bewusst auch das Handwerkliche ihrer Arbeit sichtbar macht.
Antje Damm spricht über diese und viele weitere Themen in Folge 97 des Börsenblatt-Podcasts "Kinderbuchpraxis" mit Mr. Ralf (Ralf Schweikart) und Dr. Stefan (Stefan Hauck). Jetzt anhören und den Podcast aus Spotify bewerten!