Vor vier Wochen wurde durch die Pressekonferenz zum Gastlandauftritt Italiens auf der Frankfurter Buchmesse bekannt, dass der Schriftsteller Roberto Saviano, der als Mafia-Experte und scharfer Kritiker der Regierung Melonis gilt, nicht auf der offiziellen Gästeliste für Italiens Ehrengastauftritt steht. Für viele italienische Schriftsteller:innen nur ein kleiner Vorfall in einer "Serie unterschiedlich gravierender Fälle von Machtmissbrauch", die man in den letzten zwei Jahren erlebt habe. Die Beziehung zwischen dem italienischen Kulturbetrieb und Italiens Politik wird zunehmend schwieriger.
Jetzt richten sich über 40 Schriftsteller:innen, unter anderem Nicola Lagioia, Dacia Maraini, Melania Mazzucco, Antonio Scurati, Paolo Rumiz und Roberto Saviano, davon einige auch Teil der offiziellen Buchmessedelegation Italiens, an Juergen Boos, Direktor der Frankfurter Buchmesse, und Innocenzo Cipolletta, Präsident des italienischen Verlegerverbands AIE.
Zunächst betonen die Schriftsteller:innen die große Ehre und die einmalige Chance, die sich durch den Ehrengastauftritt auf der Buchmesse ergibt. Allerdings sieht das italienische Programm nur Dialoge zwischen italienischen Autor:innen vor. "Wir hätten uns gewünscht, mit den Protagonistinnen und Protagonisten der deutschen Verlagswelt zu interagieren, mit Schriftstellerkollegen und -kolleginnen der europäischen und internationalen Szene: gerade in einem Augenblick, indem wir das Bedürfnis haben, uns einer gemeinsamen Kultur zugehörig zu fühlen." So werde sich Italien auf der Messe präsentieren, "als handele es sich um eine Insel", kritisieren sie im offenen Brief. “Dieser Ansatz stellt nicht nur eine Ausnahme in der Geschichte der jeweils nominierten Gastländer dar, sondern weist auch auf einen gravierenden Mangel einer kulturellen und verlagsorientierten Strategie seitens der von Italien beauftragten 'außerordentlichen Kommission' hin. Nur die Initiative einzelner Autoren, bzw. ihrer deutschen Verleger, wird dieser Selbstbezogenheit zumindest teilweise entgegenwirken.“