Carsten Ottes ausführliche Würdigung auf SWR Kultur findet sich hier: "Einigkeit gab es selten – Die SWR Bestenliste wird 50 Jahre alt". Erfunden wurde die SWR Bestenliste 1975 von Literaturredakteur und Fernsehmoderator Jürgen Lodemann, der sie als Versuch verortete, "den dominierenden Erfolgs- und Umsatzlisten etwas entgegenzustellen, gegen den Kommerz eine wie immer geartete Qualität" im Programm zu etablieren. Die Bestenliste wurde also als "Anti-Bestsellerliste" angelegt, so Otte. Die euphorische Gründungsphase sei von einem unterschwellig antikapitalistischen Impuls geprägt gewesen. Das hat sich im Lauf der Zeit offenbar geändert. Aber auch nach 50 Jahren stünden auf der SWR Bestenliste oft andere Bücher "als auf den inzwischen perfekt digital bestimmbaren Verkaufslisten".
Um eine gewisse Gleichberechtigung der literaturkritischen Ansätze auch in der Bestenliste zu garantieren, durfte die Jury nicht zu klein sein. Aus anfangs 15 Kritikerinnen und Kritikern wurden schon bald doppelt so viele Mitglieder der Jury. Nach erstaunlich geringen Anfangsschwierigkeiten habe sich ein Reglement ergeben, fährt Otte fort, das seit vielen Jahren konstant bleibt. So gelte für die SWR Bestenliste bis heute: 30 Literaturkritikerinnen und Literaturkritiker (die aktuelle Jury) wählen jeden Monat Neuerscheinungen aus, denen sie "möglichst viele Leserinnen und Leser wünschen" und geben maximal vier Büchern, die in deutscher Sprache oder in deutscher Übersetzung erschienen sind, jeden Monat 15, 10, 6 und 3 Punkte. Ein Buch kann höchstens dreimal auf die Bestenliste gewählt werden. Die monatlichen Diskussionsrunden der Jury und das jährlich stattfindende Treffen der Kritikerinnen und Kritiker in Baden-Baden sind wesentliche Bestandteile der Institution.
Die Gesprächsrunde zu den jeweiligen Bestenlisten findet seit Jahrzehnten als Publikumsveranstaltung statt, die zeitversetzt im Radio ausgestrahlt und auch in der ARD Audiothek abzurufen ist.
Ab November 1981 wurde die monatliche "persönliche Empfehlung" eines Jury-Mitglieds eingeführt und 2024 erstmals ein "Roman des Jahres" gewählt – es wurde Ronya Othmanns "Vierundsiebzig" (Rowohlt).
Eingeklinkt in Ottes Artikel sind zwei Videos: Der SWR-Beitrag "Das Lob der Kritiker: SWR Bestenliste – die ersten 40 Jahre" sowie "Sigrid Löffler im Gespräch mit Denis Scheck". Löffler etwa hatte Kritik an der Auswahl der Bestenliste geäußert.