Das Statistische Bundesamt erfasst in seiner Erhebung die Zahl der Unternehmen im Bucheinzelhandel (ohne Filialen), nicht die Zahl der tatsächlichen Buchläden, darauf weist der Börsenverein des Deutschen Buchhandels hin. "Alles eingerechnet gibt es rund 4.400 Buchhandlungen (inkl. Filialen, Bahnhofs- und Flughafenbuchhandel) sowie viele Tausend Buchverkaufsstellen", sagt ein Sprecher des Börsenvereins. Und bestätigt, dass die Zahl der Buchhandlungen in den letzten Jahren zurückging. 2018 gab es noch rund 5.000 Buchhandlungen. Von 2018 bis 2023 ging die Zahl der Buchläden also um 12 Prozent zurück.
Durch Marktkonzentration (Übernahme unabhängiger Buchhandlungen durch große Ketten) sei die Zahl der Unternehmen stärker gesunken als die der tatsächlich existierenden Buchhandlungen.
Liebe Kolleg:innen in den Verlagen, lassen Sie sich das nochmals auf der Zunge zergehen: 25% weniger Buchhandlungen IN EINEM JAHR!
Es scheint fast, als ob die Buchhändler:innen nicht nur seit Jahren aus reinem Übermut jammern, sondern dass es wirklich ein sehr dickes Problem gibt, welches sich in sehr naher Zukunft auch nicht mehr umkehren lässt...
Wie sieht den eine Zukunft für Euch als Verlage aus, wenn Ihr dann (zu einem großen Teil) nur noch mit Amazon und Thalia & Co. zusammenarbeiten (dürft) - bleibt dann für Euch noch genügend übrig, wenn die bisherigen kleineren und mittleren Buchhandlungen verschwunden sind, welche nur mit den "normalen" Rabatten von Euch beliefert wurden?
Abgesehen von der vom Börsenblatt zitierten Marktkonzentration (Übernahme durch Thalia & Co.) haben wir kleinen und mittleren Buchhandlungen in den letzten Jahren (unabhängig von Corona) mit vielerlei Problemen zu kämpfen:
* Rabattspreizung (ohne Worte, auch keine Werbekostenzuschüsse etc.),
* Digitalisierung bei Hochschulen und Schulen (bspw. bei Hochschulen: durch Corona ist ein Großteil der bisherigen Print-Umsätze weggebrochen, da die Hochschule auf Digital umgestellt haben und dabei geblieben sind),
* gestiegene Logistikkosten (bei Einzelbestellungen frisst das Porto den Rabatt mehr oder weniger auf, bei kleineren Verlagsbestellungen reduzieren die Versandkosten den Rabatt nicht unerheblich),
* andere gestiegene Nebenkosten (Strom, Löhne...),
* massives Direktgeschäft der Verlage (laut Auswertungen des Börsenblatt ein ziemlich großer Anteil am gesamten Umsatz der Branche, welche interessanterweise selten thematisiert wird)
* geringere Kundenfrequenz seit Corona
und noch einiges mehr.
Die betriebswirtschaftlichen Auswertungen des Börsenverein zeigen seit vielen Jahren, dass kleine und mittlere Buchhandlungen sich selbst ausbeuten und dabei noch mit Verlust (!) arbeiten.
Wenn nun also die Stände bei der FBM abgebaut sind und der letzte Prosecco getrunken ist, dann würde ich mich über eine Rückmeldung seitens der Verlage sehr freuen: was unternehmt Ihr den so, damit euch die Vertriebsstruktur mit den kleinen und mittleren Buchhandlungen auch in den nächsten Jahren noch erhalten bleibt?
Es wird aber allerorts geschissen auf alle Einwände!!!
Da feiern "wir" uns doch lieber weiter selbst in der Brache dafür, wie unersetzlich der Sortimentsbuchhandel doch sei. Und zwischen Prosecco und eigener Gedankenverlassenheit registrieren wir vielleicht nur nebenbei, dass sich Thalia vermittels Lehmann Media den nicht unwesentlichen Rest vom Steinschen Rest einverleiben möchte: https://www.boersenblatt.net/news/buchhandel-news/lehmanns-media-will-grosse-teile-der-insolventen-mediengruppe-stein-uebernehmen-394413?ss360SearchTerm=thalia%20stein
WELT-BLEIB-WACH!
Jens Bartsch - Buchhandlung Goltsteinstraße in Köln