Präsentation Ehrengastprogramm

"Die Philippinen legen die Latte hoch"

26. Juni 2025
Jule Heer

Die Philippinen haben heute, am 26. Juni, ihr Ehrengastprogramm für die Frankfurter Buchmesse 2025 vorgestellt und damit ihre wachsende Rolle im internationalen Verlagswesen betont. Unter dem Motto "Fantasie beseelt die Luft" organisiert das Land Literaturveranstaltungen, Ausstellungen und Performances mit 100 Autor:innen und Kreativen sowie 50 Künstler:innen.

 

Fragerunde am Ende der Pressekonferenz

Fragerunde am Ende der Pressekonferenz

Das laute Stimmengewirr ebbt nur langsam ab, als die Pressekonferenz zum diesjährigen Gastland der Frankfurter Buchmesse beginnt. "Wie im Klassenzimmer", kommentiert ein Anwesender gegenüber seinem Gesprächspartner angesichts der vielen gleichzeitig stattfindenden Unterhaltungen. Der Panoramasaal der Evangelischen Akademie Frankfurt am Main ist gefüllt mit sichtlich gespannten Besucher:innen - die zunächst eine musikalische Darbietung von "The Philippine Madrigal Singers" erwartet. "Die Philippinen legen die Latte sehr hoch", meint Jürgen Boos, Direktor der Frankfurter Buchmesse, als Reaktion auf den stimmgewaltigen Gesang des A-cappella-Chors. Über die diesjährige Ehrengast-Präsentation sagt er: "Sie öffnet ein Tor zur reichen kulturellen Vielfalt der Philippinen – einem Land, das vielen Menschen in Europa noch wenig bekannt ist. Ich freue mich sehr, dass die Geschichten von 7.641 Inseln mit über 100 verschiedenen Sprachen nach Frankfurt kommen, um uns die lebendige, lebhafte und auch widersprüchliche Geschichte unseres Gastlandes näherzubringen. Durch die philippinische Literatur erhalten wir Einblicke in Kolonialismus und gesellschaftlichen Wandel und lernen mehr über Climate Fiction."

Der Ehrengast-Pavillon der Philippinen

Patrick Flores, Kurator des philippinischen Ehrengast-Pavillons, erläutert, dass die architektonische Gestaltung des Ehrengast-Pavillons einen lebendigen und vorurteilsfreien Raum für Selbstreflexion und Staunen schaffen soll. "Die Philippinen wollen den Büchern ihres Landes, einschließlich ihrer Übersetzungen, eine angemessene, stilvolle, und intellektuell ansprechende Bühne bereiten und der Welt die reiche Geschichte ihrer Autor:innen und Leser:innen, die nationale Lesekultur und Literatur sowie das hohe Maß an Reife und Differenzierung, das diese erreicht haben, nahebringen", so Flores. Der Pavillon erinnert an eine von Inseln besiedelte Lichtung und wird durch Bücher und Projektionen zeitgenössischer Künstler:innen belebt, die die Literatur ihres Landes im Laufe der Jahreszeiten zeigen. Vier Bereiche sind jeweils dem Werk des Nationalhelden Jose Rizal, den Werken Nationaler Künstler:innen und Nationalen Kulturschätzen, der philippinischen Literaturgeschichte sowie den Büchern gewidmet, die in den letzten fünf Jahren über die Philippinen im Ausland erschienen sind.

Der von Stanley Ruiz entworfene Pavillon integriert landestypische Materialien in modulare Architekturen, die gleichzeitig als Mobiliar dienen. Die Konstruktion besteht vorwiegend aus Kapis (Muscheln), Bambus und Ananasgewebe sowie aus Stahl und Textilien. Im Zentrum des Entwurfs stehen die Verwendung philippinischer Materialien und Techniken und Aspekte der Umnutzung und Nachhaltigkeit. Weitere Elemente sind die kreisförmigen Grundrisse, die an das Zusammenkommen und Teilen in philippinischen Gemeinschaften erinnern.

Wie Inseln gestaltet, sind diese Strukturen im Raum verstreut und doch sind die Wege zueinander fließend, verlaufen wie Wasserwege oder Pfade zwischen Hügeln. Ihre Oberflächen bestehen aus lichtdurchlässigen Membranen, die an Drachen oder Lampen erinnern und sich auf Anekdoten über Jose Rizal beziehen. Sie dienen zugleich als Projektionsflächen für Bewegtbilder von Gary-Ross Pastrana und Zeichnungen von David Medalla, die von Mervin Malonzo animiert werden.

Eine Presseführung durch den philippinischen Ehrengast-Pavillon findet am 14. Oktober um 12.30 Uhr statt.

Der Pavillon der Philippinen

Der Pavillon der Philippinen

Das Literaturprogramm

Im Zentrum des Ehrengastprogramms steht ein umfangreicher Literaturschwerpunkt mit über 100 Delegierten – darunter eine Nobelpreisträgerin, ausgezeichnete Künstler:innen, Autor:innen mit internationalen Neuerscheinungen sowie Verleger:innen und Kulturschaffende. Das Programm umfasst Gespräche, Aufführungen, Buchvorstellungen und Rechteverhandlungen. Veranstaltungsorte sind der philippinische Ehrengast-Pavillon, die Asia Stage und der 300 m² große Länderstand.

Der Pavillon mit seinen zwei Bühnen bietet stündlich Veranstaltungen: von Lesungen, Gesprächen und Diskussionen über Rap, FlipTop Battles und Live-Zeichnen bis hin zu Performances, Tanz und Film. Sie sind in folgende Bereiche unterteilt: Damit ihr uns kennt, Was uns bewegt, Während wir unterwegs sind, Was uns verzaubert, Was wir uns vorstellen und Was wir bewahren und woran wir erinnern. Unter der Leitung von Karina Bolasco, Kuratorin für Bücher und Leiterin des Literaturprogramms, präsentiert der Pavillon zudem über 500 Bücher zu den Themen Vielfalt, Geschichten und Hoffnung. Am Länderstand werden Tausende Titel gezeigt, deren Rechte für den internationalen Vertrieb verfügbar sind. Die gemeinsam mit der Frankfurter Buchmesse organisierte Asia Stage rückt den Austausch mit südostasiatischen Nachbarn in den Fokus.

"Während wir die Bühne des globalen Literaturmarktes betreten – in einer Zeit, in der die Welt auf gefährliche Weise gespalten ist – begreifen wir unsere Räume: den Ehrengast-Pavillon, die Asia Stage und unseren Länderstand als Orte des Dialogs, des Zuhörens und der Reflexion – getragen von einer klaren Haltung und gegenseitigem Respekt. Unsere Foren laden zum Austausch von Ideen ein, geleitet von Erinnerung und Erfahrung und angetrieben vom Widerstand gegen jede Form von Ungerechtigkeit – ob noch im Entstehen begriffen oder bereits tief verwurzelt", so Bolasco.

Bücher philippinischer Autor:innen

Bücher philippinischer Autor:innen

Das Kulturprogramm

Das Kulturprogramm findet in Heidelberg, Berlin und Frankfurt am Main statt und umfasst Ausstellungen, Performances, Filmvorführungen und Veröffentlichungen, die traditionelle sowie zeitgenössische philippinische Kunst in den Mittelpunkt stellen. Als Auftakt zeigte die Ausstellung "Oculus" vom 15. bis 18. Mai im Heidelberger Kunstverein Werke der zeitgenössischen Künstler:innen Stephanie Misa und Joscha Steffens.

Zu den Höhepunkten des Programms in der zweiten Jahreshälfte zählen Ausstellungen wie "Sulog: Philippinische Architektur im Spannungsfeld" im Deutschen Architekturmuseum Frankfurt, "New Beginnings: Philippin Photographic Art" im Fotografie Forum Frankfurt und Präsentationen zu mündlichen Überlieferungen wie "Pasyon" und "Mga Kuwento ni Lola Basyang" im Frankfurter Haus am Dom.

Darüber hinaus umfasst das Programm eine Klanginstallation von meLê Yamomo im Humboldt Forum Berlin, Konzerte der Philippine Madrigal Singers, das Festival "Sincerely Yours, the Philippines – Festival für Tanz, Performance, Karaoke" unter der Leitung der zeitgenössischen Künstlerin Eisa Jocson im Künstler:innenhaus Mousonturm sowie eine Filmreihe von Kidlat Tahimik und Nick Deocampo im Deutschen Filminstitut Filmmuseum in Frankfurt. Zudem wird eine Monografie veröffentlicht, deren erster Teil Jose Rizals Textilsammlung im Ethnologischen Museum Berlin untersucht, während sich der zweite Teil auf Rizals entomologische und herpetologische Präparate konzentriert, die in den Senckenberg Naturhistorischen Sammlungen Dresden aufbewahrt werden.

Das Ehrengastprogramm der Philippinen auf der Frankfurter Buchmesse 2025 ist ein Gemeinschaftsprojekt der National Commission for Culture and the Arts, des National Book Development Board, des Department of Foreign Affairs und des Büros von Senatorin Loren Legarda. Als Initiatorin des Gastland-Auftritts sagte sie: "Wir sind ein Land, das durch das Lesen zu sich selbst findet – ein Volk, das sich Wort für Wort durch Katastrophen, Kolonialismus, Diktatur und Diaspora getragen hat und daraus lauter, beharrlicher, menschlicher hervorgegangen ist. Wir bringen eine Vielzahl von Stimmen nach Frankfurt, die sich gegen eindimensionale Erzählungen stellen – jede erzählt einen Teil des Ganzen und bietet ein Porträt der Menschheit in ihrer komplexesten und wahrhaftigsten Form."