Young Generation und New Romance

Ideale Verknüpfung

30. Juni 2023
von Markus Klose

Teile der jungen Generation würden gern nur noch vier Tage pro Woche arbeiten, natürlich bei vollem Lohnausgleich. Gern doch, meint Markus Klose – wenn sie am fünften Tag New Romance lesen.

Markus Klose, DIE GUTE AGENTUR (www.dieguteagentur.de)

Thomas de Maizière hat nun auch einmal betont, dass die junge Generation den Wert der Arbeit nicht verstünde, sich anzustrengen habe und offenbar die Art, wie es früher gemacht wurde, so schlecht nicht gewesen sei. Nur vier Tage arbeiten: Das ginge natürlich nicht. Wo kämen wir denn da hin? Wir haben das schon viele Male so gelesen, neu ist diese laute Klage der älteren Erwachsenen also nicht.

Ziemlich neu dagegen ist ein Buchgenre, das schon im Namen verrät, dass es wahrscheinlich nicht für die Vertreter der Work-ohne-Life-Balance geschrieben wurde: »New Adult«. Constanze Kleis hat an gleicher Stelle in der vorletzten Woche eine Liebeserklärung an die Bücher voller Liebeserklärungen abgegeben, über die nachzudenken und sie lobzupreisen sich tatsächlich lohnt.

Impliziert dieser Genre-Oberbegriff eigentlich eine Be­schreibung der neu lesenden Erwachsenen? Oder sind es die Protagonist:innen der Texte, die neue Erwachsene sind? Oder gar beides? Neben den von Constanze Kleis beschriebenen Liebesromanen in Heftchenform gab es in alten Tagen auch schon Taschenbücher in splendider Ausstattung und mit hinreißen­den Coverszenen. Da in der Regel eine ziemlich entblößte Dame ihre freigelegte Schulter einem muskulösen Herrn, der direkt hinter ihr steht und sie in seinen festen Armen hält, zuwendet, nannte man die Bücher gern »Beißer«. Diese ließen sich auch erkennen an den Blattschnitten, die aber lediglich einfarbig und eben echt oldschool waren.

Only for (New) Adults

Was wohl ist außerdem ganz anders? Ein Blick aufs Genre lohnt sich. Die Begriffe »New ­Romance« und »New Adult« werden nicht selten alternativ benutzt, allerdings erfasst man so die längst vorhandene Tiefe und Breite des Genres nicht mehr. Spätestens, wenn es einhörnert und Drachen ins Spiel kommen, sind wir beispielsweise im Romantasy-Bereich angekommen.

Außer, die handelnden Persona sind nicht verliebt, verlobt, verheiratet, sondern von grundbösem Naturell und leben in unguten Verhältnissen. Denn dann landet man in der Dark Romance. Die Sexszenen, immer vorhanden, sind hier deftiger und weniger geeignet für Leserinnen, die sich eher Gold und rosa Glitzer zuwenden wollen. Only for (New) Adults also.

Recht eindeutig ist die Erwartungshaltung bei Historical ­Romance (die, wenn sie im frühen 19. Jahrhundert in England spielt, auch Regency Romance genannt wird und besonders beliebt ist – der »Bridgerton«-Effekt, könnte man meinen). Umgekehrt gilt: Erleben wir die Romanzen in der Zukunft auf Raumschiffen oder fremden Planeten, ist es Science-Fiction-Romance.

Sind die Außerirdischen wiederum auf der Erde unterwegs, lesen wir Paranormal Romance, wird’s spannend, handelt es sich um Romance Suspence, wird es noch spannender, um Rommystery. Sogar Romance-Western gibt es. Und das Ende scheint keineswegs erreicht. Das Genre wächst und gedeiht.
LGBT-Romance ist ein eigenes Subgenre. LGBT-Held:innen tauchen aber auch in allen Subs auf, hier fiele eine korrekte Thema-Zusatzklassifikation bei VLB-TIX gar nicht so leicht. Klassische Geschlechtszuordnungen also sind nonexistent, klassische Liebesdramen aber sind die Basis. Diversity als Selbstverständlichkeit. Endlich.

Es ist eine spannende, sehr dynamische und lebendige, durch soziale Medien geprägte Welt, die sich die New Adults erschaffen und die Verlage, Buchhandlungen (gerade die sta­tionären!) und hilfreiche Geister (zu nennen wäre beispielgebend die Bücherbüchse) mit Verve und Kreativität gestalten.
Da schaut die ältere Generation doch recht verdutzt und wohl auch fremd auf diese neuen lesenden Adults. Mag sich auch ein Herr de Maizière noch so sehr grämen, für die Buchbranche gilt: Wenn New Adults vier Tage bei vollem Lohn­ausgleich arbeiten, kaufen und lesen sie am fünften New ­Romance. Yes!