Debütromane: Ein Interview und zwei Stimmen

"Uns ist es sehr wichtig, neue Stimmen zu entdecken"

17. Juni 2022
von Matthias Glatthor

Kristina Gorcheva-Newberrys Debütroman über die Generation Perestroika (ET: 14. Juli) ziert das Cover der Herbstvorschau von C.H.Beck. Lektorin Agnes Brunner erzählt im Interview, wie die deutsche Ausgabe zum Verlag kam – und wie wichtig Debüts und eine Ausgewogenheit der Geschlechter für das Programm sind. Als Ergänzung finden sich zwei weitere Verlags-Stimmen zum Thema.

Agnes Brunner

Wie sind Sie auf die Autorin aufmerksam geworden?
Das Manuskript wurde schon sehr früh von der Agentur der Autorin und von Scouts verschickt. 'Das Leben vor uns' ist nicht nur ein fantastisch geschriebenes Buch, der Roman passt ideal ins Literaturprogramm von C.H.Beck, weil er neben der hohen literarischen Qualität auch eine historische Dimension hat, gleichzeitig aber ebenso brandaktuell ist, da er den Ursprung vieler Probleme, die wir mit dem Krieg in der Ukraine zu sehen und spüren bekommen, sichtbar macht.

Wann konnten Sie sich die deutschen Rechte sichern?
Im September 2020, eineinhalb Jahre vor Erscheinen der Originalausgabe in den USA. Der Text war damals noch nicht lektoriert und umfangreicher als die finale Version, aber es war absolut klar, dass es sich hier um ein außergewöhnlich eindrucksvolles Debüt handelt.

Was macht die besondere Qualität des Buches aus?
Die Sprache, die Geschichte, die Figuren. Dieser Roman macht es schwierig, einen Aspekt hervorzuheben. Müsste ich mich entscheiden, wäre es wohl tatsächlich die packende Sprache, denn man kann eine noch so beeindruckende Geschichte erzählen, die Emotion transportiert sich in der Literatur eben über gut gewählte Wörter und Sätze. Man merkt diesem Text an, dass sich seine Autorin sehr bewusst und genau mit Sprache auseinandersetzt, das freut natürlich jeden Büchermenschen.

Welche Startauflage soll es geben?
Wir planen mit einer Startauflage von 6.000 Exemplaren.

… gehen Sie bei Debüts verhaltener vor?
Ja, die Auflagenplanung bei Debüts ist meist vorsichtiger als bei etablierten Autor:innen, bei deren Neuerscheinungen man anhand bereits publizierter Bücher eine etwas zuverlässigere Schätzung abgeben kann. Eine noch unbekannte Autorin wie in diesem Fall auf dem Buchmarkt durchzusetzen, kann voll aufgehen, birgt aber immer auch ein größeres Risiko, selbst wenn alle äußeren Faktoren dafürsprechen.

Wird es Marketing-Aktionen geben? 
Unser Marketing hat schon begonnen und wird flexibel erweitert. In jedem Fall wird es Anzeigen geben. Wir haben den Roman außerdem als Leseexemplar produziert und vorab an eine große Verteilerliste von Buchhändler:innen, Pressekontakten, Blogger:innen, Bookstagramer:innen etc. geschickt, was für uns noch immer eine der wirksamsten Marketingmaßnahmen ist.

Wie wichtig sind Debütromane für Ihre Programmplanung?
Uns ist es sehr wichtig, neben den etablierten Autor:innen auch neue Stimmen zu entdecken und im Programm zu haben. Einen bestimmten Prozentsatz haben wir uns nicht gesetzt, ob wir ein Debüt akquirieren und publizieren, entscheidet sich über die Qualität. Momentan sind bei einem Programm von circa zehn Titeln ein bis zwei Debütant:innen dabei.

Achten Sie darauf, bei Debüts Autoren und Autorinnen gleichermaßen zu berücksichtigen?
Entscheidend ist auch hier zunächst mal die literarische Qualität des Textes. Doch eine Ausgewogenheit der Geschlechter ist schon allein deshalb wichtig, weil sie auch eine Diversität an Themen mit sich bringt und so zur Vielfalt des Programms beiträgt. Eine solche Ausgewogenheit ist aber deutlicher über einen längeren Beobachtungszeitraum zu erkennen, wir achten nicht bei jedem einzelnen Programm auf ein striktes 50:50-Verhältnis, lagen zuletzt in der Literatur aber insgesamt nah an dieser Marke.

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