Thomas Karlauf zum 70. Geburtstag

"Der Gentleman unter den deutschen Agenten"

17. Januar 2025
Redaktion Börsenblatt

Helmut Schmidt hatte ihn als seine "rechte Hand" für alle Buchprojekte engagiert: Heute wird der Agent, Autor und Ghostwriter Thomas Karlauf 70 Jahre alt. Ein Gruß von Detlef Felken.

Thomas Karlauf

Unter den deutschen Literaturagenten nimmt Thomas Karlauf von jeher eine Sonderstellung ein. Er agiert bevorzugt im Alleingang, das Portefeuille seiner Klienten ist schlank, aber hochkarätig, und sein Markenzeichen ist ein Mix aus wohl kalkuliertem Geschäftssinn und einem untrüglichen Gespür für Qualität. Als Ghostwriter im Hintergrund hat er zahlreichen Spitzenpolitikern geholfen, die richtigen Worte zu finden, von Bruno Kreisky bis Peer Steinbrück, und mit glänzend geschriebenen Biografien über Stefan George und über den Grafen Stauffenberg hat er sich auch selbst als Autor einen Namen gemacht.

Nach Lehr- und Wanderjahren, die ihn gleich nach dem Abitur in die Amsterdamer Dependance des George-Kreises, die Stiftung Castrum Peregrini, führten, wurde er zuerst bei Siedler und dann bei Rowohlt Lektor. Dort wurde kein Geringerer als Helmut Schmidt auf ihn aufmerksam, der ihn kurzerhand als seine "rechte Hand" für alle Buchprojekte engagierte. Man kann ohne Übertreibung sagen, dass dieses Dreamteam rund zwei Jahrzehnte lang zu den zuverlässigsten Bestseller-Produzenten der Bundesrepublik gehörte. Von Helmut Schmidts "Erinnerungen" über den Megabestseller "Außer Dienst", eines der meistverkauften Sachbücher in der deutschen Verlagsgeschichte, bis hin zum letzten Buch "Was ich noch sagen wollte", das wenige Wochen vor Schmidts Tod erschien, kümmerte sich Thomas mit der ihm eigenen unbedingten Professionalität nicht nur um die geschäftliche Seite, sondern auch um alles andere, was ein erfolgreiches Buch braucht: einen makellos "sitzenden" Text, den richtigen Titel (er ist ein Titelgenie) und um die mediale Inszenierung. Dieses "all inclusive" beschränkt sich bei manchen Agenten weitgehend darauf, Druck auf die Verlage auszuüben und ihre Tätigkeit gleichsam zu kontrollieren. Thomas Karlauf dagegen fordert nicht nur, er packt auch selbst mit an. Das macht die Zusammenarbeit mit ihm so unvergleichlich. Selbst wer das Geschäft gut kennt, kann sich immer noch eine Scheibe von ihm abschneiden.

Dass Bildung und Business eine Einheit bilden können, lebt Thomas Karlauf zur Freude seiner Autoren, Kollegen und Freunde seit Jahrzehnten vor.

Detlef Felken

Seine eigenen Bücher sind thesenstark, wie er überhaupt dazu neigt – gern auch etwas spitzzüngig – Positionen zu schärfen. Das trägt zu einer anregenden Lektüre bei, zumal er nicht im luftleeren Raum argumentiert, sondern auf dem Fundament breiter Kenntnisse und gründlicher Recherche. Aber es mag auch manchem, wie bei seinem "Stauffenberg", in der anti-hagiografischen Stoßrichtung auf der Seele liegen. Sein Buch über den späten Helmut Schmidt, den er wie nur wenige andere aus nächster Nähe kannte, hat diese schwierige Balance zwischen intellektueller Unbestechlichkeit und Würdigung vielleicht am besten getroffen. Was zu einem letzten Punkt führt, ohne den jedes noch so kurze Porträt seiner Persönlichkeit unzulänglich bliebe: Thomas Karlauf ist nicht nur Agent, Autor und Ghostwriter. Er ist vor allem auch ein Leser, und das im besten klassischen Sinne. Er kennt sich vorzüglich aus in der Literatur von der Antike bis zur Gegenwart, verfügt historisch wie kunsthistorisch über ein beneidenswertes Wissen und kann zum Dritten Reich oder zum deutschen Widerstand fesselnd referieren, weil all dies ihn brennend interessiert. Dass Bildung und Business eine Einheit bilden können, lebt Thomas Karlauf zur Freude seiner Autoren, Kollegen und Freunde seit Jahrzehnten vor. Am heutigen Freitag (17. Januar) wird der Gentleman unter den deutschen Agenten 70 Jahre alt.

Detlef Felken war von 2000 bis 2023 Cheflektor des Verlages C.H.Beck, für den er heute als Editor at Large tätig ist.